Die Harburgerin Britta Broers veredelt schnöde Leiterplatten zu schönen Colliers, Ohrringen und Ringen

Wilhelmsburg. Britta Broers hat die Ästhetik von elektronischen Bauteilen entdeckt. Die in Harburg aufgewachsene Schmuckdesignerin veredelt schnöde Leiterplatten aus Computern oder Radios und anderen Elektronikschrott zu einzigartigen Colliers, Ohrringen und Ringen. Platine heißt ihre Schmuckkollektion von Unikaten, die sich das Design der von Ingenieuren eigentlich zu ganz anderen Zwecken erdachten Muster zu eigen macht.

„Die Verfremdung von Dingen sieht unschlagbar schön aus“, sagt die 30-Jährige. Und so zaubert sie in ihrer Heimwerkstatt aus tiefblauen Folienkondensatoren, einem Stück Maßband und Zifferntasten von uralten Computertastaturen ein Collier für Individualisten, die sich modisch etwas trauen. Damen in wallenden Kostümen, tätowierte Punk-Riotgirls und männliche Computernerds lieben gleichsam ihre Schmuckstücke.

Britta Broers zeigt am Sonnabend. 10. Mai, ihren Schmuck aus Elektroschrott bei dem Markt „Mit Liebe gemacht“ in Wilhelmsburg. Die Designermarke Platine (Techniker nennen so die Trägerelemente elektronischer Bauteile) ist eine von rund 50 Ausstellern bei dem Markt für Kunst, Handwerk und Design in der Honigfabrik. Seit dem Jahr 2009 organisiert die Kunsthistorikerin und Projektmanagerin Lena Fandree die Leistungsschau der kleinen Hinterhof-Werkstätten. Nur Designer, die Unikate in Handarbeit herstellen, sind zugelassen.

Die Werkstatt ihres Bruders hat Britta Broers zu ihrer Kollektion inspiriert. Der Mechatroniker ist heute noch wichtiger Materiallieferant. Mit einer simplen Nagelfeile startete die Kreative noch recht grob in das Schmuckdesign und gestaltete aus türkisfarbenen Platinen eckige Ohrringe. Inzwischen verfügt sie auch dank ihres Bruders über feines Werkzeug, das alle erdenklichen Formen ermöglicht: hauchdünne Platinenbohrer, Lötkolben und Dremel. Bei dem schnelldrehenden Multifunktionswerkzeug gerät die junge Frau ins Schwärmen: „Das großartigste Instrument überhaupt!“

Wohl kaum jemand kann sich mehr über vergilbte Tasten längst vergessener Computertastaturmodelle begeistern als Britta Broers. Von den neumodischen Hochglanztastaturen hält sie wenig – mindestens 20 Jahre alt müssen die Plastiktasten sein, um eine Chance zu erhalten, zu Schmuck veredelt zu werden. „Wegen der Nostalgie“, erklärt sie. Und weil archaische Tastaturen die schöneren Farben und Schriftzeichen hätten. Vor der Verarbeitung zu Schmuck kommen die alten Plastikteile noch zum Säubern in die Spülmaschine.

Upcycling nennt sich der Trend, aus Abfallprodukten oder nutzlos gewordenen Stoffen neuwertige Produkte zu schaffen. Vor allem junge, unabhängige Designer sehen darin eine Marktnische. Britta Broers verwandelt neuerdings nicht nur Elektroschrott in Schönes. Sie greift auch auf andere Materialien zurück: Als reizvollen Kontrast schmuggelt sie kleine silberne Marienfiguren zwischen die elektronischen Bauteile. „Ich liebe katholischen Chic“, sagt sie.

Colliers der Platine-Kollektion zeigen einzigartige, nicht reproduzierbare Muster, die so nur das Leben schreiben konnte. Britta Broers schält Skateboards in die einzelnen feinen Materialschichten. Ohrringe zeigen dann die von Sportlern in das Material gefahrenen Spuren - einzigartiger kann ein Design kaum sein.

Das kleine Schmucklabel Platine ist ihr Hobby. Es zeige, dass jeder auch zu Hause in der eigenen Werkstatt Wertvolles produzieren könne, betont Britta Broers. Tausende Hamburger haben bereits ihre Arbeit gesehen, vermutlich ohne zu wissen, dass sie von ihr stammt. Im Hauptberuf ist Britta Broers Damenmaßschneiderin und fertigt Kostüme für die Aufführungen am Harburger Theater, Altonaer Theater und den Hamburger Kammerspielen. So erklärt sich schnell, wie sich ein Stück Maßband in ein Collier verirren konnte.

Britta Broers hat nach dem Abitur an der damaligen Gesamtschule Harburg (heute: Goethe-Schule Harburg) den Beruf der Kammerzofe gelernt, wie die Ankleiderin am Theater auch heißt. Sie ist in Hausbruch aufgewachsen und hat lange in Heimfeld gelebt. Vor drei Jahren ist sie in das Schanzenviertel gezogen. „Das kreative Umfeld in Heimfeld ist nett“, erklärt sie, „aber irgendwann kannte ich jeden Kiosk und jeden Stein und musste meinen Horizont erweitern.“ Dabei ist sie stets bekennende Harburgerin geblieben.

Zum Stadtteilfest am 24. Mai in Heimfeld kehrt Britta Broers in ihren Heimatstadtteil zurück. Dann zeigt sie zusammen mit zwei Freundinnen handgemachte Taschen, Blumenarrangements und umhäkelte Marmeladengläser in dem Kulturtreff „Alles wird schön“. Das Motto dann: „Mach’ aus Müll was Schönes!“

“Mit Liebe gemacht“, Markt für Kunst, Handwerk und Design, Sonnabend, 10. Mai, 14 bis 18 Uhr, Honigfabrik in Wilhelmsburg, Industriestraße 125-131, Eintritt frei.

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