Das Kundenzentrum des Bezirksamtes arbeitet nur noch mit Terminen. Bis zu drei Wochen dauert es, bis man dran ist

Harburg/Neugraben. Die langen Schlangen vor den Einwohnerämtern sollten ein Ende haben. Dafür verwandelte die Hansestadt Hamburg Ämter in Kundenzentren. Weil sich in einigen Kundenzentren trotzdem noch Warteschlangen bildeten, ging man dazu über, Termine zu vergeben. Als das nicht so sehr half, wie erhofft, ging man dazu über, Dienstleistungen nur noch mit Termin zu gewähren. Seit Anfang April ist das so. Die Warteschlange der Harburger befindet sich nun nicht mehr vor dem Amtsschalter, sondern mitten in ihrem Leben: Wer in Harburg einen Termin beantragt, muss drei Wochen warten. Woanders geht das schneller. Im Kundenzentrum Süderelbe, zum Beispiel. Warum?

Dienstag Vormittag im Harburger Kundenzentrum: Vor dem Empfangsschalter steht ein halbes Dutzend Bürger. Sie wollen Meldebescheinigungen, Personalausweise, Reisepässe, Ehefähigkeitsbescheinigungen – was man so braucht, als Bürger. Jedem zweiten wird heute nicht geholfen: „Haben Sie einen Termin?“, fragt der Sachbearbeiter am Empfang. Verneint der Anliegenhaber, erntet er eine höfliche, aber ablehnende Antwort: „Seit April vergeben wir nur noch Termine. Wir können jetzt einen machen. Der nächste ist in drei Wochen am Donnerstag Mittag frei. Heute können sie noch einen Termin im Kundenzentrum Süderelbe haben.“

Weitere Spontantermine kann man noch in einigen anderen Kundenzentren nördlich der Elbe erhalten: Bramfeld und Lokstedt wären heute noch im Angebot. Die letzte Alternative: Hinsetzen und abwarten, ob nicht jemand seinen Termin verpasst und man statt seiner drankommt. Darauf warten aber schon einige.

Entnervt dreht ein Mann ab: „Das mit den Terminen hätten die auch öffentlich machen können“, ärgert er sich. „Ein Reisepass dauert so schon drei bis vier Wochen. Mit dem späten Termin kann ich meinen Flug knicken. Ich fahre jetzt nach Neugraben.“

Wie kommt es aber, dass man in Harburg drei Wochen bis zum nächsten Termin warten muss, in Neugraben hingegen nur eine Dreiviertelstunde? Das liegt zum einen am Personalschlüssel: In Harburg sind 13 Sachbearbeiter für knapp 105.000 Bürger zuständig, im Kundenzentrum Süderelbe neun für etwa 51.000 – sprich in Harburg einer für 8076 und in Süderelbe einer für 5700. Hinzu kommt, dass das Amt in Harburg einen relativ hohen Krankenstand aufweist: Drei der 13 Mitarbeiter sind derzeit nicht arbeitsfähig.

Unter Arbeitswissenschaftlern gelten hohe Krankenstände als Indikator für Überlastung. Lothar Fränzke, Personalratsvorsitzender im Bezirksamt Harburg, formuliert das vorsichtiger: „Wir sind noch dabei, die Ursachen zu suchen“, sagt er. „das ist nicht ganz einfach.“

Auf seine Kollegen im Kundenzentrum möchte er allerdings nichts kommen lassen: „Als die Kundenzentren vor etwa 15 Jahren eingeführt wurden, waren die Kollegen begeistert und haben sich hoch motiviert daran gemacht, das Konzept umzusetzen“, sagt er. „Aber seitdem ist die Arbeitsbelastung in den Kundenzentren immer weiter gestiegen, weil den Kollegen immer mehr Arbeitsschritte aufgebürdet werden.“

Gerade die neuen Reisepässe mit den elektronischen Fingerabdrücken und den biometrischen Fotos machten viel Arbeit, sagt Fränzke.

An den Einwohnerämtern liegt die lange Bearbeitungszeit der Reisepässe übrigens nicht, sondern an der Bundesdruckerei. Gegen 30 Euro Sondergebühr erhält man den Pass innerhalb einer Woche – so man denn einen Termin hat. Gut zehn Prozent der Antragsteller nehmen den Expresspass.