Hamburger Palettenservice: Wismarer Arbeiter protestierten am Stammsitz in Harburg

Harburg. Die Reaktionen der Marktbesucher sind gemischt: Die einen zeigen den 40 Arbeitern, die mit Transparenten und Trillerpfeifen auf dem Parkplatz des Wochenmarktes protestieren, hochgereckte Daumen oder gar ganze Fäuste. Andere wollen hier ein- oder ausparken und sind genervt. Ingo Mönke, Geschäftsführer der Hamburger Palettenservice GmbH, der diese Aktion gilt, hat für die Aktion kein Verständnis: Seiner Meinung nach hätten seine Arbeitnehmer keinen Grund, sich zu beklagen. Die sehen das offenbar anders: Immerhin beteiligen sich 49 der 53 gewerblichen Mitarbeiter des Wismarer Werkes am Warnstreik. Gut 40 sind zur Protestaktion nach Harburg gekommen. Sie wollen einen Tarifvertrag durchsetzen. Mönke hat die Verhandlungen abgebrochen.

Der Hamburger Palettenservice hat seinen Stammsitz im Harburger Binnenhafen und Werke in Polen und Mecklenburg-Vorpommern. 10 Prozent aller in Deutschland produzierten „Logistikhilfsmittel“ werden hier hergestellt, Das Palettenwerk in Wismar gilt als eines der modernsten in Europa. Die Anlage läuft im Dreischichtbetrieb von Montag bis Sonnabend und kann alle zehn Sekunden eine fertige Palette ausspucken. Die Arbeiter haben von soviel Produktivität hauptsächlich eins: Viel Arbeit. Und sie fühlen sich deutlich unterbezahlt: „Wir werden mit acht Euro brutto pro Stunde abgespeist, und das als Schichtarbeiter“, sagt Olaf Hackbarth, Vorsitzender der Tarifkommission. „Davon bleiben netto 1000 Euro im Monat. Viele von uns müssen mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken, um ihre Familien zu ernähren. Das kann doch nicht sein, bei einer 40-Stunden-Woche und Schichtarbeit.“

Ingo Mönke bestreitet das: „Mich erstaunt, dass die Wismarer Arbeitnehmer hier in Harburg auftauchen. Die haben hier ja gar nichts zu tun. Ich habe im April erst die Löhne erhöht, und ich zahle mehr als acht Euro Stundenlohn.“

Wie viel er seinen Arbeitern zahlt, wollte Mönke nicht sagen. Offenbar nicht genug, um seine Belegschaft so zufriedenzustellen, dass sie nicht protestiert. Nach Gewerkschaftsangaben haben sich an der Demonstration in Harburg auch Arbeiter beteiligt, die noch in Probezeit oder in befristeter Beschäftigung sind. Das ist ungewöhnlich. Arbeitnehmer ohne gesetzlichen Kündigungsschutz sind üblicherweise schwer zum Kampf zu motivieren.

Mit Unterstützung der IG Metall gründeten die Arbeiter in Wismar zunächst einen Betriebsrat und nahmen dann Verhandlungen über einen Haustarifvertrag auf, denn einen Flächentarifvertrag, der für ihr Werk gelten würde gibt es nicht. „Schon, als der Betriebsrat gegründet wurde, wurden Prämien und Zulagen gestrichen“, sagt Hackbarth.

Für den Haustarifvertrag wurden Sondierungsgespräche geführt. Eine erste Verhandlungsrunde war für Ende Januar vereinbart. Zwei weitere Verhandlungstermine waren terminiert. „Einen Tag vor dem ersten Termin sagte Herr Mönke die Gespräche ab“, sagt Gewerkschaftssekretär Maik Schwaß. „Seitdem herrscht Funkstille. Mittlerweile sind auch alle anderen Termine verstrichen. Wir sind nicht mehr in der Friedenspflicht.“ Sprich: Aus dem Warnstreik könnte ein echter Arbeitskampf werden.

„Es gibt nichts zu verhandeln“, sagt Ingo Mönke. „Wir brauchen keinen Tarifvertrag in Wismar. Wir brauchen dort ein gerechtes Entlohnungssystem. Die Forderungen, die nach den Sondierungsgesprächen bei uns eingingen, waren völlig überzogen.“

„Wir wollen zweistellige Stundenlöhne im Tarifvertrag“, sagt Olaf Hackbarth. „Herr Mönke ist in der Pflicht und in der Lage, diese zu zahlen.“