Fast 100 historische Landmaschinen kamen zum vorerst letzten Sprötzer Treckertreffen. Das frühere Werksgelände des Maschinenbauers soll Wohngebiet werden

Sprötze. Eine hellgraue Qualmwolke quillt aus dem Auspuff und nebelt den türkisfarbenen Trecker kräftig ein. „Das hört gleich wieder auf“, beruhigt der Besitzer des Gefährts, Wolfgang Schröder, die umstehenden Zuschauer. So einem Oldie-Trecker gesteht man es auch schon mal zu, dass er sich erst warmlaufen muss. „Dies ist ein Ritscher 528 – das meistgekaufte Modell“, erläutert Schröder, der ein zum Trecker farblich passendes Ritscher-T-Shirt trägt. Die 5 steht für die Anzahl der Gänge, die 28 für die PS-Zahl. Das Modell wurde von 1951 bis 1959 gebaut. Seinen Trecker hat der Otteraner seit 1984, allerdings musste er seinerzeit aus zwei Fahrzeugen eins machen. Kein Problem für einen, der selbst einst bei Ritscher gelernt hat, „nur damals produzierten die schon gar keine Trecker mehr“, sagt der 63-Jährige. Aus Treckerfan-Sicht zählt er zu den Pionieren: „In den 80er-Jahren fing es an mit Oldtimertreffen. Wir sind damals noch richtig weit gefahren.“

Heute gibt es regelmäßige Treckertreffen allerorten, „aber hier in Sprötze ist es besonders familiär“, findet Wolfgang Schröder. Alle zwei Jahre laden die „Freunde der Ritscher“ zur Treckerschau auf das ehemalige Werksgelände des Landmaschinenherstellers. In diesem Jahr voraussichtlich zum letzten Mal: Der jetzige Besitzer, ebenfalls ein Maschinenbaubetrieb, hat seinen Hauptsitz in Meckelfeld und will den Standort Sprötze aufgeben. Dann soll aus dem Gelände Wohngebiet werden. „Wir wissen noch nicht, wie es weitergeht“, sagt Axel Engelmann von den Ritscher-Freunden. Einen neuen Austragungsort zu finden, dürfte nicht ganz leicht sein, denn zum Ritscher-Treffen gehört auch immer das Schaupflügen. Ein entsprechender Acker sollte also vorhanden sein.

Bei diesem Treffen haben sich an die 90 Fahrer mit ihren Treckern, Mehrzweckfahrzeugen und Zubehör in Sprötze auf dem ehemaligen Ritscher-Gelände eingefunden. Das Unternehmen, in Moorburg von Karl Ritscher als Moorburger Trecker-Werke (MTW) gegründet, zog im Krieg nach Sprötze um, da bei Bombenangriffen im Jahr 1943 weite Teile der Moorburger Produktion zerstört worden waren.

Schwerpunkte des diesjährigen Treffens waren Ritscher-Dreiräder, die in den 30er-Jahren in Moorburg gebaut wurden, und Multitracs. Dreirad-Traktoren waren in den USA, wo Karl Ritscher studiert hatte, sehr gebräuchlich. In Deutschland blieben sie die Ausnahme, Ritscher rüstete später auch Dreirad- zu Vierradtraktoren um. Die Ritscher-Werke entwickelten zahlreiche Spezialfahrzeuge: Etwa den Multitrac, der für verschiedenste Einsätze umrüstbar war. Die Geräte wurden nicht an den Traktor angehängt, sondern vorgespannt. Oder die Grabenfräse, mit der die zahlreichen Gräben zum Beispiel im Alten Land gereinigt und gepflegt wurden. Das Modell „York“ ist sogar schwimmfähig. Als Anfang der 1960er-Jahre der Markt für Traktoren gesättigt schien, verkaufte Karl Ritscher die Firma. In Sprötze wurden von da an Industriemaschinen produziert – und auch das ist schon Geschichte.