Anne Hartmann ist Ferienhelferin aus Leidenschaft. Die 22-Jährige verreist im Auftrag des Landkreises Harburg mit Kindern und Jugendlichen

Winsen. Wenn Anne Hartmann aus den Ferien zurückkommt, ist sie müde. Körperlich erschöpft, aber mental entspannt. Glücklich. Erfüllt. „Man schläft nicht viel, aber es macht unglaublichen Spaß“, sagt sie mit leuchtenden Augen. Die 22-Jährige schwärmt nicht etwa von Partyurlaub auf Ibiza. Sondern von Kinderfreizeiten an der Ostsee.

Anne ist Ferienhelferin aus Passion. Ein bis zwei Wochen pro Jahr ist sie im Auftrag des Landkreises Harburg mit Kindern oder Jugendlichen unterwegs. Ob sie nach Scharbeutz, Otterndorf, Rügen oder gar bis ans Mittelmeer fährt, ob sie im Zeltlager oder in der Jugendherberge übernachtet – es ist ihr egal. Es geht ihr nicht ums wo und wie.

Es geht ihr darum, dafür zu sorgen, dass Kinder eine schöne Zeit haben. Eine Erfahrung, die den Horizont der Kids erweitert. Und zwar nicht nur geografisch. „Es ist so wunderbar, die Kleinen lachen zu hören, wenn sie das erste Mal im Leben am Meer sind. Und es ist schön, den Stolz in ihren Augen zu sehen, wenn sie die erste Nacht allein, ohne Eltern in der Nähe, geschlafen haben“, sagt Anne. Die Betreuer dagegen tun kaum ein Auge zu. „Heimweh ist in der ersten Zeit bei den Jüngsten ein großes Thema. Bei den Älteren sind eher die letzten Tage problematisch. Da gibt es Tränen aus Liebeskummer.“ Anne findet stets die richtigen tröstenden Worte. Und es gelingt ihr, die Persönlichkeiten binnen kürzester Zeit zusammenzubringen. „Die Jungs und Mädels einer Gruppe gehören zwar einer Altersklasse an, haben aber ganz verschiedene familiäre und soziale Hintergründe. Da vermittelt man oft zwischen Welten.“

Es ist Annes Beruf, Kindern die Gewöhnung an eine neue Umgebung und fremde Menschen leicht zu machen. Die Jesteburgerin ist Sozialpädagogische Assistentin. Sie ist vor Kurzem nach Sylt gezogen. Dort arbeitet sie in einer Mutter-Kind-Kurklinik. Kennenlern-Spiele, Strandolympiaden und Sandburgenbau gehören zu ihrem professionellen Alltag. Für den Ferienhelfer-Job investiert sie einen Teil ihres Urlaubs, obwohl es dafür außer Kost und Logis nur eine kleine Aufwandsentschädigung gibt. „Auf die Freizeiten werde ich auch künftig nicht verzichten. Kinder sind so ehrlich. Man bekommt so viel Dankbarkeit und Zuneigung zurück.“ Anne selbst hat seit ihrem dritten Lebensjahr Ferienlager-Erfahrung. „Meine Mutter war auch Betreuerin. Schon als Kleinkind habe ich Planung und Durchführung erlebt. Als Teenager habe ich mich dann bereits um die Jüngeren gekümmert.“ Trotz ihres reichen Erfahrungsschatzes nimmt Anne alljährlich an den Teamer-Seminaren teil, die der Landkreis für seine Ferienhelfer veranstaltet. Altgediente Gruppenleiter – mache sind schon seit zehn Jahren dabei – geben ihr Wissen an die Anfänger weiter. Beim letzten der Treffen finden sich die Gruppenleiter-Teams zusammen.

Auf 20 bis 30 Kinder kommen fünf bis sechs Betreuer. „Es sind immer Männer und Frauen, Neulinge und alte Hasen dabei. Und die Chemie sollte stimmen“, sagt Anne. Bisher hat sie noch nie ein ernsthaftes Problem während einer Freizeit gehabt. „Wir tauschen uns ja untereinander aus, das hilft, eine Lösung zu finden. Aber wir haben auch stets ein Notfall-Handy dabei, mit dem wir den Kreisjugendpfleger rund um die Uhr erreichen können.“ Anne und ihre Kollegen haben nur selten mal eine Stunde ganz für sich allein. Sie leisten Tag und Nacht verantwortungsvolle Arbeit – freiwillig und mit Begeisterung. Weil sie Kinder mögen. Weil sie sehen, wie die Kleinen ihre Ferien genießen. Und weil sie beobachten, wie die Kids an der Herausforderung wachsen, ohne Rat, Hilfe und Schutz der Eltern auszukommen.

Aber die Teamer profitieren auch selbst. „Die Freizeiten machen mich kreativer, ich reagiere schneller und flexibler. Und vor allem bin ich deutlich gelassener. Es ist anstrengend, sicherlich. Aber irgendwie ist es auch ein bisschen Urlaub“, sagt Anne.