Die fünf Buchholzer Kandidaten präsentierten sich mit teils sehr unkonventionellen Vorstellungen für Stadt und Rathaus

Holm-Seppensen. Gut, dass es nicht regnete – denn der Andrang bei der Podiumsdiskussion mit den fünf Buchholzer Bürgermeisterkandidaten im Kulturbahnhof Holm-Seppensen war so groß, dass ein Drittel der 200 Zuhörer draußen stehen musste. Die meisten bewiesen Durchhaltevermögen, denn nur auf den ersten Blick schienen die Kandidaten sich zu ähneln in ihren Aussagen zu den drängenden Buchholzer Themen. Zwischen den Zeilen wurde, wie üblich in der Politik, ausgeteilt und eingesteckt.

Auf dem Podium: Jan-Hendrik Röhse (50), Anwalt, ab 2006 für die CDU im Stadtrat und seit 2009 Erster Stadtrat; Uwe Schulze (48), Betriebsrat und – nach einem sehr kurzen Gastspiel bei der Piratenpartei – parteiloser Kandidat; Ronald Bohn (43), Immobilienkaufmann, gab für seine Kandidatur als Parteiloser seine FDP-Mitgliedschaft auf; Joachim Zinnecker (58), Geschäftsführer bei einem Hamburger Versorgungsunternehmen und studierter Bauingenieur, seit 20 Jahren für die Grünen im Stadtrat, seit sieben Jahren Vizebürgermeister – er tritt ebenfalls als Unabhängiger an; Norbert Keese (58), selbstständiger Augenoptikermeister, wegen seines Geschäfts bisher politisch nicht in Erscheinung getreten, ebenfalls parteilos.

Somit treten zwei kommunalpolitisch erfahrene Kandidaten gegen drei Quereinsteiger an. Während sich also Röhse und Zinnecker über aktuelle Anträge im Rat behakten, blieben Bohn, Schulze und Keese überwiegend bei Allgemeinplätzen über eine neue Art der Verwaltungsführung, der Bürgerbeteiligung und einer eher präsidialen Haltung bei der Amtsausübung. „Das Präsidiale macht mir irgendwie Sorgen“, sagte prompt ein Zuhörer, „wie wollen Sie denn alles auf die Reihe kriegen?“ „Gespräche, Gespräche, Gespräche“, lautete die Antwort übereinstimmend.

In der Sache bestimmten die Buchholzer Dauerbrenner – Ostring, Stadtentwicklung, Rad- und Öffentlicher Nahverkehr – die Debatte. So wurde Zinnecker gefragt, ob er an der Bypass-Lösung festhalte (anstelle des Ostrings würden die Wege neben der Bahn ausgebaut) und sich auch den 60 Prozent der Buchholzer, die beim Bürgerentscheid für den Ostring gestimmt hatten, verpflichtet fühle. Zinnecker bejahte dies, worauf Röhse entgegnete, dass Gutachter den Bypass schon längst als zu problematisch eingestuft hätten. Keese hakte sich ein und berichtete „ich weiß von meinem Bruder, der im Straßenbau tätig ist, dass das Schwierigste und Langwierigste sowieso immer das Genehmigungsverfahren ist“.

Mehr für Radfahrer und Pendler tun wollten alle. Auch hier lieferten sich Zinnecker und Röhse einen Schlagabtausch. Der Anmerkung eines Zuhörers, die Parkhäuser am Bahnhof seien oft halbleer, widersprach Röhse. Zinnecker warb für seine Pläne, ein Fahrradparkhaus zu bauen, worauf Röhse süffisant darauf hinwies, dass doch „Ihre Freunde von der SPD“ gerade eine weitere Parkpalette an der Canteleubrücke beantragt hätten. Schulze sah das Problem vor allem in der Tarifzonen- und Gebührengestaltung, „die Parkplätze in Klecken sind überfüllt, in Buchholz ist das Parkhaus kostenpflichtig.“

Ähnliches beim Buchholz-Bus: Kürzlich hatte Zinnecker einen Antrag zur Ausweitung des Buchholz-Bus Richtung Trelde und Dibbersen gestellt. Aus der Zuhörerschaft wurde auch eine Busanbindung bis Sprötze gewünscht. Davor warnte Bohn: „Der Metronom wird dann sein Angebot einschränken.“ Keese appellierte, Kosten und Nutzen abzuwägen, und Röhse schoss gegen Zinnecker: „Als Aufsichtsratsmitglied der Wirtschaftsbetriebe sollten Sie wissen, dass der Rat dafür nicht zuständig ist. Sie hätten die Buserweiterung ja beschließen können.“

Einigkeit herrschte dagegen bei allen über die Frage nach bezahlbarem Wohnraum (muss mehr werden), dem Wachstum – ja, aber mit Augenmaß, „denn in Dibbersen haben sie heute schon Angst, von Gewerbe umzingelt zu werden“ (Schulze) und einer attraktiven (Innen-)Stadt. Keese – engagiert in der Citycenter-Werbegemeinschaft – verwies auf die Zusammenarbeit der Stadt und der Gewerbevereine im neu gegründeten Stadtmarketingverein und berichtete, er habe einen „bitterbösen Brief“ an die neuen Center-Inhaber geschrieben, die vollmundig neue Mieter angekündigt hätten, die weiter auf sich warten ließen.

Eine besondere Art von Kritik musste sich indes Jan-Hendrik Röhse gefallen lassen. „Warum gehen Sie nicht auf junge Leute zu, wenn Sie auf dem Wochenmarkt Wahlkampf machen? Ich stand direkt vor Ihnen, keiner aus Ihrem Team hat mich angesprochen“, klagte eine junge Frau. „Kommen Sie doch morgen noch mal vorbei, ich komme dann mit offenen Armen auf Sie zu“, versprach er ihr darauf.

Fazit nach zwei Stunden: Eine schlechte Figur hat keiner der Kandidaten gemacht. Alle wussten die doch sehr vielfältigen Fragen zu beantworten. Die Polit-Profis traten erwartungsgemäß deutlich souveräner auf als die Neueinsteiger. Den meisten Szenenapplaus erntete Zinnecker, dafür wurden gerade seine Wortbeiträge immer wieder vom einfahrenden Zug unterbrochen...