Menschen im Stadtteil wollen die Maximilian-Kolbe-Kirche behalten. Hamburgs oberster Denkmalschützer auch

Wilhelmsburg. Bernadina Schulte schließt die Kirchtür für eine Besuchergruppe auf. „Damit sie sehen, wie schön die Kirche ist“, sagt das Vorstandsmitglied des Pfarrgemeinderates. Die 72-Jährige setzt sich auf diese Weise für den Erhalt der vor dem Abriss bedrohten Maximilian-Kolbe-Kirche in Kirchdorf ein. Bernadina Schulte sähe den Abriss als furchtbaren Verlust an: Die Taufe ihrer Kinder, die Erstkommunion, Firmung und die Trauerfeier für ihren verstorbenen Ehemann hat sie dort erlebt. „Diese Kirche ist unsere Heimat,“ sagt sie, „hier haben wir unseren Glauben als Familie gelebt.“

In ihrer Fürsprache zur Rettung der Maximilian-Kolbe-Kirche haben Bernardina Schulte und andere Kirchengemeindemitglieder und Einwohner aus Wilhelmsburg prominente Unterstützung erhalten: Hamburgs Denkmalpfleger Andreas Kellner verspricht der Katholischen Kirche die finanzielle Hilfe des Denkmalschutzamtes für die Sanierung des Bauwerkes – kein Almosen, sondern eine „substantielle“ Beteiligung.

Die 1973 bis 1974 gebaute und heute denkmalgeschützte Maximilian-Kolbe-Kirche mit der auffällig geschwungen Betonfassade, die in einem Turm ausläuft, gilt als Hamburgs originellste Nachkriegskirche. Hamburgs oberster Denkmalschützer schwärmt von ihr: „Sie ist einzigartig schön. Während der Internationalen Bauausstellung ist nichts Besseres entstanden.“ Trotzdem soll sie der Erweiterung des benachbarten Altenheimes weichen.

Bei einer Podiumsdiskussion des Denkmalvereins Hamburg zur Zukunft der Maximilian-Kolbe-Kirche am Mittwochabend im Bürgerhaus Wilhelmsburg vor gut 100 Besuchern appelliert der Leiter des Denkmalschutzamtes an das Erzbistum Hamburg, eine unbefristete Denkpause bei der geplanten Erweiterung des Alten- und Pflegeheims einzulegen, bis sich Denkmalschützer, die Katholische Kirche und Bürger zu Ende über mögliche Nutzungsmöglichkeiten unterhalten haben.

Ein solches Moratorium wäre nötig, weil der geplante Abriss der Maximilian-Kolbe-Kirche offenbar bevorsteht. Laut dem Beauftragten des Erzbistums für den Senat und die Bürgerschaft, Stephan Dreyer, seien die Verträge über den Verkauf des Alten- und Pflegeheims der Katholischen Kirchengemeinde St. Bonifatius mit St. Michael Kolbe an der Krieterstraße an die katholische Hilfsorganisation Die Malteser bereits unterzeichnet. Bedingung für den Kaufvertrag sei der Abriss der Kirche.

Offenbar sollte die Abrissentscheidung bereits am Montag, 28. April, zementiert und die Diskussion um eine nicht religiöse Nachnutzung beendet werden. Die Katholische Kirche sieht nur in dem Abriss der Kirche und dem Ausbau des Seniorenheims die Chance, die Altenarbeit in Wilhelmsburg langfristig sichern zu können. Am Ende der Podiumsdiskussion sagt Stephan Dreyer aber zu, Angebote und Ideen der Denkmalschützer und Bürger in den Gremien des Erzbistums vorzutragen. Hoffnungsvoll klingt er aber nicht, wenn er sagt: „Ich sehe die Lösung nicht, nur Ideen.“

Klaus Lübke dagegen, der denkmalschutzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion in Hamburg-Mitte, sieht die Chancen für den Erhalt der Maximilian-Kolbe-Kirche als gestiegen an. Die Katholische Kirche habe zugesagt, so der Veddeler, dass sie beweisen müsse, dass ein Abriss die allerletzte Lösung sei. Das öffne einen Spalt, dass der besondere Kirchenbau doch zu retten sei.

Tatsächlich aber entscheidet die Katholische Kirche selbst, wenn sie eine Kirche abreißen wolle. Das Denkmalschutzamt habe kein Vetorecht, bestätigt Andreas Kellner. Das sei in dem Staatsvertrag der Katholischen Kirche mit der Freien und Hansestadt Hamburg so geregelt.

Mehrere Kirchengemeindemitglieder von St. Bonifatius werfen dem Erzbistum bei der Diskussion im Bürgerhaus vor, Druck auf die Kirchengemeinde ausgeübt zu haben, mit der bereits vor mindestens drei Jahren gefällten Entscheidung über den Abriss der Maximilian-Kolbe-Kirche nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. Sie sollten schweigen, um nicht die Arbeitsplätze in dem Altenheim an der Krieterstraße zu gefährden. Möglicherweise, sagen die Kritiker, hätten aber mit einer frühen Beteiligung der Öffentlichkeit andere Lösungen als den Abriss der Kirche gefunden werden können.

Bettina Kiehn aus dem Vorstand der Stiftung Bürgerhaus Wilhelmsburg schlägt vor, die Maximilian-Kolbe-Kirche stehen zu lassen und ein Zentrum für Bildung im Alter einzurichten. Offen bleibt aber, wer so ein Zentrum finanzieren soll.

Auch Anwohnerin Anke Dewitz übt Kritik an dem Erzbistum: „Kirchen, die Kirchen abreißen lässt, beschäftigen sich zu sehr mit sich selbst“, sagt sie. Die Menschen in Kirchdorf wollen sich ihre „Klorolle“, so heißt die Maximilian-Kolbe-Kirche wegen der spiralförmigen Betonarchitektur liebevoll im Volksmund, nicht einfach wegnehmen lassen. Wenn ein Kirchdorfer jemanden den Weg erklärt, sagt Liesel Amelingmeyer, richte er seine Beschreibung an dem markanten Kirchbau aus. Das Bauwerk sei identitätsstiftend für den Stadtteil.