Ulrich Mädge (SPD) und Manfred Nahrstedt (SPD) wollen als Bürgermeister und Landrat weitermachen – gemeinsam

Lüneburg. Am 25. Mai wählen die Menschen auch im Landkreis Lüneburg neue Köpfe für die Spitzen von Rathaus und Kreisverwaltung. Die Amtsinhaber Manfred Nahrstedt und Ulrich Mädge gehen als eingeschworenes Team in den Wahlkampf. Beide sind Sozialdemokraten, ihre Zusammenarbeit gilt als so eng wie noch keine zwischen einem Landrat und einem Oberbürgermeister in Lüneburg.

Hamburger Abendblatt:

Herr Mädge, Sie sind seit 18 Jahren hauptamtlicher Oberbürgermeister, Herr Nahrstedt, Sie seit fast acht Jahren Landrat. Sie sitzen beide fest im Sattel. Können Sie sich überhaupt vorstellen, dass jemand Ihr eingeschworenes Team aufbrechen kann?

Manfred Nahrstedt:

Ich glaube, die Bürgerinnen und Bürger haben mitbekommen, dass unsere enge Zusammenarbeit allen zugute kommt. Wir werden als Team wahrgenommen, schließlich haben wir gemeinsam viel umgesetzt. Ich denke zum Beispiel an das Kinder- und Jugendtheater, unseren gemeinsamen Integrationsbeirat und das gemeinsame Seniorenservicebüro.

Ulrich Mädge:

Stadtpolitik ist auch Regionalpolitik. Das heißt nicht, dass wir keine Gegensätze haben und nicht auch mal anderer Meinung sind. Aber die Region lebt vom Oberzentrum Lüneburg und umgekehrt. Wir stehen Seite an Seite. Es ist schwer vorstellbar, dass jemand dazwischenkommt und das aufbricht.

Nahrstedt:

Ich glaube nicht, dass das passiert.

Warum?

Mädge:

Alle großen Bildungsprojekte von Museen über Musikschule bis Volkshochschule stemmen wir gemeinsam. Der Kreis steigt in die Hafen-GmbH ein, wir kämpfen gemeinsam für die Rechte der Menschen bezüglich der Autobahn 39, für den Ausbau des Schiffshebewerks und der Ilmenau-Wehre.

Nahrstedt:

Es gibt kein Gegeneinander. Die Menschen kommen gern in die Stadt und fahren danach gern zurück in ihre Dörfer. Sie erfahren unmittelbar, dass man in Stadt- und Landkreis gut leben kann.

Was machen Sie richtig in Hansestadt und Landkreis Lüneburg?

Mädge:

Wir haben Ziele und setzen diese konsequent um. In der Energiepolitik, der Bildungs- und Bevölkerungspolitik. Wir haben eine Vorstellung, wie das Oberzentrum 2020 als Lokomotive mit starken wirtschaftlichen Gemeinden nach Hamburg hin ausstrahlt. 40 Prozent der Mitarbeiter Lüneburger Betriebe kommen aus der Fläche. In Hannover, in Berlin: Überall denkt man in Regionen.

Nahrstedt:

Die Integrierten Gesamtschulen haben wir gemeinsam gestartet: erst in Lüneburg, dann in Embsen. Wir haben den Nahverkehr in der Fläche erhalten, indem wir ihn bezuschussen. Wir haben die Blaue Tonne für Altpapier eingeführt, die jetzt 95 Prozent aller Haushalte haben. Wenn ich höre, meine Mitbewerberin wolle den Schmusekurs mit Hannover beenden, dann frage ich mich, wie das der Region nutzen soll. Ein großer Vorteil für mich ist auch, dass der Oberbürgermeister Präsident des Niedersächsischen Städtetags ist. Ich höre vieles früher – und der frühe Vogel fängt den Wurm. Es war mir immer wichtig, dass wir, Landkreis und seine Gemeinden, menschlich und kooperativ miteinander umgehen.

Was läuft denn nicht so gut?

Mädge:

Sicher kann man alles besser machen, und alle machen Fehler. Sicher ist auch die Kreisumlage ein Thema, bei dem wir unterschiedlicher Auffassung sind und beständige Diskussionen führen. Aber es ist die Leistung Manfred Nahrstedts, dass Stadt, Gemeinden und Landkreis auf Augenhöhe miteinander umgehen. Es gab Zeiten, da kam man zur Befehlsausgabe zum Landkreis. Und diese regionale Zusammenarbeit kann noch besser werden, ich möchte die Bürgermeister der Gemeinden dabei haben und besuche daher viele Veranstaltungen in der Fläche. Vieles hat aber mit der Finanzdecke zu tun.

Nahrstedt:

Klar rumpelt es manchmal, aber wirklich falsch läuft hier eigentlich nichts. Der Landkreis ist die Gesamtheit seiner Gemeinden und auf einem guten Weg. Natürlich würde ich mir manches anders wünschen: Mehr Tempo beim Schiffshebewerk-Ausbau, mehr Züge nach Hamburg, mehr Container aus dem Hamburger Hafen auf dem Elbe-Seitenkanal anstelle von Lkw. Aber das läuft an anderer Stelle falsch und das versuchen wir gemeinsam zu korrigieren.

Ihre Herausforderer Eckhard Pols und Monika Scherf werfen Ihnen vor, Projekte bloß deshalb anzuschieben, weil es Fördergelder dafür gibt.

Mädge:

Am Anfang steht das Ziel. Zum Beispiel die Sanierung des Wasserviertels. Dann gucke ich, wie ich das mit möglichst geringen städtischen Mitteln refinanziere. Dasselbe gilt für die Sanierung des Rathauses. Im Übrigen ist die von Herrn Pols kritisierte Sanierung des Bastions-Parks im Rat einstimmig entschieden und gelobt worden. Wir sind sehr stolz auf unsere durchschnittliche Förderquote von 60 Prozent bei unseren Projekten. Ohne Fördermittel hätten wir Kaltenmoor nicht sanieren können, das Ostpreußische Landesmuseum nicht vergrößern, hätten wir die Uni nicht und das neue Museum. Für die notwendige Sanierung des Theaters bekommen wir 1,5 Millionen Euro. Das ging mit der alten Landesregierung nicht. Warum? Und wenn wir Mittel nicht benötigen, geben wir sie zurück.

Nahrstedt:

Während der Krise haben wir 90 Prozent der Konjunkturmittel in unsere Schulen gesteckt. Das ist kein Schielen nach Fördergeldern, sondern gut angelegtes Geld. Wenn das Land ein Radwegeprogramm auflegt, greife ich natürlich zu. Weil ich die Radwege ohnehin bauen wollte. Beim Breitbandausbau werden wir Fördermittel dringend brauchen, weil wir es alleine nicht finanzieren können. Dasselbe gilt für das Theater. Ich betrachte es als meine Pflicht als Landrat, Fördermittel einzuwerben. Wenn ich mit der neuen Landesbeauftragten durch den Kreis fahre, werde ich auch sie nach Tipps für Fördertöpfe fragen. Den Vorwurf kann ich nicht nachvollziehen.

Mädge:

Fördermittel entsprechen unserem Staatsaufbau: Steuereinnahmen werden von oben nach unten verteilt.

Was wird aus dem Leitbild „Stadt und Land, Hand in Hand“, wenn einer von Ihnen die Wahl nicht gewinnt?

Mädge:

Darüber denke ich gar nicht nach. Wir sind überzeugt, die Wahl zu gewinnen und dass die Bürgerinnen und Bürger unsere Arbeit der vergangenen sieben Jahre bewerten und unsere Ziele für die nächsten zehn Jahre sehen werden.

Nahrstedt:

Ich verlasse mich da ganz auf die Wählerinnen und Wähler.

Welche Themen stehen nach der Wahl am 25. Mai an?

Mädge:

Erhalt der Ilmenau als Freizeit-Wasserstraße, Ausbau der Ganztagsschulen, Entwicklung des Hafens, Ankauf von 25 Hektar der Schlieffen-Kaserne für Wohnen und Gewerbe, Ankauf von 40 Hektar der Theodor-Körner-Kaserne für Gewerbe und einen Sportplatz für den LSK. Wir brauchen dringend 200 preiswerte Wohnungen, 100 davon können wir – übrigens auch nur dank eines Landesprogramms – dieses Jahr beginnen zu bauen.

Nahrstedt:

ÖPNV und Mobilität in der Fläche, Breitband, demografischer Wandel. Wir wollen Gesundheitsregion sein, damit die Menschen in der Fläche möglichst lange in ihrem vertrauten Umfeld bleiben können. Wir wollen die Ausbildungsmöglichkeiten für Altenpfleger und Erzieher ausweiten. Wir wollen Produkte, die im Ostkreis hergestellt werden, in der Hansestadt vermarkten. Und wir müssen sehen, wie wir die Bürgerinnen und Bürger beim Thema Energiewende mitnehmen. Das wird nicht einfach.

Sie fangen in einem Alter noch einmal von vorne an, in dem andere über Hobbys und Beschäftigung für die Rente nachdenken. Woher nehmen Sie die nötige Energie?

Mädge:

Aus der Freude über abgeschlossene Projekte. Ich bin ja vom Ursprung her Handwerker, daher kenne ich die Freude über gelingende Arbeit von klein auf. Ich bin viel bei den Menschen, da kommt eine Menge zurück. Wenn ich mir die Stadt bei meinem Antritt 1996 vorstelle, dann haben wir mit vielen Mitstreitern viel verändert. Wir haben das Krankenhaus in kommunaler Hand behalten und machen damit Gewinne. Und wir haben die Wende als Riesenchance genutzt. Damals hatten wir weniger als 60.000 Einwohner. Das gibt mir Energie. Den Rest hole ich aus meinen Freizeitbeschäftigungen.

Nahrstedt:

Ich gehe jeden Tag gern zur Arbeit, sie macht mir Spaß. Ich habe motivierte Kolleginnen und Kollegen um mich herum und viele Bürgerinnen und Bürger finden es gut, dass ich noch einmal antrete. Das ist meine Motivation. Und es ist doch eine Tatsache, unsere Gesellschaft wird immer gesünder älter. Ich fühle mich fit, und an Ruhestand habe ich noch nie ernsthaft gedacht. Ich würde gern noch sieben Jahre weitermachen.