Geschäftstreibende im Neu Wulmstorfer Ortskern wehren sich gegen Niederlassung des Verbrauchermarktes auf dem Meyn-Gelände

Neu Wulmstorf. Erst Ende März hat der Rat der Gemeinde Neu Wulmstorf nach wochenlanger Diskussion den Weg für eine Ansiedlung eines Famila-Marktes an der Matthias-Claudius-Straße geebnet. Jetzt machen die Gewerbetreibenden im Ortskern Neu Wulmstorf massiv gegen diese Pläne mobil. Unter der Federführung von Gerhard Peters, ehemaliger Bürgermeister von Neu Wulmstorf und Gewerbevereinsvorsitzender, haben die Kaufleute eine Initiative zum Erhalt des Ortskerns gegründet. Ein erstes Treffen fand bereits statt. Insgesamt 29 Geschäftsleute kamen am vergangenen Mittwochabend zusammen und machten ihrem Ärger Luft.

Für sie ist klar, sollte sich Famila tatsächlich in Neu Wulmstorf ansiedeln, bedroht es die Existenz der Geschäftstreibenden an der Bahnhofstraße und an der Hauptstraße. „Es ist natürlich nicht die Aufgabe der Politiker, einzelne Unternehmer zu schützen“, sagt Gerhard Peters. „Aber es ist auch nicht ihre Aufgabe, planerisch einen ruinösen Wettbewerb einzuleiten und damit ein funktionierendes Ortszentrum zu gefährden.“

Peters, der viele Jahre als Vorsitzender des Gewerbevereins tätig war und als Versicherungskaufmann auch mit seinem Geschäft an der Bahnhofstraße vertreten ist, fürchtet, dass es der Bahnhofstraße genauso ergehen wird wie etwa dem Süderelbe-Einkaufszentrum in Hamburg-Neugraben. Wie dort nach dem Weggang von Karstadt werde bei einer Famila-Ansiedlung die Laufkundschaft ausbleiben und die Fachgeschäfte vors Aus stellen, ist er überzeugt.

Nach seinen eigenen Erkundungen rechnet sich ein Famila-Markt in der geplanten Größe von 3500 Quadratmetern nur, wenn er jährlich 5500 Euro Umsatz pro Quadratmeter, also 19 Millionen Euro Umsatz einfährt. Davon entfielen 50 bis 70 Prozent auf Lebensmittel, was die Rewe- und Edeka-Märkte in Neu Wulmstorf und in Elstorf empfindlich treffen würde, so Peters. Denn dann würde ihnen knapp ein Drittel ihres Gesamtumsatzes von 40 Millionen Euro fehlen. „Da in Deutschland die Verbrauchermärkte mit geringen Gewinnspannen arbeiten, werden diese bei einem Umsatzrückgang aufgezehrt, und das führt bei bleibenden Festkosten zu roten Zahlen“, sagt Peters.

Die Hoffnung der Politiker, mit einem Famila-Markt kaufen die Neu Wulmstorfer auch mehr in ihrem eigenen Ort ein und fahren nicht extra nach Buxtehude oder Hamburg, teilt Peters nicht. Denn Famila hat nichts, was die existierenden Geschäfte nicht auch schon haben. Der Versicherungskaufmann ist überzeugt, dass sich mindestens schon ein Bekleidungshaus in Neu Wulmstorf niederlassen müsste, um mehr Kaufkraft zu binden. „Die siedeln sich aber nicht an, weil das Kaufkraftumfeld dafür zu gering ist“, sagte Peters.

Das Szenario, das er und die anderen Geschäftstreibenden der Initiative zum Erhalt des Ortskerns skizzieren, kommt einer Abwärtsspirale gleich: Wegfall des Edeka-Markts in Elstorf, Aufgabe eines Rewe-Marktes im Ortszentrum und damit auch das Aus für viele kleine Betriebe wegen der fehlenden Laufkundschaft, Einbußen für die Wochenmarktbeschicker, stattdessen Ein-Euro-Läden und leer stehende Geschäfte.

Peters kann verstehen, dass sich viele Bürger einen Famila-Markt wünschen. „Aber den Dominoeffekt leerstehender Geschäfte und damit ein unattraktives, zerrupftes Zentrum zu bekommen, kann auch keiner wollen“, sagt er. Mit dem Aufstellungsbeschluss haben die Ratspolitiker zwar den ersten Schritt hin zu einer Famila-Ansiedlung eingeleitet, aber noch nicht endgültig entschieden. Deshalb will Gerhard Peters, der die Initiative zum Erhalt des Ortskerns koordiniert, als nächstes alle Ratsfraktionen zum Gespräch mit den Firmenvertretern einladen.