Frohe Ostern? Wie sich Meister Lampe im Süden Hamburgs fühlt, welche Gefahren bestehen. EU-Programm soll bessere Lebensbedingungen bringen

Harburg. Es gibt gute und schlechte Nachrichten von den Osterhasen. Die guten zuerst. Denn das Jahr hat für sie vielversprechend angefangen. Die milden Temperaturen im Frühjahr und das trockene Wetter haben die ersten Würfe der Häsinnen gut durchkommen lassen. Sie mussten nicht in Nässe und Kälte bibbern wie im vergangenen Jahr. „Alles sieht danach aus, dass sich die Bestände in diesem Jahr erholen werden“, sagt der Hausbrucher Revierförster Gido Hollmichel. Er ist als Kreisjägermeister Ansprechpartner für alle Jäger im Jagdkreis IV, der Harburg, Wilhelmsburg und Finkenwerder umfasst. Wie viele Tiere in dem 6500 Hektar großen Gebiet leben, lässt sich zwar nicht genau sagen. „Wir wissen aber, dass die Art bei uns nicht gefährdet ist“, so Hollmichel. „Da muss man sich keine Sorgen machen.“

Kein Wunder: Denn das nordwestdeutsche Tiefland, zu dem die Metropolregion Hamburg zählt, ist nach Recherchen des Deutschen Jagdverbandes bundesweit der Bereich mit den meisten Hasen. Nach den Zahlen vom Frühjahr 2013, die Anfang April vorgelegt wurden, leben hier 21 Hasen auf einem Quadratkilometer. Im Bundesdurchschnitt sind es gerade elf (siehe Grafik). Die meisten Tiere im Hamburger Raum gibt es dabei in den Vier- und Marschlanden sowie in Harburg. „Gerade bei den kleineren Höfen, die Gemüse, Rüben oder Raps anbauen, finden die Tiere Deckung und für sie geeignete Nahrung“, sagt Markus Willen, Geschäftsführer des Landesjagd- und Naturschutzverbandes Hamburg.

Doch trotz dieser für die Hasen ermutigenden Tatsachen ist die Zahl der erlegten, verunglückten oder an Krankheiten verstorbenen Tiere zuletzt gesunken. Für Hamburg von mehr als 1000 im Jahr 2000/2001 auf nur noch die Hälfte bis 2012/2013 (jeweils zum 31. März) oder für den heimischen Jagdkreis IV von knapp 250 auf nur noch 83 bis zum März 2014, wie Hollmichel aktuell errechnet hat. Die Strecken, wie Jäger die Gesamtzahl der toten Tiere nennen, sind ein Indikator für den Bestand. „Wir sind über den Trend nicht erfreut und würden uns freuen, wenn er sich umkehren ließe“, sagt Hollmichel.

Die Ursachen für die rückläufige Entwicklung sind vielfältig. Die Jäger, die Hasen wie Enten oder Fasane mit Schrot schießen, sehen sich nicht als Verantwortliche. „Viele von ihnen haben zuletzt gar keine Treibjagden mehr angesetzt“, so der Kreisjägermeister, der als ehrenamtlicher Beamter die bei der Wirtschaftsbehörde angesiedelte Jagdbehörde vertritt. Ohnehin dürfen Hasen nur zwischen dem 1. Oktober und dem 31. Dezember erlegt werden.

Zusetzen kann den Jungen die Witterung, weil sie im Gegensatz zu Kaninchen in offenen Mulden sitzen und dort von ihren Müttern versorgt werden. Vor allem aber müssen sie Feinde wie Füchse, Raben, Krähen oder auch den Marderhund fürchten. Gerade die Zahl der Marderhunde, die in Hamburg bis 2008 so gut wie keine Rolle spielten, schnellte zuletzt nach oben. Wurden damals gar keine Tiere erlegt, waren es bis Ende März mindestens 15. Die Nesträuber lassen sich dabei gern auch junge Fasane, Rebhühner oder die Küken des Wachtelkönigs schmecken. Gefahr droht Hasen zudem von Hunden oder Katzen. Hollmichel verweist dazu auf die Pflicht zum Anleinen, die im Wald und in Naturschutzgebieten uneingeschränkt gilt. Für Katzen empfielt er, ihnen ein Glöckchen umzuhängen.

Am stärksten dürften die Lebensbedingungen der Hasen jedoch durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft betroffen sein, meint der studierte Förster. So bleiben neben den genutzten Anbauflächen immer weniger Wiesen, Brachflächen oder Randstreifen übrig. Damit wird es für die Tiere immer schwieriger, die 80 Kräuter zu finden, die als sogenannte Hasenapotheke für ihre Ernährung nötig sind. Auf abgemähten Getreidefeldern finden die Hasen keine Deckung und müssen fürchten, von den breiten Auslegern der Mähdrescher zerstückelt zu werden, wenn sie sich ihrem Instinkt folgend in die Erde ducken.

Immerhin hat die EU die Gefahr für Tiere erkannt und in der Gemeinsamen Agrarpolitik ein Förderprogramm für den Erhalt von Grünflächen, stillgelegten Flächen, Pufferstreifen, Hecken, Knicks und Baumreihen aufgelegt. Sie können als Greening auf fünf Prozent der Ackerflächen angelegt werden und werden mit 85 Euro pro Hektar bezuschusst. „Wird dies von den Landwirten angenommen, stehen die Hasen von 2020 an nicht mehr auf der Roten Liste der bedrohten Arten“, so Hollmichel.

Wie gut sich eine zu den Lebensbedingungen der Tiere passende Fläche auswirkt, ist derzeit im Revier Blumensand zwischen Francop und Finkenwerder zu sehen. Dort, auf einer von der Hamburg Port Authority renaturierten, mit Sand aufgeschütteten Fläche wird einmal im Jahr gemäht und das Grün abgefahren. Die Randflächen des brachliegenden Landes sind zum Teil mit Hecken bepflanzt. Der Clou: Die neuesten Zahlen weisen aus, dass dort fast zehn Mal so viele Hasen erlegt wurden wie ansonsten in Hamburg, was eben auf eine hohe Population schließen lässt. Zugänglich ist das Revier nicht. Die 159 Hektar sind eingezäunt. So haben die Hasen ihre Ruhe und können ganz unter sich Ostern feiern.