Montags geht es für sie ins Büro. Die SAGA/GWG schenkt „VeddelErleben“, einem Projekt der Stadtteilschule Wilhelmsburg, fünf weitere Jahre das Vertrauen

Veddel. Die Schülerfirma „VeddelERleben“ der Stadtteilschule Wilhelmsburg bleibt in den nächsten fünf Jahren Betreiberin der früheren Polizeisporthalle auf der Veddel. Karin Autenrieth für die Eigentümerin der Halle, die SAGA/GWG, der stellvertretende Schulleiter Frank Gebauer und die beiden Schülerfirma-Geschäftsführer Melvin Okafor und Sezer Yavuz haben bei einem Festakt einen symbolischen Vertrag unterzeichnet. Die Schülerfirma managt seit dem Juni 2010 die Sporthalle in der Straße Am Zollhafen und ist dafür mit mehreren Preisen ausgezeichnet worden. Die Idee geht auf den Verein Get the Kick zurück, ein Träger der freien Jugendhilfe.

Zurzeit kümmern sich 42 Jungen und Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren, eine zehnte und eine achte Klasse, um den Betrieb der Sporthalle. Sie schließen Verträge mit neuen Nutzern ab, kontrollieren die Sauberkeit und verwalten die Einnahmen und Ausgaben. Auch bei Beschwerden, meist geht es um die Sauberkeit der Küche, sind die Schüler die Ansprechpartner. „Manchmal wird da auch jemand laut“, sagt Gülben Ismailoglu. Die 16-Jährige leitet die Abteilung Kundenservice und lernt in der Schülerfirma schnell kennen, wie es im Berufsleben zugehen kann.

Losgelöst vom üblichen Schulunterricht lernen die Jugendlichen in der Schülerfirma, berufliche Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Immer montags, dem sogenannten Profiltag, stehen nicht Mathematik oder Deutsch auf dem Stundenplan, sondern die Führung eines Unternehmens. Die 15 Jahre alte Anni Hübner geht am Montag um 8.30 Uhr nicht in den Unterricht, sondern ins Büro im Klassenzimmer. „Ich antworte Kunden in E-Mails, benachrichtige die SAGA und sage Termine zu oder ab“, erklärt sie den etwas anderen Schultag.

Anni Hübner ist Geschäftsführerin der Schülerfirma und hat ihre jüngeren Nachfolger Melvin Okafor und Sezer Yavuz eingearbeitet. Anders als im wirklichen Leben kam sie in geheimer Wahl zu dem Job. Bei „VeddelERleben“ nehmen zwei Schulklassen geschlossen teil. Manche Schülerfirmen kennen auch das Modell, dass sich Freiwillige aus unterschiedlichen Klassen bewerben.

Anders als der Name den Anschein gibt, ist die Schülerfirma aus rechtlicher Sicht kein Unternehmen, sondern Teil des Fördervereins der Stadtteilschule Wilhelmsburg. Aus diesem Grund muss die Schülerfirma nicht im Handelsregister gemeldet werden. Sie gibt sich aber Strukturen, die aus der echten betrieblichen Realität bekannt sind. Die Sauberkeit der Sporthalle ist wichtig für die Kundenzufriedenheit. Die Abteilung Facility Management, so heißt heute das Hausmeisterwesen, macht sich montags ein Bild von dem Zustand der Sportstätte. Die Schülerfirma ist noch in weitere Abteilungen strukturiert: Buchhaltung, Kundenservice, Öffentlichkeitsarbeit und die Bücherei.

„Ich habe gelernt, auf Kunden zuzugehen“, sagt Anni Hübner, wie die Arbeit in der Schülerfirma sie weiter gebracht hat. Jeder Mitarbeiter erhält im Zeugnis eine Note wie in den klassischen Schulfächern auch. Wer eigene Ideen entwickelt, verbessert seien Note. Wer dagegen andere arbeiten lässt und nur zuschaut, sinkt nicht nur in der Gunst des Teams, sondern auch in seiner Zeugnisnote.

Die Sporthalle in der Straße Am Zollhafen stammt aus den 1920er-Jahren und ist im Jahr 2006 saniert worden. Eigentümerin ist das Wohnungsbauunternehmen SAGA/GWG. Kindertagesstätten nutzen die Halle. Der Polizeisportverein trainiert hier Karate. Die Tischtennis-Betriebssportgruppe des Unternehmens Aurubis hat Trainingszeiten gebucht. Die Schülerfirma versucht auch, die Sporthalle als Kulturzentrum zu vermarkten. Nicht jede Nutzung ist erlaubt: Fußball darf in der Halle nicht gespielt werden. Anfragen für Privatpartys erteilt die Schülerfirma grundsätzlich eine Absage.

Jeder Nutzer, sei es der Polizeisportverein oder eine Softball-Freizeitgruppe, erhält einen Vertrag. Weil die Stadtteilförderung ein Ziel ist, zahlen Gruppen von der Veddel eine ermäßigte Hallenmiete: Zwei Stunden Trainingszeit kosten 25 Euro. Nutzer von außerhalb greifen tiefer in die Tasche und zahlen bis zu 50 Euro für zwei Stunden Hallenzeit.

Bis zu 30.000 Euro habe die Schülerfirma „VeddelErleben“ bisweilen auf dem Konto, sagt Buchhalter Farooq Butt. Die Firma erzielt Einnahmen aus der Vermietung der Halle und aus Zahlungen von Sponsoren. 10.000 Euro erhielt die Schülerfirma der Stadtteilschule Wilhelmsburg im Jahr 2012, als sie für ihre Aktivitäten mit dem Holger-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde. Mit einem Teil des Geldes habe die Firma neue Laptops angeschafft, sagt Gülben Ismailoglu, und ein Teil wurde gespendet.