Thema: Licht und Feuer. Bei der langen Nacht der Museen war in Harburg statt Anschauens Mitmachen angesagt

Harburg/Wilhelmsburg . Wer wollte, konnte am Wochenende während der langen Nacht der Museen in Wilhelmsburg die IBA-Promenade zum Gipfel der 40 Meter hohen Deponie emporsteigen. Von der Deponie, die neuerdings auch Energieberg genannt wird, hat man in der Dunkelheit einen tollen Ausblick auf das hell erleuchtete Hamburger Stadtzentrum. Auch die Exponate der Auswandererwelt Hamburg „BallinStadt“ auf der Veddel und des Museums Elbinsel Wilhelmsburg waren vom Berg aus auf kurzem Wege zu erreichen.

Beim Blick vom Energieberg nach Süden zeigte sich ebenso die nächtliche Skyline von Harburg erleuchtet. Und es dürfte auch aus der Ferne leises Trommeln zu hören gewesen sein, zumindest aber wird aufsteigender Rauch den Himmel über Hamburgs Süden ein wenig vernebelt haben. Qualm und Trommellärm zogen magisch an.

In Harburg ließ zunächst das Electrum, das Museum der Elektrizität an der Harburger Schloßstrasse 1, die Entwicklungsgeschichte unserer Elektrogeräte Revue passieren. Von der Brennschere bis zum Tonbandgerät, von Opas Dampfradio bis zum Siemens Dynamo gab es alles anzuschauen und vieles davon auch in die Hand zu nehmen. Die Sammlung Falckenberg in den Phoenix-Fabrikhallen an der Wilstorfer Straße bot Führungen zu 2000 Werken zeitgenössischer Kunst. Dazu gab es Jazz und Gesang zu hören. Und auch der Kunstverein im ehemaligen Wartesaal Erster Klasse im Harburger Bahnhof bot Programm mit Ausstellungsführungen und Musik.

Aber richtig gequalmt und gekracht hat es nur auf der Harburger Museumsachse neben dem Rathaus. Das Archäologische Museum Hamburg hat unter den 54 teilnehmenden Einrichtungen vermutlich wieder eine der spektakulärsten Shows des Museumsabends geliefert. „Mensch und Feuer gehören seit je her einfach zusammen“, sagt Museumspädagoge und Archäologe Holger Junker, „wie sonst würden sich Kinder und Erwachsene auch heute noch so gern über offener Flamme etwas zu essen grillen. Feuer fasziniert uns alle seit der frühen Menschheitsgeschichte.“ Und so drehte sich im Archäologischen Museum alles um Feuer und Licht.

Der Schwefel und Pyrit-Stein wird auch Katzengold genannt

Zusammen mit Museumspädagogin und Archäologin Tosca Friedrich hatte Junker zu Beginn des Museumsabends noch Kinder und Eltern um sich geschart, um zu zeigen, mit wie viel Aufwand unsere Vorfahren beispielsweise in der Bronzezeit vor 3500 Jahren oder der vor etwa 3000 Jahren beginnenden Eisenzeit ihr Feuer anzünden mussten. Das war damals noch mit richtig harter Arbeit verbunden, denn Streichhölzer gibt es erst seit 1832 und Benzinfeuerzeuge erst seit etwa 1890. Bis dahin waren Feuerstein und Eisenschläger das Werkzeug fürs Feuermachen, davor Feuerstein sowie der braune Schwefel und eisenhaltige Pyrit-Stein, auch „Katzengold“ genannt.

Tosca Friedrich und Holger Junker schlugen ausdauernd und heftig Pyrit gegen Feuerstein bis sich glühend heiße Eisenpartikel und Schwefel gelöst hatten und für etwas Glut in einem Bausch aus Pompesel-Wolle sorgten. Das war noch lange kein Feuer. Die Kinder und Eltern durften kräftig in die Glut pusten und trockene Holzspäne über die glimmende Wolle streuen, bis nach mehreren Minuten ein Feuer entflammte. Der Jubel war groß. Aus Billstedt war die Familie Bendrig nach Harburg gekommen. Sohn Luka hatte zur Feier seines sechsten Geburtstags alle seine Freundinnen und Freunde zum Feuerspektakel ins Archäologische Museum mitbringen dürfen.

Auch Ötzi hatte alle Utensilien zum Feuermachen an seinem Gürtel

Zusammen mit seiner Freundin Julina pustete er in die glimmende Pompesel-Wolle. Holzspäne entzündeten sich und der Qualm ließ die Augen tränen. Das war nicht so angenehm, aber Spaß hat es den Kindern dennoch bereitet. Vater Frank Bendrik: „Feuer anzünden auf diese urtümliche Art ist besonders beeindruckend. Der Aufwand ist enorm. Wie lange es damals wohl brauchte, bis die Menschen diese Technik entwickelt hatten?“

Auch die 1991 in den Ötztaler Alpen Südtirols gefundene Gletschermumie, die unter dem Namen „Ötzi“ weltberühmt wurde, hatte noch einen Gürtel um den Leib, an dem sich ein Rest von Zunderschwamm befand. Ötzi lebte vor gut 5250 Jahren. Tosca Friedrich: „Sogenannter Echter Zunderschwamm ist ein Pilz der an Birken und Buchen wächst und sich getrocknet sehr leicht entzünden lässt. An dem Zunderschwamm konnten Spuren von Pyrit nachgewiesen werden. Sicheres Zeichen dafür, dass Ötzi alle notwendigen Utensilien zum Feuermachen bei sich trug.“ Holger Junker macht klar, dass die Menschen schon früher experimentierfreudig waren. In der norddeutschen Region wurde in der Eisenzeit an der Erdoberfläche gefundenes Raseneisenerz auf Holzkohle geschmolzen. Junker: „Ein aufwendiger Prozess.“