Hamburgs Bürgermeister diskutierte mit der Bürgerinitiative über die Flüchtlingsunterkunft und räumt Fehler ein

Harburg. An die Auftritte der Unterstützer der Lampedusa-Flüchtlinge ist Olaf Scholz inzwischen wohl gewöhnt und auch bei dem SPD-Diskussionsabend am vergangenen Mittwoch im Bürgerzentrum Feuervogel im Phoenix Viertel musste der erste Bürgermeister zunächst einmal einen weiteren Auftritt der Sympathisanten über sich ergehen lassen. Kaum stand Scholz auf der Bühne, entrollten die Demonstranten ein Banner, auf dem sie nachdrücklich ein Bleiberecht für alle Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg forderten. Erst als die Polizei die fünfköpfige Gruppe hinausgeleitet hatte, kam Scholz zu Wort.

Im Vorfeld hatte zunächst der Harburger SPD-Spitzenkandidat für die Bezirksversammlung, Jürgen Heimath, kurz sein Wahlprogramm skizziert. Er will in der Zukunft die Stärken Harburgs als Industrie- und Gewerbestandort weiter fördern. Ein wichtiger Motor für den Stadtteil ist für ihn die technologische Weiterentwicklung der hier ansässigen Einrichtungen, wie die TU Harburg, die TuTech und der Hit-Technopark. In Sachen Wohnungsbau konnte er Vollzug vermelden: in den vergangenen drei Jahren wurden in Harburg knapp 1800 neue Wohnungen gebaut, „und in diesem Jahr haben wir mit 300 genehmigten Wohnungen das Soll schon mehr als erfüllt“.

Ein weiteres Thema ist für ihn die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. So soll der zentrale Omnibus-Bahnhof in Harburg saniert und erweitert werden, der stetig steigenden Zunahme der Fahrgastzahlen soll mit einer geänderten Taktfolge und mit größeren Bussen begegnet werden. Weiter stehen für Heimath die brandaktuellen Themen Zuwanderung und Integration im Fokus seiner politischen Arbeit, „ohne sie ist unsere Stadt nicht denkbar“.

Der allergrößte Teil der rund 200 Anwesenden war an diesem Abend wegen des Themas Flüchtlingsunterbringung ins Bürgerzentrum gekommen. Ineke Siemer, Sprecherin der Bürgerinitiative Bostelbek (BIB) kritisierte noch einmal die mehr als mangelnde Kommunikation zwischen dem städtischen Vorhabenträger „fördern und wohnen“ und den Anwohnern rund um das Gelände in Bostelbek, wo Unterkünfte für rund 170 Flüchtlinge entstehen sollen. Zunächst hatte die Stadt maximal 216 Menschen dort unterbringen wollen, die Zahl aber mit Rücksicht auf die Bedenken der Anwohner und um die Lärmbelastung für die dort untergebrachten Menschen zu verringern, reduziert.

Doch das reicht den Bostelbekern nicht. Sie sehen in der Unterbringung von 170 Menschen in einem Wohngebiet, das 700 Köpfe zählt „eine übermäßige Belastung eines Sozialraums“, so Ineke Siemer. Des weiteren hätten die Betroffenen inzwischen kein großes Vertrauen mehr in die Behörden. Sie verwies auf die nicht kommunizierte Abholzung von Bäumen auf der Fläche, auf der die Container für die Flüchtlinge aufgestellt werden sollen. Ein Vorgehen, das für die Bostelbeker symptomatisch zeige, wie über ihre Köpfe entschieden werde, „so, wie mit uns umgegangen worden ist, kann Integration und soziale Eingliederung nicht funktionieren“, sagte Siemer. In seiner Entgegnung gab Scholz Fehler bei der Informationspolitik der Stadt zu und versprach eine bessere Kommunikation zwischen den Anwohnern und dem Vorhabenträger.

Er stellte aber auch noch einmal explizit klar, dass ihm bei der Wahl für die Standorte der Flüchtlingsunterkünfte keine Wahl bleibe. Die Stadt muss bis zum Ende des Jahres 12.000 Flüchtlinge unterbringen, was rund 100 Millionen Euro kosten wird. Sein Problem sei, dass es zu wenig Flächen für die Unterbringung dieser Menschen gebe, „die Not ist sehr groß und wir haben keine einfache Lösung dafür“. Jeder Bezirk müsse seinen Teil dazu beitragen, „nach Einwohnerzahl und Fläche ist Harburg unter dem Soll“.

Die Flüchtlingsunterkunft wird also kommen. Damit leben müssen nun die Bostelbeker.