Um den Mammografie-Engpass in Hamburgs Süden zu begegnen, werden neue Kapazitäten geschaffen

Harburg/Barmbek. Zwei Stunden saßen sie am Dienstagabend im Saal 4 des Hauptsitzes der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) in Barmbek endlich an einem Tisch: führende Gynäkologen und Radiologen der Hansestadt sowie Vertreter der Gesundheitsbehörde und der KVH. Dann stand fest: Der Mammografie-Engpass in Hamburgs Süden ist nicht länger hinnehmbar. In Zukunft sollen Kassenpatientinnen nicht mehr sechs Monate und länger auf eine dringend nötige Brustuntersuchung warten müssen.

„Es herrschte eine konstruktive Atmosphäre. Alle Beteiligten waren guten Willens um verlässliche Lösungen bemüht“, zog Dr. Ute Marie Mattner, eine der Initiatorinnen, ein positives Fazit des Krisengipfels. Im Dezember des Vorjahres hatte die engagierte Harburger Frauenärztin gemeinsam mit weiteren Kolleginnen Alarm geschlagen und die gravierende Versorgungslücke über das Hamburger Abendblatt öffentlich gemacht.

Mehr als drei Monate später wurde der Missstand nicht mehr nur konstatiert. Es wurden zugleich richtungsweisende Schritte erörtert, die die Wartezeiten spürbar reduzieren sollen.

Dass sich die meisten Radiologen nördlich der Elbe niederließen, darauf hätte die Kassenärztliche Vereinigung keinen Einfluss, stellte Walter Plassmann, Vorstandsvorsitzender der KV, noch einmal klar. Die Bedarfsplanung erfolge für die gesamte Stadt ohne Betrachtung einzelner Bezirke. Doch müsse natürlich gewährleistet sein, dass Patientinnen aus dem Süden auch Termine bei Radiologen in der City bekämen.

Dafür gibt es jetzt eindeutige Signale. So sagten Dr. Maria Schofer, Vertreterin der Radiologischen Allianz, Dr. Eva-Maria Baumgartner von der Praxis für Mammadiagnostik und Dr. Rene Rückner, der eine weitere Dependance am Stephansplatz plant, Referenzplätze für Patientinnen aus dem Süden zu. Was bedeutet, dass die genannten Praxen einen Teil ihrer Kontingente bei der Terminvergabe Harburgerinnen vorbehalten wollen.

Doch auch im Bezirk Harburg selbst tut sich etwas. Professor Walter Gross-Fengels, Chefarzt der radiologischen Abteilung der Asklepios-Klinik Harburg, hat angekündigt, ein radiologisches Versorgungszentrum einzurichten. Möglich wird dies, weil der private Klinikverbund im vergangenen Jahr zwei Kassensitze einer aufgegebenen Praxis in Hamburgs City gekauft hatte. „Das wäre eine Lösung innerhalb des bestehenden Systems der limitierten Radiologie-Kassensitze, die zu einer deutlichen Entspannung der angespannten Lage im Bezirk beitragen würde“, sagte Gross-Fengels dem Abendblatt. Deshalb habe man bereits im März die nötigen Anträge zur Verlegung der Kassensitze gen Süden bei der KVH gestellt. In acht bis zehn Wochen könnte das neue Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) dann die ersten Mammografien durchführen.

Dass es eine deutliche Versorgungslücke im Süden Hamburg gäbe, sei nicht zu leugnen. Gross-Fengels führt dies nicht nur auf die Schließung von drei hiesigen radiologischen Praxen in den vergangenen Jahren zurück. Sondern auch darauf, dass Mammografien mit etwa 40 Euro chronisch unterfinanziert seien. Doch hätten Kliniken im Gegensatz zu niedergelassenen Radiologen die Möglichkeit, durch Mischkalkulationen mit anderen ärztlichen Leistungen trotzdem wirtschaftlich zu bleiben.

Zudem hofft Gross-Fengels auf eine Kooperation mit der Helios-Klinik Mariahilf. Bis zur Privatisierung beider Häuser hatte man im gemeinsamen Brustzentrum eng kooperiert. Nun gebe es eine gute Möglichkeit, die Zusammenarbeit wieder zu reaktivieren. „Helios hat die Chance, sich an dem Modell zu beteiligen und auch schon Gesprächsbereitschaft avisiert“, so Prof. Walter Gross-Fengels. Der im Vorstoß der Asklepios-Klinik Harburg auch einen eindeutig imagefördernden Faktor sieht.

Einen weiteren Beitrag zur besseren Versorgung mit Mammografien leistet das Kernspinzentrum Hamburg-Süd von Dr. Volkhard Grützediek. „Wir haben unsere Kapazitäten im Bereich der Brustuntersuchungen mit Beginn des neuen Jahres verdoppelt“, sagte er dem Abendblatt. Voraussetzung für die Vergabe von so genannten Notfallterminen sei allerdings, dass behandelnde Ärzte die dringende medizinische Indikation bestätigen und die Terminierung über deren Praxen erfolge.

Dr. Ute Marie Mattner sieht vor allem die Krankenkassen in der Pflicht: „Die KV kann ja auch nur den Mangel verwalten. Wichtig wäre, dass die Krankenkassen auf die Zunahme von Mammakarzinomen reagiert und mehr Geld ausgibt. Es könne nicht sein, dass die Kernspintomographie einer Schulter einen höheren Honorarsatz habe, als eine Mammografie. „Schließlich entscheidet die Früherkennung von Brustkrebs im Ernstfall über Leben und Tod“, so Dr. Mattner.