Asylunterkunft: In der Sozialausschusssitzung machten Siedler ihrem Unmut über die Politik der SPD-Fraktion Luft

Harburg. Die Stimmung wird frostiger zwischen der Bürgerinitiative Bostelbek (BIB) und dem Bezirk. Rund 150 Bostelbeker waren am Montagabend in den Sitzungssaal des Harburger Rathauses gekommen. Auf der Agenda der Sozialausschusssitzung stand das Thema, das sie derzeit am meisten interessiert – die geplante Flüchtlingsunterkunft am Radeland. Einige strittige Antworten zu Anfragen aus den Fraktionen zur geplanten Unterbringung sollten geklärt werden. Der Tagesordnungspunkt aber wurde zurückgestellt. Damit wäre das Thema eigentlich erledigt gewesen. Aber die anwesenden Bostelbeker meldeten sich zu Wort. Ein Siedler warf der SPD-Fraktion gar vor, die Siedler belogen zu haben. Die SPD, so der aufgebrachte Bostelbeker, habe schon längst gewusst, was der Senat am Radeland plane und sich trotzdem überrascht gezeigt, als die Bäume gefällt wurden.

CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer nutzte die Gunst der Stunde und zitierte aus dem Schreiben von Staatsrat Jan Pörksen von der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) an die Bezirksversammlung (das Abendblatt berichtete). „Alle Fraktionen haben in dieser Sache vollständige Transparenz zugesagt. Deswegen will ich Ihnen nicht verschweigen, dass Herr Pörksen in seinem Schreiben ankündigt hat, die BASFI plane in Bostelbek zwei Häuser, also 48 Plätze, weniger zu bauen“, sagte Fischer in Richtung Zuhörer. „Das ist ein Witz“, kam es prompt und lautstark aus dem Auditorium zurück. FDP-Fraktionschef Carsten Schuster warf seinem Kollegen von der CDU vor, das Thema für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen.

„Die Verminderung der Plätze für die Flüchtlingsunterkunft ist uns zu wenig. Sozialverträglich ist maximal ein Niveau vergleichbar mit Lewenwerder. Es wäre schön gewesen, wenn die Sozialbehörde mehr Kontakt zu uns gesucht hätte, dann hätte sie sowohl mehr Vertrauen bei uns geschaffen, als auch Einsicht beziehen können“, sagte BIB-Sprecherin Ineke Siemer nach der Ausschusssitzung. Das Argument, dass lediglich die Pferdewiese kurzfristig verfügbar sei, so Siemer weiter, und keine anderen Grundstücke alternativ zur Verfügung stünden, sei in Hinblick auf die „rechtswidrige Baumfällung, die dies erst ermöglicht, eine Frechheit sondergleichen. Uns nach dieser Verfehlung des Bezirks auf einer so kleinen Fläche auch noch Masse aufzubürden, grenzt an Hohn“.

Der Konflikt zwischen BASFI und Bezirk auf der einen und der BIB auf der anderen Seite rückt jetzt eine Ebene höher. Die BIB, die sich zwischenzeitlich von einem Rechtsanwalt vertreten lässt, hat einen Brief an Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Sozialsenator Detlef Scheele geschickt. Darin äußert BIB-Sprecherin Ineke Siemer im Namen der Bürgerinitiative, wie erbost man über den Umgang der Behörde mit den unmittelbar betroffenen Anwohnern sei. Dass „dieses Verfahren der Behörden kein Einzelfall ist, konnten wir bereits in vielen anderen Bezirken erfahren. Den Anwohnern Informationen bis zum Baubeginn möglichst vorzuenthalten, ist bei der Aufstellung der Flüchtlingsunterkünfte nahezu flächendeckend in Hamburg die Regel“, heißt es weiter in dem Schreiben. Der Brief endet mit der Aufforderung an die Behörde, Stellung dazu zu nehmen, warum die Anwohner nicht in die Planungen einbezogen worden seien.

Ein ganz neues Fass in dieser Sache machte CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer in der Sitzung auf. Er fragte den Sozialdezernenten Holger Stuhlmann, warum denn das Verfahren in Bostelbek so schief habe laufen können, wenn denn der Bezirk seit Januar dieses Jahres doch einen neuen Flüchtlingskoordinator habe. Sichtlich in Erklärungsnot zog sich Stuhlmann darauf zurück, dass sich der neue Flüchtlingskoordinator erst in sein Aufgabengebiet einarbeiten müsse. Wie berichtet, war der ehemalige Jugendamtsleiter aus Süderelbe gegen seinen Willen auf den Posten versetzt worden. Heinz Beeken (SPD) warf Fischer vor, mit der Frage nach der Rolle des Flüchtlingskoordinators einen „Nebenkriegsschauplatz“ zu eröffnen.

Stuhlmann blieb die Antwort auf die Frage schuldig, welche Aufgaben im Einzelnen denn nun der neue Flüchtlingskoordinator haben solle. „Warum ist dieser Flüchtlingskoordinator in Bostelbek nie in Erscheinung getreten?“, hakte Fischer nach. Auch darauf gab es keine schlüssige Antwort. Die Bostelbeker verließen die Sitzung und kündigten weitere Protestaktionen gegen das Flüchtlingscamp an.