Seit 125 Jahren existiert der Brennstoffhandel an der Harburger Schloßstraße. Kritik an Hamburger Verkehrspolitik

Harburg. Als der Harburger Peter Zehrer und der Ostfriese Gedeus Petersen im April 1889 ihren Kohlenhandel an der Harburger Schloßstraße eröffneten, herrschte Aufbruchstimmung südlich der Elbe. Die Erfindung der Dampfmaschine gut hundert Jahre zuvor hatte in Harburg die Industrieansiedlung und mit zunehmendem Arbeitsangebot auch die Einwohnerzahlen sprießen lassen. Wilstorf und Heimfeld wurden ein Jahr vor der Firmengründung in den Stadtkreis Harburg eingemeindet, die Erzeugung und Nutzung von elektrischem Strom steckte noch in den Kinderschuhen. Zwischen Harburg und Hamburg gab es nur eine Dampfschiff- und eine Eisenbahnverbindung. Die erste Straßenbrücke war erst 1899 fertiggestellt.

Und heute, 125 Jahre oder auch fünf Generationen nach der Gründung, gibt es die Firma Zehrer + Petersen noch immer am selben Fleck, an der Harburger Schloßstraße 45. Aber vom ursprünglichen Kohlenhandel, der anfangs über den Kaufhauskanal per Schute und Ladekran beliefert wurde, ist nichts mehr übrig geblieben. Das 15 Mitarbeiter zählende mittelständische Unternehmen hat sich im Laufe der Jahre zu einem modernen Energielieferanten entwickelt und bietet heute neben Heizöl auch Erdgas und Strom an.

Das 125-jährige Bestehen ist nach den Worten von Geschäftsführer Andreas Stephani nicht Anlass für eine Jubiläumsfeier. Wohl aber ist zum Jubiläum eine Verlosaktion über die Internetadresse www.zehrerpetersen.de in Vorbereitung. Zehn i-Pads werden verlost. Zehrer + Petersen ist vielfach an dem Kürzel Z + P zu erkennen. Die Buchstaben prangen auch weithin sichtbar auf dem riesigen grünen Heizöl-Lagertank, der auf dem Betriebsplatz steht. Auch das Tanklager ist früher über den Kaufhauskanal von Bunkerschiffen aufgefüllt worden. Heute ist der Kaufhauskanal wegen der festen Straßenbrücke am Kanalplatz nicht mehr schiffbar.

Dass ein mittelständisches Unternehmen nun auch Erdgas und Strom anbieten kann, liegt an der Liberalisierung des Energiemarkts. „Dafür sind wir der Politik dankbar“, sagt Andreas Stephani. Und als Mittelständler muss er sich vor den Energieriesen am Markt nicht fürchten. „Mit denen können wir preislich gut konkurrieren. Wir haben die geringeren Betriebskosten und können den Vorteil an unsere Kunden weitergeben“, sagt er. Das Unternehmen zählt im Großraum Hamburg gut 6000 Kunden, davon etwa 30 Prozent Gewerbekunden und 70 Prozent Privathaushalte. Der größte Umsatz wird mit Heizöl gemacht. Vertragspartner für Heizöl ist nach wie vor BP. Das Unternehmen firmiert in Deutschland unter der bei uns besser bekannten Marke Aral. Inzwischen machen die vor zwei Jahren eingeführten Erdgaslieferungen und die seit vergangenem Jahr eingeführten Stromlieferungen bereits etwa fünf Prozent des Umsatzes aus.

Mit dem Lob auf die Liberalisierung des Energiemarkts ist für Stephani aber auch schon das Ende gekommen, politisches Handeln positiv zu sehen. Ganz besonders ärgert sich der Unternehmer über die Verkehrspolitik in Hamburg. „Hier geht es seit Jahren nur um die Elbvertiefung. Aber auf Schiene und Straße bricht alles zusammen. Da gibt es Versäumnisse ohne Ende. Wir haben sieben Tanklastwagen. Mit denen kommen wir wegen ständiger Staus und verstopfter Straßen kaum noch termingerecht zu den Kunden. Unter diesem Stillstand leidet die gesamte Wirtschaft. Die Hürden für unsere Mobilität werden immer höher gesteckt. Ab 1. Juli dürfen Tanklastwagen, darunter auch unsere Fahrzeuge, nach EU-Verordnung nur noch nachts zwischen 20 und 6 Uhr durch den Elbtunnel fahren. Nachts können wir aber keine Kunden beliefern. Tagsüber müssen dann alle Tankwagen über die Elbbrücken und mitten durch das Stadtgebiet fahren. Das ist eine Zumutung“, schimpft er.

Den Betriebsstandort Harburg bezeichnet Stephani als gut, weil von hier aus die Holborn-Raffinerie in Harburg und die Shell-Raffinerie auf der Hohen Schaar in Wilhelmsburg auf kurzem Weg zu erreichen sind, um Nachschub an Heizöl oder Diesel heran zu holen und zu den Kunden zu bringen. Mit Diesel-Kraftstoff werden unter anderem Baufahrzeuge wie Bagger versorgt oder auch Erntemaschinen in der Landwirtschaft, darunter Mähdrescher. Die können schlecht zum Tanken an die Tankstelle fahren.

„Wir sind als Energielieferanten für unsere Kunden immer direkt erreichbar“, betont Stephani, „bei uns gibt es kein Callcenter mit ständig wechselnden Ansprechpartnern. Und in Notfällen, können wir auch rasch und flexibel reagieren. Unser Prokurist Marco Pape oder auch ich haben einen Lkw-Führerschein. Auch wir könnten zu den Kunden rausfahren.“

Der grüne Z+P-Tank auf dem Betriebsplatz ist übrigens kein Vorratslager für Heizöl mehr. Regale mit Schmierstoffen stehen darin.