Die Schmiede in Seppensen wird am 25. April eingeweiht. Vorführungen und Seminare sollen mehr Besucher auf das Gelände locken

Seppensen. So klein das Fenster auch ist, Arnold Kahnenbley bereitet es Sorgenfalten. Nachmittags, wenn die Sonne in den Westen wandert, scheint sie durch die Scheiben hindurch – keine guten Voraussetzungen für einen Schmied wie Kahnenbley, bei dem jeder Handgriff sitzen muss. „Die Sonne darf nicht auf den Amboss scheinen, denn dann kann man die Glühfarbe nicht genau erkennen“, sagt der 71-Jährige. Deshalb steht der Amboss normalerweise auf der Nordseite eines Raumes und nicht wie hier auf der Westseite. Vielleicht könnte man eine Jalousie anbringen, um die Situation zu retten? Bis zum 25. April will er nach einer Lösung suchen, denn dann soll die Schmiede als jüngster Neuzugang des Museumsdorfs Seppensen eingeweiht werden.

Kahnenbley selbst war es gewesen, der vor drei Jahren den Anstoß zu dem Projekt Museumsschmiede gab. Damals hatte er seine Schmiede am Radeland – es war die letzte in ganz Buchholz – aufgegeben, doch das Inventar erschien ihm zu kostbar, um es einfach in den Müll zu werfen. Seit 1970 hatte er als selbstständiger Schmied gearbeitet, die Ausbildung hatte er 1957 in Jesteburg begonnen.

Da Kahnenbley selbst Mitglied im Buchholzer Geschichts- und Museumsverein ist, lag es nahe, sich an den Verein zu wenden, der tatsächlich nach einer Lösung suchte. „Mir war sofort klar, dass wir so eine einmalige Chance nutzen müssen“, sagt der Erste Vorsitzende Erhard Deisting. Denn schließlich würde dem Verein nicht nur das kostbare Inventar einer alten Schmiede geliefert werden, sondern der Schmied gleich mit dazu, der Vorführungen und Seminare für Schulklassen und alle anderen Interessierten anbieten kann.

Fehlte nur noch ein passendes Gebäude. Im Landkreis Rotenburg stieß Deisting schließlich mit der Hilfe eines alten Schulfreunds auf ein Backhaus aus dem Jahre 1800, dessen noch verwertbare Bestandteile sie nach Seppensen brachten. „Genau genommen waren es nur die alten Fachwerkbalken“, sagt der Vorsitzende. Im Sommer des vergangenen Jahres stand bereits das äußere Gerüst und das Dach. Unter Anleitung des Architekten Hans Turner gingen die Arbeiten dann stetig voran.

Vom Gut Holm erhielten sie beispielsweise kostenlos die Abbruchsteine der alten Remise, die an die Kapelle gebaut war und im vergangenen Jahr abgerissen wurde. Die Steine bilden nun das gesamte Mauerwerk der Schmiede und wurden auch für den Boden verwendet. Die Dachziegel stammen von einem Abbruchgebäude aus der Gegend von Elstorf, und die Fenster schweißte Kahnenbley höchstpersönlich zusammen. Viele der 375 Mitglieder des Museumsvereins halfen ebenfalls tatkräftig mit, um so die Kosten zu senken, die insgesamt bei 70.000 Euro liegen. Hätten sie es nicht getan, wäre es leicht der doppelte Betrag geworden.

Der Dorfschmied war einst vor allem für praktische Reparaturen verantwortlich

Ein lebendiges Museum soll das Seppenser Museumsdorf mit Hilfe der Schmiede werden. Zugleich rundet sie das Ensemble aus Dorfschule, Sniers Hus, Backhaus und Durchfahrtsscheune auch optisch ab. Als „Quantensprung“ bezeichnet Deisting das Gebäude deshalb, denn jetzt kann der Museumsverein voller Schwung in eine neue Zeit starten – sofern die ehrenamtlichen Mitglieder die Arbeit stemmen können. Wenn es nach Kahnenbley geht, sollen die Schmiedearbeiten ganz nach dem historischen Vorbild von vor 50 Jahren ablaufen. Damals war der Dorfschmied vor allem für praktische Reparaturen an landwirtschaftlichem Gerät verantwortlich. Er zog neue Ackerwagenreifen auf die hölzernen Räder auf, beschlug die Hufe der Pferde oder besserte kleine Schäden in den Häusern aus. „Es gab hier damals ja keine spezialisierten Handwerker wie Klempner, die man einfach anrufen konnte“, sagt Kahnenbley.

Die Schmiede zählten damals trotzdem zu den armen Leuten in der Nordheide. Nur das Nötigste ließ die Landbevölkerung bei ihnen anfertigen. Wer hatte schon das Geld für kunstvolle Arbeiten ohne praktischen Nutzen? Heute sehe das durchaus anders aus, erklärt er. „Metallgestalter“ laute jetzt die Bezeichnung für den Berufsstand. Als Selbstständiger habe man es aber immer noch schwer, weshalb beispielsweise sein Sohn, der ebenfalls gelernter Schmied ist, mittlerweile lieber bei Airbus als Angestellter arbeitet.

Den Teilnehmern seiner Kurse, die er am liebsten einmal die Woche anbieten möchte, will Kahnenbley zunächst einmal klarmachen, was das Schmieden überhaupt bedeutet. „Ich breche sozusagen eine Lanze für den Beruf“, sagt er. Bevor es ans praktische Arbeiten geht, erklärt er, wozu Amboss, Esse und die unterschiedlichen Werkzeuge, die für Laien alle gleich aussehen, nötig sind. Außerdem präsentiert er die kleinen Schätze, die er aus seiner eigenen Schmiede oder den anderen Buchholzer Schmieden, die nach und nach schlossen, gerettet hat und jetzt im Museumsdorf aufbewahrt werden.

Skurrile Dinge wie sogenannte Schwengelkappen für Pferdegeschirre sind darunter, die eher an Armreifen erinnern. Seltene Dinge wie ein Ringrichthorn, mit dem man unterschiedlich große Ringe herstellte, und Unikate wie das Firmenlogo seiner Werkstatt mit den Initialen AK oder eine Zange, die sein zweiter Lehrling anfertigte und die mit dem Datum 5. Januar 1979 signiert ist.