Das ZDF inszeniert für den Polizeifilm „Zum Sterben zu früh“ eine Szene im Harburger Platinum Event Center

Harburg. Bürgerliche Jugendstilhäuser in Eimsbüttel oder Hafenansichten an den Landungsbrücken sind nicht seine bevorzugten Kulissen, Touristenmotive nicht seine Welt. Lars Becker schätzt vielmehr düstere, kaputt wirkende Orte, in denen seine gebrochenen Filmfiguren ein authentisches Umfeld finden.

Der Hamburger Regisseur geht seine Heimatstadt zu Fuß ab – stets auf der Suche nach neuen Plätzen, die noch nicht abgedreht sind. Harburg ist so ein Ort, an dem sich Hamburg-Krimis noch mit noch nie gezeigten Ansichten produzieren lassen. Und so hat der bekannte deutsche Krimiregisseur für seinen neuen Polizeifilm mit dem Arbeitstitel „Zum Sterben zu früh“ am Dienstag eine türkisch-arabische Hochzeitsfeier im Harburger Platinum Event Center inszeniert.

Der ZDF-Film erzählt die Vorgeschichte zu dem Polizeifilm „Unter Feinden“, den Arte im November und das ZDF im vergangenen Monat gezeigt haben. „Unter Feinden“ ist für den Grimme-Preis nominiert. Lars Becker ist für Buch und Regie verantwortlich. Er werde auch noch eine Fortsetzung, einen dritten Teil der knallharten Krimi-Milieustudie drehen. Das sagte Becker bei den Dreharbeiten in Harburg dem Abendblatt.

Dass ein Regisseur zunächst das mittlere Kapitel seiner Trilogie, daraufhin die Vorgeschichte und die Fortsetzung folgen lässt, dürfte es bisher in der deutschen Fernsehgeschichte so noch nicht gegeben haben.

Die Filmcrew hat ihre Basis in der Straße Großer Schippsee aufgeschlagen. Hier stehen die Materialwagen, der Bus des Caterers und der Bus, in der sich der Regisseur, die Assistenten und Schauspieler zurückziehen können. Schauspieler, gekleidet wie die Polizisten eines Sondereinsatzkommandos, stehen auf der Straße und sorgen für Irritationen bei den Passanten. Die Darsteller müssen noch Stunden auf ihre Szene warten.

Am Großen Schippsee herrscht das Hinterhof-Ambiente, das Lars Becker als Kulisse so sehr schätzt. Bei dem Betonmix aus den 60er-, 70er- und 80er-Jahren, sagt er, stelle sich die Frage, ob Stadtplaner hier überhaupt ein Konzept gehabt hätten.

Die junge Vita des Hochzeitssaales an der Lauterbachstraße, den sich Lars Becker ausgeguckt hat, passt zu den Geschichten des Regisseurs, die kein simples Gut- und-Böse-Schema kennen. Eine erst entzogene und dann wieder erteilte Genehmigung haben den Hochzeitssaal zum Politikum in Stadtteil werden lassen. Eine Geschichte, wie sie auch Lars Becker hätte schreiben können.

In „Zum Sterben zu früh“ sind die aus „Unter Feinden“ bekannten Polizisten Diller und Kessel wieder im Einsatz. Nicholas Ofczarek und Fritz Karl spielen die Ordnungshüter, die das Recht nicht immer wortgetreu umsetzen. Um sie herum agieren Kriminelle, die gute Tugenden wie Familiensinn und Ehre zeigen. Gebrochene Figuren in tragischen Geschichten. „Er zeigt Figuren“, sagt der Schauspieler Martin Brambach über Lars Becker, „das tut beim Zuschauen weh.“

Die Krimis seiner „Nachtschicht“-Serie würzt Lars Becker mit einem Humor, der den Hang zum Absurden hat. In „Zum Sterben zu früh“ ist für Ironie kein Platz. „Kein Gramm Fett“, sagt Lars Becker zu der Inszenierung.

Etwa vier bis fünf Minuten lang wird die in Harburg gedrehte Szene in dem ZDF-Film zu sehen sein. Annähernd 200 Komparsen sind dazu auf der Straße gecastet worden. Migranten, die auf einer türkisch-arabischen Hochzeitsfeier authentisch wirken.

Immer wieder wippen sie zu einem arabischen Flamenco im Takt und beklatschen das Brautpaar. Etwa drei Stunden und acht Kameraeinstellungen später ist Lars Becker zufrieden. Die Komparsen lernen: Beim Film dabei zu sein, bedeutet viel Geduld mit zu bringen. Nach einem halben Tag Wartezeit kommen auch endlich die Darsteller des Sondereinsatzkommandos ins Bild.

Die Harburger Szene leitet den Showdown in dem ZDF-Krimi ein. Deshalb ist Schauspielprominenz versammelt. Hauptdarsteller Nicolas Ofczarek ist ebenso dabei wie Martin Brambach. Sahin Eryilmaz ist aus dem ersten Hamburg-„Tatort“ mit Til Schweiger bekannt.

Das ZDF wird „Zum Sterben zu früh“ voraussichtlich im nächsten Jahr zeigen.