Der denkmalgeschützte Fachwerkspeicher im Binnenhafen wird jetzt für 1,1 Millionen Euro zur Kulturstätte umgebaut

Harburg. Der erste Soundcheck in dem 187 Jahre alten Gemäuer darf durchaus als gelungen betrachtet werden – und macht Lust auf mehr. Klar und deutlich klingt die Stimme der Hamburger Songwriterin Nora Sänger durch das Obergeschoss des Kaufhausspeichers an der Blohmstraße 22 im Binnenhafen. „I’ll do anything“ singt sie – ausdrucksstark und überaus symbolträchtig. Der Minigig der blonden Solistin lässt bereits erahnen, dass der urige Fachwerkbau durch seine jetzt beginnenden Transformation künftig durchaus zur neuen kultigen Harburger Kulturstätte taugt.

Zeitweilig habe ihm das einstige Lagerhaus, 1827 als „Neues Kaufhaus“ errichtet, „wie ein Mühlstein am Hals gehangen“, sagt Eigner Rolf Lengemann. Als Erbe der alteingesessenen hiesigen Heizungsfirma Lengemann & Eggers sei ihm der zweigeschossige, zweifach verriegelte Fachwerkbau mit drei Böden von je 440 Quadratmetern praktisch in den Schoß gefallen. Lange hätte er überlegt, wie er das seit 2009 unter Denkmalschutz stehende Gebäude nutzen könne. Bis gemeinsam mit dem erfahrenen Hamburger Architekten Ulrich Garbe die Idee zur Nutzung als Kulturstätte reifte.

„Dass nicht kurzfristige Renditeerwartung im Vordergrund stand, sondern eine nachhaltige Wertentwicklung, die die kulturelle Infrastruktur und die authentischen Gegebenheiten der attraktiven Wasserlage mit Hafenflair gleichermaßen berücksichtigt, ist Rolf Lengemann gar nicht hoch genug anzurechnen“, sagt Henry C. Brinker, der neue Geschäftsführer des Kaufhausspeichers.

Insgesamt 1,1 Millionen Euro sollen bis zur feierlichen Eröffnung Ende Mai 2015 investiert werden. Allein 409.000 Euro stammen aus dem Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz. „Das Geld muss bis Ende 2014 verbraucht sein, weshalb die Um- und Ausbauten noch in diesem Monat beginnen werden“, so Lengemann.

Das Erdgeschoss wird als großzügiges Foyer und Cateringbereich gestaltet. Fenster und verglaste Speichertore sollen für möglichst viel Licht sorgen. Geplant ist nicht nur der Einbau neuer Treppen und eines flexiblen Bühnenkonzepts im Obergeschoss. Die Entfernung des Dachbodens wird künftig den Blick freigeben ins Gebälk der imposanten Dachkonstruktion. Und der Hauptsaal mit knapp 310 Plätzen soll einen Fußboden aus Eichendielen erhalten.

Lengemann hat überdies eine Schute aus dem Museumshafen organisiert, die im Kaufhauskanal an der östlichen Stirnseite des Speichers vor Anker gehen soll. „Um das maritime Flair des Standorts zu unterstreichen, wollen wir hier eine weitere Aufenthaltsfläche schaffen“, sagt Rolf Lengemann.

Herzstück des neuen Nutzungskonzepts aber ist die Etablierung des Kaufhausspeichers als „einzigartige Spielstätte für performative Kulturprogramme“, wie es Brinker formuliert. Gemeint ist die gesamte Bandbreite künstlerischen Schaffens, von Kammermusik und Jazzkonzerten über Tanz- und Theatervorführungen bis zu Poetry Slams und Lesungen. Als Residenzensemble will der Agenturinhaber, der an der Leuphana-Universität Lüneburg Kulturmarketing vermittelt, das Kammerorchester Hamburger Camerata gewinnen.

Auch für Familienfeste kann der Speicher künftig gemietet werden

„Wir wissen, dass wir nicht die Elbphilharmonie sind. Aber mit unserem Angebot können wir eine wertvolle Grundlage für die Hochkultur schaffen“, ist Henry C. Brinker überzeugt. In jedem Fall müsse die positive Entwicklung der Wirtschaft und der Ausbau attraktiver Wohnquartiere im Binnenhafen auch ein kulturell ansprechendes Angebot nach sich ziehen.

Um nicht von staatlichen Subventionen abhängig zu sein, soll sich das Angebot des Kulturspeichers nach einer durch einen finnischen Sponsor unterstützten Anlaufphase bald selbst tragen. Brinker kalkuliert mit durchschnittlichen Einnahmen von 10.000 Euro pro Veranstaltungsblock (fünf Termine) auf der Basis von 500 Vollzahlern à 20 Euro. Dabei sollen 80 Prozent der Ticketeinnahmen an die Künstler fließen. Eine weitere tragende Finanzierungssäule ist die Vermietung des Speichers für Firmen- und Familienfeste. Hier werden 1200 Euro Miete pro Abend fällig.