Jubilar bei der Kreisverwaltung in Winsen begann vor 50 Jahren als Lehrling und stieg bis zum Kämmerer und leitenden Beamten auf

Winsen . Im Februar 1964 macht sich ein 15jähriger Junge auf zu einem Bewerbungsgespräch beim Kreis Harburg. Den Termin bei der Verwaltung in Winsen hat ihm sein Klassenlehrer besorgt, bei dem er gerade die Hauptschule abgeschlossen hat. Eigentlich wollte Peter zu einer Versicherung oder zur Bezirksregierung. Der Lehrer aber ist überzeugt, dass der Pattenser in der nahen Kreisstadt besser aufgehoben ist. Unbekümmert geht der Bewerber in die Gespräche und hat Erfolg.

„Rechnen konnte ich schon immer gut“, erinnert sich Peter Dederke heute. So beginnt einige Wochen später, am 1. April 1964, eine Karriere, die am Dienstag die bisher längste in der Kreisverwaltung sein wird. Aus dem Lehrling wird in 50 Jahren der Kämmerer der Kreisverwaltung, der seit 1995 jährlich Hunderte Millionen Euro vom Winsener Schlossplatz aus steuert.

Dederke hat, wie er heute versichert, „nie darüber nachgedacht“, was er innerhalb der Verwaltung werden könnte. Er will schlicht weiterkommen, Leistung zeigen und hat dabei auch Glück. Zum ersten Mal als er über ein Diplom an der Fachhochschule für Verwaltung und Wirtschaft in Hannover in den gehobenen Dienst aufsteigt. „Damals habe ich eine Chance ergriffen, die sich so nicht wieder ergeben hätte“, sagt der heute 65-Jährige.

Auch einige Jahre später, Mitte der 70er-Jahre, hätte alles anders kommen können. Doch dann wurde die geplante Reform, die den Zusammenschluss der Kreise Harburg, Lüneburg und Stade gebracht hätte, ad acta gelegt. Die Jobs in Winsen bleiben erhalten und damit gleichzeitig die Chancen für den jungen Verwaltungsmann, weiter nach oben zu kommen.

Dederkes Karriere läuft da schon in Richtung Kämmerei. Erstmals 1981 gehört er zu den Verantwortlichen, die den damals umgerechnet 100 Millionen Euro schweren Etat aufstellen. Das reicht ihm nicht. Innerhalb von zwei Jahren, von Anfang 1989 bis Ende 1990, schafft er es, sich für einen Spitzenjob zu qualifizieren.

Dazu wird er in die Bezirksregierung und den Landkreis Lüneburg und ins Sozialministerium in Hannover abgeordnet, um sich zu bewähren. „Ich wurde ins kalte Wasser geworfen, musste Referats- und Bereichsleiter-Aufgaben übernehmen.“

„Eine heftige Zeit“, erinnert er sich an die Monate, in denen er abends als Gasthörer in der Universität der Landeshauptstadt saß. Als er 1991 in den höheren Diernst wechselt und Kreisverwaltungsrat wird, hat er in Hannover den ersten Entwurf für die Bauordnung für Sachsen-Anhalt vorgelegt. Mit Absicht simpel gehalten, um den Aufbau in dem damals neuen Bundesland rasch in Gang zu bringen.

Schon zuvor scheut Dederke keine Aufgabe. So als Hamburg keine Schüler aus dem Landkreis mehr aufnimmt und daraufhin die Schulzentren in Hittfeld und in Buchholz Am Kattenberge rasch aus dem Boden gestampft werden müssen. Damals organisiert er den Schülertransport zu den Standorten, die damals noch weit außerhalb der Bebauung liegen. „Es gab niemanden für die Fahrpläne. Da habe ich sie selbst geschrieben.“ Jahre später ist er verantwortlich für den Bau der Orientierungsstufen. Zuletzt folgen die Gesamtschulen und die Oberschule in Jesteburg. 100 Millionen Euro steckt der Kreis in den vergangenen zehn Jahren in neue und alte Schulen. „Als Kämmerer muss man durchziehen, was die Politik will“, beschreibt der Beamte seine Aufgabe. Nun hofft er jedoch, dass sein Nachfolger „nicht noch mehr Schulen finanzieren muss.“ Die Personalie ist derzeit offen. Dederke hat seine Vorstellungen dem scheidenden Landrat Joachim Bordt (FDP) vorgetragen. Doch entscheiden wird wohl erst dessen Nachfolger, der am 25. Mai gewählt wird.

Immerhin: Der neue Mann steht vor keiner unlösbaren Aufgabe. Zwar dringt das Innenministerium in Hannover auf einen Abbau der 157 Millionen Euro Schulden. Der Plan dafür liegt aber vor: So will der Kreis bis 2018 die Summe auf 125 Millionen Euro reduzieren, 2016 und 2017 tilgen und 2018 noch zusätzlich acht Millionen Euro für den Schuldendienst bereit stellen.

Dederke hält das für realistisch, auch wenn es nicht mehr seine Sache sein wird. In diesem Jahr musste er noch einmal sechs Millionen Euro aufnehmen. Das Volumen der Kassenkredite, die für kurzfristige Ausgaben nötig sind, hat er aber deutlich reduziert. Zehn Millionen Euro stehen noch zu Buche, ein Viertel der Summe, die noch vor fünf, sechs Jahren nötig war. Zahlen wie diese hat der Kämmerer im Kopf. Nur manchmal muss er kurz im Computer nachschauen. Das Sachvermögen des Kreises aus Grundstücken, Gebäuden, Kläranlagen oder Schulen steht heute mit 600 Millionen Euro in den Büchern, im Konzern-Abschluss mit allen Beteiligungen des Kreises wird eine Bilanzsumme von 730 Millionen Euro ausgewiesen.

Werte, die einem großen mittelständischen Betrieb entsprechen. Bis zum 30. Mai muss er die Millionen im Auge behalten. Dann ist drei Monate nach seinem 65. Geburtstag im Februar Schluss. „Naja“, sagt er und lächelt, „ ohne die Verlängerung der Arbeitszeit hätte ich ja das Jubiläum zum 1. April nicht mehr geschafft.“

Für den Ruhestand hat Dederke schon Pläne gemacht. Er ist Heimatforscher, hat bereits zwei Bücher geschrieben. Über Pattensen und den MTV, den größten Verein des 2000-Seelen-Ortes, der heute zur Kreisstadt gehört. Jetzt will er als Lokalpatriot den Ortsnamen weiter ergründen und seine Familienforschung fortsetzen. Bis 1700 ist er schon zurück. Genügt ihm aber noch nicht. „Vielleicht stammt unsere Familie von Hugenotten ab.“ Das will er genau wissen. Seine Frau Monika, mit der er seit 1973 verheiratet ist, hat noch gut ein Jahr zu arbeiten. Danach soll es auch auf längere Reisen gehen. Durch Europa, vor allem nach Paris.

Erstmals war Dederke 1967 dort, als er es auf dem Fahrrad über die Niederlande und Belgien bis in Frankreichs Hauptstadt schaffte. „Ich war allein unterwegs, bin von Jugendherberge zu Jugendherberge gefahren, habe aber damals die Adressen in Paris nicht gefunden“, erinnert er sich. So schlief er auf einer Parkbank unter dem Eiffelturm. Dieses Mal will er es anders machen. Nicht unter dem Turm schlafen, nicht in einer Jugendherberge und außerdem wird seine Frau dabei sein. Und etwas mehr Zeit als damals wollen sich die beiden für die Stadt auch nehmen.