Fest mit Schlachtgetümmel und Dorfleben um 1814 in Marmstorf zum Gedenken an die Zeit des großen Franzosen

Die Scheunen sind aufgeräumt, die Wiesen für die Lagerplätze vorbereitet. Die Marmstorfer stehen in den Startlöchern für das große Fest „Marmstorf 1814“, das am kommenden Wochenende den kleinen Stadtteil im Süden Hamburgs 200 Jahre in die Vergangenheit katapultiert.

Am Freitag, 28. März, werden knapp hundert Darsteller anreisen, die am Sonnabend für den militärischen Teil des Festes zuständig sind. Mit dabei sind das Freicorps Lützow aus Reinland, die Salutgruppe des Traditionsverbands Lützower Jäger von 1813 aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg, das Elb-Landwehr Regiment, das Kurmärkische Regiment von 1813, die Königlich Großbritannisch-Deutsche Legion, das französische 127eme Infanterieregiment de Ligne, die französische 3eme sowie die sechspfündige Fußbatterie Nr. 16 der brandenburgischen Artilleriebrigade „1813“.

Es sind Vereine aus ganz Deutschland, die regelmäßig auf Veranstaltungen in historischen Uniformen auftreten. Sie werden nicht nur versuchen, ein Rückzugsgefecht aus der Zeit Napoleons so authentisch wie möglich nachzustellen. Alle Darsteller zeigen am kommenden Wochenende auch, wie das Soldatenleben abseits des Schlachtfelds war, wie es in den Lagern zuging und wie man dort lebte. Die Lützower Jäger werden deshalb von ihren Marketenderinnen begleitet. Ihr Herrschaftsgebiet sind die Zelte und Biwakplätze, die sich rund um den Marmstorfer Feuerteich verteilen. Als Marketenderin bezeichnete man früher eine Frau, die militärische Truppen begleitete, verpflegte und auch medizinisch versorgte. Oft handelte es sich um die Frauen der Soldaten, die mit ihren Kindern den Feldzügen folgten. Starb der Söldner bei einem Gefecht, blieb die Frau meist dem Tross erhalten. Marketenderinnen versorgten das Heer als Händlerinnen mit Lebensmittel, Tabak und Gebrauchsgegenständen des Alltags.

Ebenfalls lebensnotwendige Dienste leistete der Schmied im Lager. Vor Ort ist der Schmied Frank, der Metallarbeiten aller Art ausführt und den Besuchern das traditionelle Handwerk vorführt. Eine Feldschreiberin wird alle Vorkommnisse des Wochenende notieren: in ihrer Schreibstube wird sie Urlaubsanträge schreiben, Passierscheine ausstellen und Briefe für die Soldaten aufnehmen.

Schon am Freitagabend werden die Marmstorfer Dorfbewohner von den Soldaten zwischen 18 und 19 Uhr „heimgesucht“. Wie vor 200 Jahren müssen sie ihre Keller und Vorratskammern öffnen, denn die hungrigen Soldaten „beschlagnahmen“ Lebensmittel für das Wochenende. Nachdem sich die Darsteller in ihren historischen Uniformen den nötigen Proviant besorgt haben, wird am Biwakfeuer der nächste Tag besprochen. Gäste sind herzlich eingeladen, dabei zu sein. Die Biwakplätze befinden sich am Karnshof, am Meinshof und am Wittenhof.

Um 20 Uhr beginnt noch ein Theaterstück aus der Zeit um 1814, das am Sonnabend noch einmal gezeigt wird. Karten gibt es leider nicht mehr, beide Aufführungen sind ausverkauft.

Der Sonnabend, 29. März, ist dann der Tag des Spektakels. Um 10 Uhr beginnt er mit einem Feldgottesdienst auf dem Meinshof. Der Pastor der evangelisch-lutherischen Auferstehungs-Kirchengemeinde Marmstorf, Thomas von der Weppen, übernimmt diese Aufgabe. Alle Bürger sind herzlich eingeladen, dabei zu sein. Danach kann man bei hoffentlich mildem Frühlingswetter einen Spaziergang durch das Dorf machen und in die Biwaks der Soldaten schauen, wo das Treiben in dem Feldlager von vor 200 Jahren authentisch dargestellt wird. Die Franzosen, anderen Alliierten und Lützower freuen sich auf die Fragen interessierter Gäste.

Von 12 bis 14 Uhr heißt es „Essen fassen“. Wer Lust hat, gesellt sich zu den Soldaten und probiert Speisen von damals. Um 14 Uhr beginnt der Festakt mit Berichten über die Zeit und das Leben zur Zeit Napoleons. Historische Ereignisse, Anekdoten und Begebenheiten aus Marmstorf werden natürlich auch zur Sprache kommen. Als Redner haben sich angekündigt: Professor Doktor Rainer Maria Weiss vom Helms-Museum in Harburg und Manfred Schulz, Vorsitzender der Bezirksversammlung Harburg. Stolz ist Rainer Bliefernicht, Organisator und treibende Kraft des Festes, auf den Besuch des französischen Generalkonsuls. „Darüber freue ich mich ganz ganz besonders“, sagt er. Monsieur Serge Lavroff lässt es sich nicht nehmen, in Marmstorf ein Grußwort zu sprechen.

Auch für den musikalischen Rahmen rund um den Festakt ist gesorgt. Mit dabei sind der Spielmannszug des Schützenvereins Marmstorf und die Liederfreunde Marmstorf. Der große gemischte Chor verfügt über ein breitgefächertes Repertoire von Klassik über Volkslieder zu Evergreens und Schlagern. Am Sonnabendnachmittag bringen die Sänger dem Festpublikum einen kleinen Ausschnitt daraus zu Gehör. Der Schwerpunkt liegt aber auf plattdeutschen Volksliedern, denn Platt war vor 200 Jahren die vorherrschende Sprache in der Landbevölkerung.

Um 16.30 Uhr wirbt Organisator Rainer Bliefernicht dann für die eigene Sache: Unter seiner Federführung entstand nicht nur das komplette Programm für das Festwochenende, ihm ist es auch zu verdanken, dass Marmstorf seit kurzem eine eigene Chronik besitzt. Gemeinsam mit dem Autor Herbert Schulz stellt er die Chronik vor, anschließend können Interessierte das Werk nur an diesem Tag für zehn Euro kaufen.

Gegen 18 Uhr machen sich dann die Zuschauer auf in die Westerheider Schlucht zwischen Marmstorf und Appelbüttel. Wenn die Sonne untergeht beginnt gegen 19 Uhr das große Kampfspektakel. Die Lützower, andere Alliierte und die Franzosen stellen in einer Senke ein Rückzugsgefecht nach. Um die ganze Szenerie noch wirklichkeitsnaher zu machen, sind Holzhäuser aufgebaut, die den Bauernhöfen von vor 200 Jahren nachempfunden sind. Sie werden an diesem Abend ein Raub der Flammen und erinnern damit an die Ereignisse in Marmstorf, als die Soldaten Napoleons das Dorf anzündeten und die Bauern über Nacht ihr Hab und Gut verloren. Die Besucher stehen in sicherer Entfernung auf einem Hang und können den Waffengang von dort aus gut verfolgen. Die Herren der Marinekameradschaft Harburg sorgen für ein sicheres Geleit der Bürger in den Zuschauerbereich. Die Freiwillige Feuerwehr Marmstorf und das Rote Kreuz haben ein wachsames Auge auf das Geschehen.

Der Sonntag ist dann der Tag des Abschieds. Um 9 Uhr sammeln sich die Besucher auf dem Festplatz an der Theaterscheune, dem Meinshof am Appelbütteler Weg. Um 9.30 Uhr geht es mit musikalischer Begleitung des Spielmannzuges des Schützenvereins Marmstorf zur Auferstehungskirche Marmstorf. Dort beginnt um 10 Uhr der Gottesdienst. Die Darsteller werden mit ihren historischen Uniformen, ohne Waffen, dabei sein. Um 13 Uhr verabschieden sich die Lützower, andere Alliierte und die Franzosen und ziehen ab.

Bereits am Sonntag können sich viele Besucher des Festes in Marmstorf auf der „Harburg & Umland-Seite des Abendblattes (www.abendblatt.de) im Internet wiederfinden. Am Sonnabend sind zwei Fotografen unterwegs. Sie setzen jeden Besucher, der Lust dazu hat, ins rechte Licht. Zuschauer, die am Wochenende nach Marmstorf kommen möchten, sollten bedenken, dass die S-Bahnen aus Hamburg von Sonnabend bis Montagmorgen nicht fahren. Die Strecke ist wegen Vorarbeiten an den Lärmschutzwänden in Wilhelmsburg ganztägig gesperrt. Zwischen Wilhelmsburg und Harburg wird ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Am besten nutzt man öffentliche Verkehrsmittel, um nach Marmstorf zu kommen, da auch das Angebot an Parkplätzen äußerst begrenzt ist.