Klönschnack mit Kuchen und Kneifzange: Evelien Nissen organisiert ein Repair Café in Sprötze

Sprötze. Dem Stuhl fehlt ein Bein, dem Fahrradreifen Luft, der Stehlampe ein Stecker, der Hosennaht der Zusammenhalt. Man könnte jetzt resigniert die Dinge in den Müll werfen und neu kaufen. Muss man aber nicht. Oft sind es nur gewisse Fingerfertigkeiten, die nötig sind, ein bisschen Know-how, das so vielen Menschen in unserer Wegwerfgesellschaft abhanden gekommen ist. Eine Bewegung, die ursprünglich aus den Niederlanden kommt, erobert jetzt auch Deutschland: das Repair Café. In lockerer Klönstuben-Atmosphäre kommen hier Besitzer kaputter Gegenstände und kundige Laien, gelegentlich auch Profis, zusammen, um Geräte wieder funktionsfähig, Möbel wieder benutzbar zu machen.

So ein Repair Café plant jetzt Evelien Nissen für Sprötze. „Das ist einfach etwas Nettes für so ein Dorf“, meint die 45-Jährige. Nachdem ihre Kinder nicht mehr die Grundschule besuchen, wo sie sich bereits im Schulverein engagiert hatte, suchte sie eine neue Möglichkeit, sich für die Gemeinschaft einzubringen. Zufällig hatte sie vom Repair Café in Sasel im Hamburger Norden erfahren. Sie fuhr hin, sprach mit den Organisatoren und war begeistert von dem Projekt. „In Sasel haben sie im August 2013 angefangen und nun alle zwei Monate geöffnet. Es kommen jedes Mal zwei-, dreihundert Leute. Sogar aus Lüneburg und Stade“, berichtet sie.

Repair Café, „erfunden“ von der Amsterdamerin Martine Postma, ist inzwischen regelrecht eine Marke, getragen von einer Stiftung. Die gibt allen, die ein Repair Café aufbauen wollen, gegen eine kleine Schutzgebühr einen Leitfaden an die Hand, vorgefertigte Handzettel und Plakate, Pressemitteilungen, Anmeldeformulare und das Logo mit den Zahnrädern, Motto „Wegwerfen? Denkste!“

Und sie informiert alle, die selbst etwas reparieren lassen möchten, über Termine und Orte. Kürzlich hatte die Stiftung in Sasel eine Infoveranstaltung dazu angeboten. „Ich war die einzige Teilnehmerin aus der Nordheideregion“, sagt Evelien Nissen, die fest daran glaubt, dass der Bedarf auch hier im ländlichen Raum da ist. Zuspruch hat sie schon reichlich bekommen – dank persönlicher Ansprache. „Es ist auf dem Dorf einfacher. Dagegen gibt es in Hamburg viel mehr Leute, die mitreden wollen, etwa Stadtteilbeiräte. Ich habe einfach ein paar Mails an meine Freunde geschickt. Daraus kam eine Rückmeldung aus dem Kirchenvorstand. Die Kirche stellt uns nun die Räume für das Repair Café zur Verfügung.“ Auch einige fachkundige Reparateure hätten sich schon gemeldet. Evelien Nissen holte außerdem den Sprötzer Dorfverein, der örtliche Veranstaltungen organisiert, mit dazu. „Es ist ganz gut, einen Verein dabei zu haben, der zum Beispiel Spenden für das Repair Café verwaltet.“

Und so funktioniert es: An „Marktständen“ bieten Reparateure ihre Dienstleistungen an. Zum Beispiel Nähen, Fahrradwerkstatt, Elektrik. Wer einen defekten Gegenstand mitbringt, muss ein Formular ausfüllen, mit dem er die Hausordnung anerkennt und sich unter anderem verpflichtet, seine Objekte auch dann wieder mitzunehmen, wenn sie irreparabel sind.

Idealerweise wird der Gast dazu angeleitet, seine Sachen selbst zu reparieren. Stellt sich die Reparatur als zu aufwendig heraus, steht es den Teilnehmern frei, einen weiteren Termin auszumachen. Die Reparatur ist – Material ausgenommen – kostenlos, Spenden nach eigenem Ermessen sind willkommen. Der Teil Café kommt ins Spiel, wenn die Reparatur länger dauert oder der Andrang an einem Stand besonders groß ist. Dann können, ja sollen die Gäste bei Kaffee und Kuchen entspannen und mit anderen ins Gespräch kommen.

„Die Ziele des Repair Cafés sind der Umweltgedanke, Reparatur zu erlernen, Qualität mehr zu schätzen, als Reparateur auch Wertschätzung zu erfahren und Leute kennenzulernen“, zählt Evelien Nissen auf. Sie könnte sich vorstellen, mit dem Projekt langfristig auch Jugendliche einzubinden. Geplant sind zunächst zwei Termine im Jahr. Die Premiere soll am 10. Mai stattfinden. Eines ist der Organisatorin noch wichtig: „Das Repair Café ist keine Konkurrenz zu Handwerksbetrieben. In schwierigen Fällen werden die Reparateure auch an den Fachmann verweisen. Ansonsten geht es vornehmlich darum, Gegenstände wieder benutzbar zu machen, die sonst weggeworfen würden, etwa weil die Reparatur zu teuer wäre.“

Zur Vorbereitung auf den 10. Mai gibt es einen Info-Abend (siehe Kasten). Vorab sind Spenden willkommen, von denen Material vom Klebstoff bis zur Batterie gekauft werden soll.