Platinum Event Center: Bauprüfabteilung im Bezirk Harburg gerät in die Schusslinie. Welche Rolle spielt Ex-Bezirksamtsleiter Michael Ulrich?

Harburg . Der Fall Platinum Event Center weitet sich immer mehr zum Skandal aus. Und die Bauprüfabteilung der Harburger Bezirksverwaltung macht dabei keine gute Figur. Nachdem Vertreter der Fraktionen SPD und CDU erste Akteneinsicht genommen haben, ist deutlich geworden: Michael Ulrich, Harburgs ehemaliger Bezirksamtsleiter (SPD), hat alte Kontakte ins Rathaus spielen lassen, um das Genehmigungsverfahren zu beeinflussen. Ulrich dementiert das aber.

„Obwohl sich in den Akten kein Hinweis finden lässt, dass Michael Ulrich offizieller Vertreter und damit Beteiligter an dem Verfahren für das Platinum Event Center ist, gibt es mehrere Vermerke darüber, dass er sich in der Bauprüfabteilung nach dem Stand des Verfahrens per Mail und telefonisch erkundigte und von den Behördenmitarbeitern informiert wurde“, sagt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer: „Dieses Verfahren ist nicht so gelaufen, wie solche Verfahren abzulaufen hätten.“ Überdies seien die Akten offenkundig nicht vollständig, so der Rechtsanwalt. Fischers Eindrücke decken sich weitgehend mit denen von SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath. „Herr Ulrich hat mit Sicherheit Einfluss auf den Ablauf des Verfahrens genommen. Da gibt es keinen Zweifel“, sagt er.

Wie berichtet, beantragte der damalige Geschäftsführer der Platinum Event Center (PEC) GmbH, Martin Semir Celik, im März 2013 den Betrieb eines Hochzeitssaals und die Durchführung von Messeveranstaltungen in den Räumen über der ehemaligen C&A Filiale an der Lauterbachstraße 1. Sein Parteifreund Ulrich, Mitglied im SPDDistrikt Neugraben, tritt zu diesem Zeitpunkt nach eigener Aussage als „Berater der Platinum Event GmbH“ auf. Denn Celik muss nicht nur Parkplätze nachweisen. Er hat auch mit Brandschutzauflagen zu kämpfen. Und Celik braucht eine Gaststättenkonzession, um auch Alkohol bei den Hochzeitsfeiern ausschenken zu dürfen.

Nach Eingang des Antrags, so Fischer, habe es laut Akte eine „Fachamtsleiterrunde gegeben, an der auch Baudezernent Jörg Heinrich Penner teilgenommen hat“. Noch im April wurde dann Bezirksamtsleiter Thomas Völsch über den Antrag informiert. „Herr Völsch kann also nicht so tun, als habe er erst später von dem Vorgang erfahren, wie er es in der Vergangenheit immer behauptet hat“, moniert Fischer. Bis zum November hat, das bestätigten Fischer wie Heimath dem Abendblatt unisono, Michael Ulrich mehrfach in der Bauprüfabteilung angefragt, wie der aktuelle Stand des Verfahrens sei. Nach Aktenlage hat er aus der Bauprüfabteilung auch Informationen über den Verfahrensstand erhalten. „Aus der Korrespondenz zwischen der Bauprüfabteilung und Celik geht hervor, dass da regelrecht gekuhhandelt worden ist“, sagt Fischer. Immer wieder hätte Herr Celik versucht, Auflagen abzumildern.

Das Genehmigungsverfahren zieht sich hin. Für den 7. Dezember 2013 hat Martin Semir Celik die erste Buchung seiner Räume an der Lauterbachstraße 1 für eine Hochzeitsgesellschaft. Am 27. November 2013 schickt Michael Ulrich laut Akte eine Mail an eine Mitarbeiterin der Bauprüfabteilung, in der er ihr mitteilt, dass er für die PEC eine erweiterte Genehmigung für 1169 Gäste beantragen werde. Bislang war in dem Verfahren lediglich die Rede von höchstens 586 Gästen. Die Mitarbeiterin macht Ulrich wenig Hoffnung auf Erfolg eines solchen Änderungsantrages. „Die Fluchtwege in dem Gebäude sind lediglich auf 586 Menschen ausgelegt. Es ist geradezu irrsinnig und unverantwortlich, dort mehr als 1000 Gäste feiern lassen zu wollen. Ich möchte mir nicht vorstellen, was in einem Notfall hätte passieren können“, sagt Heimath.

Wie berichtet, ist am 4. Dezember 2013, also drei Tage vor der ersten Hochzeitsgesellschaft im Platinum Event Center, die Mitarbeiterin der Harburger Bauprüfabteilung an der Lauterbachstraße bei einem Ortstermin. Zu diesem Zeitpunkt sind die Auflagen der Feuerwehr noch immer nicht erfüllt, auch das geht aus den Akten im Harburger Rathaus hervor. Sie erteilt Martin Semir Celik die Genehmigung für eine einzige Veranstaltung, nämlich die Hochzeit am 7. Dezember 2013, aber nur unter Auflagen. Celik darf, weil ihm nach wie vor die Gaststättenkonzession fehlt, keinen Alkohol ausschenken, und er muss für die Feier bestimmte Auflagen zum Brandschutz erfüllen.

Am 6. Januar 2014 geht dann beim Fachbereich Gewerbe des Bezirksamts ein telefonischer Hinweis der Polizei ein, dass im Platinum Event Center bereits mehrere Veranstaltungen, darunter auch ein Geburtstagsfeier, stattgefunden hätten. Noch am selben Tag leitet der Fachbereich Gewerbe die Information per Mail an die Bauprüfabteilung weiter. Die aber reagiert nicht. Jedenfalls lässt sich laut SPD und CDU darüber kein Vermerk finden. Am 7. Januar gibt es eine zweite Information der Polizei ans Gewerbeamt über weitere ungenehmigte Feiern am 21. Dezember und „vermutlich“ an Silvester. Einen Tag später bittet das Gewerbeamt laut Akte die Bauprüfabteilung ein „Bußgeldverfahren wegen Führens einer Gaststätte ohne erforderliche Erlaubnis“ gegen Celik einzuleiten. Wenig später ist auch die Harburger Feuerwehr vor Ort und bemängelt den unzureichenden Brandschutz. Doch erst am 7. Februar, also etwa einen Monat nach der ersten Meldung der Polizei, wird die Harburger Bauprüfabteilung aktiv und schließt das Platinum Event Center.

„Das ist ein großes Problem in dem ganzen Verfahren: Warum geht die Mitarbeiterin am 4. Dezember in die Lauterbachstraße und genehmigt eine Veranstaltung, obwohl noch so viele Auflagen, unter anderem der Feuerwehr, zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt sind?“, fragt Jürgen Heimath. Und auch, dass die Bauprüfabteilung einen Monat gebraucht habe um zu reagieren, sei nicht sauber gelaufen, so Heimath. SPD wie CDU wollen weitere Akten einsehen.

Zu den bisher festgestellten Ergebnissen aus der Akteneinsicht, so Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD), werde er sich nicht äußern. Aber: „Es gibt zwei entscheidende Punkte in diesem Verfahren, bei denen es nicht optimal gelaufen ist. Im Dezember, als es darum ging, für eine Veranstaltung eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, haben sich die Kollegen der Bauprüfabteilung bemüht, eine unbürokratische Lösung zu finden“, sagt Völsch. Er persönlich hätte diese Ausnahmegenehmigung nicht erteilt.

Der andere entscheidende Punkt sei die Nutzungsuntersagung im Februar dieses Jahres gewesen. „Da hätten wir eindeutig schneller reagieren müssen. Es war ein Fehler, dass erst einen Monat nachdem wir von den nicht genehmigten Veranstaltungen im Center erfahren haben, die Nutzungsuntersagung erfolgte“, räumt Völsch ein.

Martin Semir Celik hat inzwischen das Handtuch als Geschäftsführer der PEC GmbH geworfen. Auf Nachfrage des Abendblatts sagte er, Michael Ulrich habe ihn als „guter Freund in dem Verfahren unterstützt“. Ulrich bestätigt die Aussage von Celik: „Ich habe Herrn Celik lediglich in der Abklärung baulicher Fragen auf Sachbearbeiter-Ebene unterstützt, und zwar unentgeltlich.“ Ein Gespräch zwischen dem Baudezernenten Jörg Heinrich Penner und ihm hätte es nie gegeben: „Ich habe keinen Einfluss auf das Verfahren genommen.“