Passt das Flachdach-Gebäude der freien evangelischen Gemeinde in den Ortskern? Nein, findet die SPD/FDP-Gruppe, während die Verwaltung Ja sagt

Hanstedt. Hübsche Fachwerkhäuser, viel Grün, gepflegte Straßen – Hanstedt präsentiert sich Bewohnern und Touristen als schmuckes Heideörtchen mit Stil, das seine Schönheit wie einen Augapfel hütet. Dafür stehen unter anderem die bereits in den 1980er-Jahren verabschiedete und mehrfach angepasste Gestaltungssatzung für die Ortsmitte oder das Konzept des Tourismus- und Gewerbevereins, in dem sich das Dorf als „Perle der Nordheide“ positioniert. In den Augen der Gruppe SPD/FDP im Rat der Gemeinde ist gerade diese Schönheit jetzt in Gefahr. Grund ist der geplante Neubau eines Gemeindezentrums der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) Hanstedt an der Harburger Straße 11 bis 13, ein modern gestalteter Flachdachbau.

„Wenn wir das im Ortskern zulassen, zerstören wir mutwillig die dörfliche Identität und den wiedergeschaffenen Dorfcharakter“, drückt es Gruppensprecher Lars Heuer drastisch aus. Das jahrelange Bemühen, die Bausünden der Vergangenheit auszumerzen, werde zunichte gemacht und die Satzung verliere ihren Sinn. Auch Gunnar Hofmeister (FDP) stuft die Pläne als „entsetzlich“ ein, während der Vorsitzende des FDP-Ortsverbands, Simon Thombson, findet, dass der Bau einfach nicht in den Ortskern passt. Gerhard Heuer (SPD), der bis 2011 25 Jahre dem Gemeinderat angehörte, würde diese Art von Gebäude gar am liebsten im Gewerbegebiet sehen.

Die einhellige Meinung der Gruppe: Die Gestaltungssatzung gebe eindeutig vor, dass in der Ortsmitte keine Flachdächer erlaubt seien, sondern höchstens solche, die hinter mindestens drei Meter geneigtem gedeckten Dach kaschiert seien wie bei Dittmer oder Dalinger. Ein derartiger Bau wie der der Kirche müsse deshalb verhindert werden. Abgesehen davon könne man von der Kirchengemeinde generell mehr Fingerspitzengefühl und Rücksicht auf das Ortsbild erwarten.

Die Verwaltung sieht das anders. Sie empfiehlt, einer Befreiung von den örtlichen Bauvorschriften zuzustimmen. Sicherlich setze der Entwurf des Kirchenzentrums einen „modernen und markanten städtebaulichen Akzent“. Jedoch dominiere er aufgrund seiner zurückgesetzten Lage nicht die gesamte Straße, heißt es in ihrer Stellungnahme. Gemeindedirektor Olaf Muus gibt außerdem zu bedenken, dass auch eine klassische Kirche mit Kirchturm nicht in die Ortskerngestaltung passen würde – und die würde man ja schließlich auch nicht verbieten. „Meiner Meinung nach ist es deshalb etwas differenzierter zu betrachten“, sagt er.

Er erwartet für die Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Planen und Bauen der Gemeinde am Dienstag, 25. März, 19Uhr, im Alten Geidenhof eine kontroverse Diskussion zu dem Thema. Die endgültige Entscheidung trifft der Rat der Gemeinde am 22. April.

Bernd Meyer wird die Beratungen gebannt verfolgen. Der Pastor der FeG ist seit 14 Jahren in Hanstedt im Einsatz und setzt alles daran, dass der Neubau Realität wird. „Ich verstehe, dass das Dach ein sensibles Thema ist“, sagt er. Gleichwohl habe er den Eindruck, dass die Argumentation der Kirche im Ort verstanden werde.

Seit den 1920er-Jahren feiert die Gemeinde in Hanstedt Gottesdienste, am jetzigen Standort Im Bultmoor 33 ging es Ende der 60er-Jahre los. Mittlerweile stößt die 95 Mitglieder zählende Gemeinde dort räumlich an ihre Grenzen. „Im Schnitt kommen 90 Besucher zu den Gottesdiensten“, erzählt Meyer. Die FeG hat deshalb bereits im Jahr 2007 das Grundstück an der Harburger Straße erworben, um dort den Neubau zu errichten. Geplant ist ein Gebäude mit viel Glas bestehend aus einem 200 Quadratmeter großen Saal für 170 bis 180 Leute im hinteren Teil, der für Gottesdienste und Gemeindearbeit genutzt werden soll, sowie Bistro, Bibliothek und Foyer im vorderen, zweigeschossigen Teil.

„Uns ging es vor allem darum, das Gebäude seiner Nutzung anzupassen“, erklärt Meyer. Die FeG sei keine Gemeinde, die sich nur zum Gottesdienst treffe und dann wieder schnell nach Hause gehe. „Die Leute bleiben meistens noch über Mittag bei uns, obwohl der Gottedienst am Sonntag bereits um 10 Uhr beginnt.“ Wichtig seien deshalb Flächen zur Begegnung und multifunktionale Räumlichkeiten.

1,3 bis 1,4 Millionen Euro wird der Neubau voraussichtlich kosten, für die Kirchengemeinde wäre das die äußerste Summe, die sie stemmen kann. „Wir müssen immer zwischen Nutzen und Kosten abwägen“, betont der Pastor. Würde ein Dach hinzu kommen, wäre das weitaus teurer, abgesehen davon, dass es in Meyers Augen dem gesamten Gebäude eine viel wuchtigere Erscheinung verleihen würde als derzeit. In der jetzigen Planung liege das Gebäude etwas zurückgesetzt von der Straße und dränge sich dem Betrachter nicht auf.

Hinzu kommt, dass die Planungen bereits eine längere Vorgeschichte haben und die Zeit für einen Neubau allmählich drängt. 2010 habe es bereits einen ersten Entwurf gegeben, der ein Dach beinhaltete sowie eine Unterkellerung, da eine zweigeschossige Bauweise nicht erlaubt war, sagt Meyer. „Vorne sah es aus wie ein Wohnhaus, hinten lag dann das Gemeindehaus.“ Ein Nachbar klagte jedoch gegen die Pläne, da er Lärmbelästigung befürchtete. Das Bauvorhaben wurde auf Eis gelegt. Als dann für das Nachbargrundstück Nummer 15 bis 17 ein neuer Bebauungsplan kam, konnte sich die FeG mit ihren neuen Planungen daran orientieren und den Keller weglassen – jetzt war eine zweigeschossige Bauweise erlaubt.

Im Laufe dieses Jahres würde die FeG gern mit den Bauarbeiten anfangen, sagt Meyer. Er hofft deshalb auf die Zustimmung der Politiker. Gemeindebürgermeister Gerhard Schierhorn, zugleich Mitglieder der Uns/Grünen-Gruppe im Gemeinderat, hält das für durchaus realistisch. Er persönlich hat kaum Bedenken gegenüber dem Vorhaben, betont aber zugleich, dass man erst am Anfang der Beratungen stehe.