Schüler aus Holm-Seppensen lernen im Zuge des Kinder-Kulturpfads die Künste von Friseur, Schmied und Co. kennen

Holm-Seppensen. Schnipp, schnapp, schon sind Vincents Haare einige Zentimeter kürzer. Der Junge aus der Klasse 3c der Holm-Seppenser Mühlenschule ist an diesem Vormittag der Erste, der sich in die professionellen Hände von Karl-Heinz Meyer begibt. Fast eine Stunde lang hat Meyer die Kinder über die Handwerkskunst eines Friseurmeisters alter Schule aufgeklärt, er hat von Ondulierstäben, kalten Dauerwellen und Rasiermessern erzählt, und jetzt soll der praktische Teil des Termins folgen. Konzentriert verfolgt die Klasse, wie jeder Scherenschnitt des 84-Jährigen sitzt. „Das sieht super aus, Vincent! Viel besser als vorher“, lobt ein Freund das Ergebnis. Meyer blickt strahlend in den Klassenraum. „Wer will als nächster?“, fragt er in die Runde.

„Das alte Handwerk“ lautet der Name der Projektwoche, mit der der Kinder-Kulturpfad der Holm-Seppenser Künstlerin Miriam Bonner in das dritte Jahr geht. Im vergangenen Jahr hatten die dritten Klassen der Mühlenschule die Geschichte der Straßennamen Holm-Seppensens erforscht, um im Anschluss daran Infotafeln mit ihren jeweiligen Ergebnissen anzufertigen und sie im Ort aufzuhängen. Den Auftakt hatte ein Jahr zuvor eine Projektwoche zu Malern und Bildhauern in Holm-Seppensen gemacht, bei der neun Infotafeln entstanden.

Die Ergebnisse der diesjährigen Recherchen werden die Kinder ebenfalls schriftlich verarbeiten, damit der Kinder-Kulturpfad voraussichtlich im Sommer auf insgesamt 23 Schilder wachsen kann. Neben Friseur Meyer werden unter anderem auch ein Tischler, ein Bäcker und ein Schuster ihr Handwerk vorstellen. Im kommenden Jahr ist außerdem eine Gesamtschau des Kinder-Kulturpfads in der Buchholzer Stadtbücherei geplant, zuvor möchte Miriam Bonner gern eine vierte Projektwoche entweder zu alten Bräuchen oder zur Landwirtschaft veranstalten.

Die Klasse 3c ist aber zunächst einmal voller Eifer dabei, ihre Fragen an Friseur Meyer zu richten. „Wofür waren Sie im Ort bekannt?“, fragt Ella. „Für das Haarefärben“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. Meyer, eigentlich gebürtiger Hamburg-Eimsbütteler, hat seinen Beruf anfangs in Wennigsen an der Deister und dann bei seinem Vater im Büsenbachtal gelernt. Nachdem er zunächst nach Hamburg zurückkehrte, eröffnete er 1963 seinen Friseurladen an der Breiten Straße in der Buchholzer Innenstadt, in den heutigen Räumen der Commerzbank. „Es gab damals fünf Friseure in der Stadt, aber keiner traute sich richtig ans Färben“, sagt er. Er als sechster Friseur wagte sich in seinem „Salon der Dame“ an die Chemie und zauberte alles auf den Kopf, was das Frauenherz begehrte.

„An meinem ersten Tag habe ich gleich zwei Kundinnen von dunkel auf blond gefärbt“, erzählt er. Mit blond fühlten sich die Damen einfach jünger. Waschen, schneiden, föhnen, das waren damals wie heute die Hauptbetätigungen eines Friseurs. Nur die Arbeitsutensilien waren andere. Mit einem Rasiermesser beispielsweise habe man Männern die Barthaare entfernt – „am Anfang hatte ich immer Angst, dass ich jemandem die Kehle durchschneide.“ Heute greift man eher zum elektrischen Rasierer oder zum wohlgeformten Nassrasierer.

Was die Mode angeht, kam ein Friseur damals an einer Dauerwelle einfach nicht vorbei. Mit speziellen Wicklern verwandelte Meyer glatthaarige Frauen quasi täglich in Lockenköpfe. Als er dann aber selbst merkte, dass er mit der Zeit den Anschluss an die neuesten Trends verlor, entschloss er sich, 1988 seinen Laden zu verkaufen.

Auch Arnold Kahnenbley, bei dem die Klasse 3b fast zeitgleich zur 3c die Kunst des Schmiedens erkundet, hat sein Handwerk beruflich längst aufgegeben. Der Dorfschmied, Jahrgang 1942, hat dem Geschichts- und Museumsverein Buchholz und Umgebung kürzlich sein komplettes Inventar vermacht, das in der neu errichteten Museumsschmiede ausgestellt wird. Am 25. April soll die Eröffnung sein, die Mühlenschüler durften also schon mal vorab in den Raum schauen und den Schmied bei seiner Arbeit beobachten.

Die Abschlussveranstaltung der Projektwoche mit allen Beteiligten ist für Freitag in der Aula der Mühlenschule geplant.