Eckhard Pols (CDU) und Monika Scherf (parteilos) wollen Oberbürgermeister und Landrätin in Lüneburg werden

Lüneburg. In Landkreis und Stadt Lüneburg geht es am 25. Mai um die Wahl von Landrat und Oberbürgermeister. Die Amtsinhaber Manfred Nahrstedt und Ulrich Mädge treten wieder an. Eckhard Pols und Monika Scherf halten dagegen.

Hamburger Abendblatt:

Frau Scherf, Herr Pols, die Amtsinhaber Manfred Nahrstedt und Ulrich Mädge sitzen fest im Sattel. Kaum vorstellbar, dass jemand das eingeschworene Team aufbrechen kann.

Monika Scherf:

Wechsel tun einer Demokratie immer gut. Ich glaube, man kann das eingeschworene Team – wie Sie es nennen – aufbrechen, gerade weil es so ein enges Tandem ist. Wir als Kreis haben zu wenig Selbstbewusstsein, keine klare Kante, keine eigenen Ziele und Prioritäten. Ich glaube, dass ich als parteilose, jüngere Frau dort einen Kontrapunkt setzen kann. Ich mache einige Dinge anders, gerade im Führungsverhalten.

Sie haben es als Kandidat noch schwerer, Herr Pols. Ihr Konkurrent steht seit 1996 in seiner jetzigen Funktion an der Spitze des Rathauses.

Eckhard Pols:

In der Tat. Manch junger Mensch in Lüneburg kennt ausschließlich Ulrich Mädge als Oberbürgermeister. Das zeigt, es ist jetzt Zeit für einen Wechsel. Vieles hat sich eingeschliffen, Ulrich Mädge regiert wie ein Monarch mit Tunnelblick. Ich sehe die Aufgabe eher als Teamsport, bei dem zwar einer die Verantwortung trägt, aber alle anderen einbindet.

Was macht der Oberbürgermeister denn falsch?

Pols:

Eins meiner Hauptthemen ist die Verschuldung. Warum wird beispielsweise der kleine Park an der Bastion für 300.000 Euro verschönert? Doch nur, weil es Fördergelder dafür gibt. Trotzdem müssen wir als Hansestadt 100.000 Euro selbst aufwenden, und von den Folgekosten für die Pflege ganz zu schweigen – an die denkt bisher niemand. Sicher wäre das schön, aber wir haben das Geld einfach nicht. Es hätte gereicht, wenn das Grünflächenamt dort einmal mehr pro Jahr durchgeht.

Scherf:

Dasselbe gilt für den Kreis. Wir dürfen uns nicht von Fördermitteln verleiten lassen, Dinge anzuschieben. Wir müssen stattdessen eigene Prioritäten setzen.

Pols:

Ein weiterer Aspekt sind die sogenannten PPP-Projekte, die öffentlich-privaten Partnerschaften zum Beispiel beim Neubau des Musikschulkomplexes. Das sind Schattenhaushalte, die im normalen Haushalt nicht auftauchen und die Stadt aber Geld kosten.

Herr Pols, Sie haben keine Verwaltungsausbildung und keine Erfahrung in der Verwaltungsarbeit. Ist das ein Hindernis für Ihr angestrebtes Amt als Oberbürgermeister?

Pols:

Im Gegenteil. Die Position der gewählten Hauptverwaltungsbeamten ist ja gerade so geschaffen worden, dass sie nicht durch Verwaltungsleute besetzt werden müssen. Als Unternehmer kann ich mit Zahlen umgehen und bringe eine andere Blickrichtung mit ein. Eine Stadt muss man ähnlich wie ein Unternehmen führen, wenn ich etwas nicht erwirtschafte, kann ich es auch nicht ausgeben. Natürlich wird das nicht einfach sein und ich werde mir das nötige Knowhow aneignen, auch, um mich von der Verwaltungsstruktur nicht lahmlegen zu lassen.

Was läuft schief in Stadt und Landkreis Lüneburg?

Scherf:

Seit der Entschuldung haben wir Liquiditätskredite in Höhe von 35 Millionen Euro. 2012 haben wir ausgemacht, sie innerhalb von zehn Jahren abzubauen und den Kommunen nur dann etwas von unseren Überschüssen auszuzahlen, wenn sie über 3,5 Millionen Euro im Jahr liegen. Jetzt liegen sie niedriger, von Entschuldung ist plötzlich keine Rede mehr, fast alles wird an die Kommunen – also auch die Hansestadt Lüneburg - ausgezahlt. Die Abmachung zum Schuldenabbau ist damals nicht unterschrieben worden, das ist verantwortungslos. Es gab keine Notwendigkeit, jetzt hinter die eigenen Ziele zurückzutreten: Kaum eine Kommune ist tatsächlich in Not, fast alle haben höhere Einnahmen erzielt.

Pols:

Wir als Stadt haben höhere Steuereinnahmen und kommen trotzdem nicht mit unserem Geld aus. Wir müssen uns auf unsere Kernaufgaben konzentrieren.

Wie sähe Ihr Alternativ-Tandem zum bestehenden aus?

Scherf:

Der Leitspruch „Stadt und Land, Hand in Hand“ ist derzeit nicht wirklich mit Leben gefüllt. Es ist ein Diktat, kein Miteinander. Dabei profitiert die Stadt vom Umland genauso wie das Umland von ihr. Ich erkenne die besondere Bedeutung der Stadt für die Gesamtregion an, würdige ihre Lasten und Leistungen. Der Rest darf aber nicht zu kurz kommen. Wir würden ehrlicher miteinander umgehen und transparenter machen, was für die ganze Region gut ist.

Pols:

Der derzeitige Oberbürgermeister regiert in den Kreis hinein.

Was passiert mit den Plänen für eine Großstadt Lüneburg, Stichwort Eingemeindung?

Pols:

Ich werde das Thema nicht forcieren. Wenn Gemeinden auf mich zukommen: gerne. Aber wenn einige reiche Gemeinden im Speckgürtel zu Lüneburg gehörten – was bliebe dann übrig? Ich muss auch überlegen, was damit verloren ginge.

Scherf:

Über die Bildung von Einheitsgemeinden muss vor Ort entschieden werden. Die Verwaltung wäre effizienter, daher ist es gut, dass die Diskussion geführt wird. Sie braucht aber vielerorts noch Zeit.

Pols:

Ein Problem der Zukunft wird sein, die Räte mit guten Leuten zu bestücken. Kein normaler Arbeitnehmer kann das heute leisten.

Welche Themen stehen nach der Wahl am 25. Mai an?

Pols:

Die Kita-Gebühren, der Flugplatz, die Stiftungen. Das Gebührenmodell der Kitas muss völlig neu aufgestellt werden, wir brauchen eine andere Verteilung. Ich will da auch weiter unten ansetzen: Eltern mit geringem Einkommen sollten ebenso einen Anerkennungsbeitrag leisten.

Scherf:

Ich will prüfen, ob die Energienetze nicht in kommunaler Hand besser aufgehoben wären. Für den Hochwasserschutz muss die Verbuschung schnell zurückgeschnitten werden, das müssen wir in Brüssel klar machen. Für das Thema Breitband muss eine geschickte Lösung für Glasfasernetze gefunden werden, und die Brücke über die Elbe würde ich zur Chefsache machen. Gemeinsam mit unseren Nachbarlandkreisen will ich mich für eine bessere Anbindung nach Hamburg stark machen: engere Taktung, mehr Waggons, längere Gleise in Hamburg.

Wo wollen Sie Mittel streichen, Stichwort ist der von Ihnen beiden angestrebte Schuldenabbau?

Pols:

Ich würde den zugesagten Anteil der Hansestadt am Audimax der Leuphana nicht um einen Euro erhöhen. Auch beim Museum habe ich große Befürchtungen, dass es nicht bei den angepeilten knapp zehn Millionen Euro bleibt. Die Kulturbäckerei wird auch keine Nullnummer, wie uns einmal weisgemacht wurde. Den Park an der Bastion hätte ich nicht angefasst, wie gesagt. Ansonsten gibt es keine Projekte, die zu stoppen wären. Bevor ich neue starte, würde ich erst einmal einen kompletten Kassensturz machen und den Haushalt auf den Kopf stellen. Denn der ist intransparent und selbst für Ratsmitglieder überhaupt nicht nachvollziehbar.

Scherf:

Wir geben viel Geld für Bildung in Schulen und Krippen aus, das wird auch so bleiben. Ansonsten müssen alle Aufgaben überprüft und Investitionen auf ihre Folgekosten untersucht werden. Außerdem will ich eine feste Quote für den Schuldenabbau. Wir hangeln uns hier von Jahr zu Jahr, das geht so nicht weiter. Wir brauchen eine Selbstverpflichtung, das kann an der einen oder anderen Stelle vielleicht schmerzhaft werden, muss aber sein.