Irma Kunstmann war jahrzehntelang das Herz des Gasthauses zum Kiekeberg. Jetzt starb sie mit 87 Jahren

Ehestorf. Irma Kunstmann ist tot. Im Alter von 87 Jahren starb sie „friedlich auf ihrem Kiekeberg“, heißt es in der Todesanzeige, die jetzt im Abendblatt erschien. Mit Irma Kunstmann, ehemals Schuster, ist eine echte Institution auf dem Kiekeberg von uns gegangen. Generationen von Hamburger Schulkindern haben mit der Gastwirtin aus Leidenschaft im Museumsbackhaus im Freilichtmuseum am Kiekeberg Brot gebacken. Eben dieses Brot, mit Butter oder Schmalz bestrichen, haben Generationen von Besuchern des Hubertusmarktes und Gäste im Gasthaus Kiekeberg genossen. Ihr selbst gebackenes Brot war eines ihrer Markenzeichen.

Jeder, der Irma Kunstmann im Freilichtmuseum, im Gasthaus und in ihrer Gasthaus-Küche erlebt hat, hat sie als beeindruckende Persönlichkeit in Erinnerung gehalten. Geboren wurde sie 1927 als Irma Schlobohm in Würchwitz in Schlesien als jüngste von drei Mädchen. Im Jahr 1945 machte sie in Stolp ihr Abitur. „Eigentlich war meine Mutter als Gastwirtin überqualifiziert, würde man heute sagen. sie wollte Landwirtschaft studieren, kam aber nie dazu“, sagt ihr Sohn und Nachfolger auf dem Kiekeberg, Heinrich Schuster.

Auf der Flucht 1945 vor den russischen Alliierten, die Mutter und der Vater, ein diplomierter Landwirt, der in Schlesien landwirtschaftliche Güter saniert hatte, waren bereits tot, kam Irma Schlobohm in den Rosengarten. Kurz darauf trat sie, inzwischen 22 Jahre alt, als Kindermädchen eine Stelle bei der Familie Kunstmann in Hamburg Lemsahl an. der zweitälteste Sohn Heiner, damals acht Jahre alt, sollte Jahre nach dem Tod von Heinrich Schuster ihr zweiter Ehemann werden. einige Zeit darauf verliebte sich die junge Irma in den Gastwirt auf dem Kiekeberg, Heinrich Schuster. damit war auch ihre berufliche Zukunft besiegelt.

„Stein für Stein haben meine Mutter, mein Vater, meine Tante und mein Onkel, eigentlich die ganze Familie den völlig zerstörten Gasthof wieder aufgebaut“, sagt Sohn Johannes Schuster. Aus dieser Zeit stammt auch der große holzbefeuerte Herd in Irma Kunstmanns Küche, auf dem sie bis zu ihrem Ruhestand täglich für die Gäste auf dem Kiekeberg kochte, ganze Hochzeitsgesellschaften mit mehrgängigen Menüs bekochte.

„Eines Tages kam Professor Willi Wegewitz zu meinen Eltern. Er wollte auf dem Grundstück, das damals noch meinen Eltern gehörte, ein Museum aufbauen“, erinnert sich Johannes Schuster. Die Schusters stimmten zu. Das war der Grundstein für das heutige Freilichtmuseum am Kiekeberg. Irma Schuster war in ihrem Element, wenn sie Schulklassen zeigte, wie früher auf dem Land Brot gebacken wurde. Sie engagierte sich ehrenamtlich, obwohl das Gasthaus all ihre Kraft brauchte. „Es gab Tage, da ging meine Mutter mit uns Kindern morgens zum Markt, um einzukaufen und hatte in der Nacht vorher überhaupt nicht geschlafen, weil sie eine Hochzeitsgesellschaft im Gasthausbeköstigt hatte“, so ihr Sohn. Heute wisse er, so Johannes Schuster, wie viel Zeit und Arbeit es koste, einen solchen Betrieb am Laufen zu halten.

Im Laufe der Jahre hat Irma Kunstmann mit ihrem damaligen Mann, aber vor allem mit ihrem einzigartigen Stil, das Gasthaus auf dem Kiekeberg zu dem Ausflugslokal im Hamburger Süden gemacht, das es noch heute unter der Regie ihres Sohnes Heinrich ist. Drei Kinder zog sie ganz nebenbei auf. Ihren gesunden Geschäftssinn hat sie an ihre beiden Söhnen Heinrich und Johannes Schuster weitergegeben. Johannes Schuster baute die Flotte der roten Doppeldecker-Touristenbusse in Hamburg auf. Erst im Februar wurde dem „König der Doppeldecker“ im Hamburger Rathaus die „Medaille für Treue Arbeit im Dienste des Volkes in Silber“ verliehen.

Im Jahr 2000 heiratete die inzwischen verwitwete Irma Schuster Professor Heiner Kunstmann. Viele Gäste und Besucher hatten zu Anfang arge Probleme, sich an den neuen Namen zu gewöhnen. Bis dahin kochte sie noch regelmäßig auf ihrem alten Holzofen und backte das Brot, das im Gasthaus auf dem Kiekeberg serviert wurde. Und sie blieb natürlich auf „ihrem Kiekeberg“ wohnen. Ihr Brotrezept und all die anderen Rezepte aus dem Gasthaus gab sie an Sohn Johannes Schuster weiter. Immer seltener sah man sie im Gasthaus. „Ihre Beine machten ihr nach all den Jahren am Herd inzwischen große Probleme. Zuletzt saß meine Mutter im Rollstuhl“, sagt Johannes Schuster, der sich bis zum Schluss immer noch den ein oder anderen Ratschlag von seiner Mutter in Sachen Gastronomie abholte. Aber inzwischen steht auch schon mit der 28 Jahre alten Irma Schuster, Tochter von Johannes Schuster, die dritte Generation auf dem Kiekeberg in der Gaststube. Ein Trost für die Nachwelt: Enkelin Irma hat das Brotrezept.