New-York Hamburger Gummi-Waaren: Gesundheitsbehörde lehnt Wohnungsbau wegen Nitrosamin-Verseuchung ab

Harburg. Die Zeichen stehen schlecht für die denkmalgeschützte Fassade der alten New-York Hamburger Gummi-Waaren (NYH). Die Realisierung des Bauvorhabens EcoCity auf dem Gelände der alten Fabrik zwischen Neuländer Straße, Hannoverschen Straße und Nartenstraße scheint nach derzeitigem Sachstand nur noch umsetzbar, wenn die Fassade abgerissen wird. Das Amt für Denkmalschutz, das in Hamburg der Kulturbehörde untersteht, hat aber bislang einem Abriss dieser für Harburg so wichtigen Denkmalgeschützten Fassade nicht zugestimmt. Stimmen die Denkmalschützer einem Abriss aber nicht zu, könnte das gesamte Wohnungsbau-Projekt, für das ursprünglich schon in diesem Frühjahr der Baubeginn geplant war, scheitern.

Bereits 2011 waren die Pläne des bayerischen Investors EcoCity für die Industriebrache im Binnenhafen bekannt geworden. Gebaut werden sollten Wohnungen, Büroräume, ein 65 Meter hoher Hotelneubau, Gewerberäume und ein Parkhaus. Die alte NYH-Fassade sollte stehen bleiben. Im Jahr 2012 kam nach einer Untersuchung der alten Gemäuer die Hiobsbotschaft für den Investor: Bei Messungen der Fassade wurden als krebserregend eingestufte Nitrosamine festgestellt, offensichtlich eine Folge der mehr als hundert Jahre langen industriellen Nutzung der Gebäude. Die Pläne mussten neu überdacht werden. Das Ergebnis: Der Investor schlug dem Bezirk Harburg, die baugenehmigende Behörde, vor, mit den neuen Wohngebäuden einen Abstand zur alten Fassade, die nach den Plänen des Investors auch als Lärmschutz dienen sollte, von 1,50 Meter einzuhalten.

Diesen Plänen erteilte jetzt die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz eine Absage. Würden dort Wohnungen gebaut, so heißt es aus der Fachbehörde, dürfe der Nitrosamine-Wert nicht 1 Nanogramm i den Wohnungen nicht überschreiten. Laut Informationen des Abendblatts soll es aus der Gesundheitsbehörde gar den Vorschlag gegen haben, der Investor könne bauen, in den neuen Wohnungen werde dann noch einmal gemessen. Das Risiko trage der Investor. Es sei „aber erforderlich, dass nach Fertigstellung des Projektes Messungen unter realen Wohnbedingungen mit dieser Bestimmungsgrenze durchgeführt werden“, heißt es auf Nachfrage des Abendblatts aus der Behörde. „Das ist ein Witz. Natürlich investiert kein Mensch mit dem Risiko, der Neubau ist dann nicht nutzbar, weil giftige Ausdünstungen vorhanden sind“, kommentiert der CDU-Fraktionschef in der Harburger Bezirksversammlung, Ralf-Dieter Fischer den Vorschlag.

Unlängst habe es ein Gespräch zwischen den beteiligten Behörden und dem Investor gegeben. „Bei diesem Gespräch konnte sich niemand auf den anderen zubewegen“, sagt Harburgs Baudezernent Jörg Heinrich Penner. Man sei an einem Punkt angelangt, so Penner weiter, an dem sich „die Rahmenbedingungen für das Projekt geändert haben. Und im Moment ist noch keine Lösung zu sehen, wie es weiter gehen könnte“. Zumindest der gesamte östliche Teil des beplanten Gebietes stehe jetzt zur Disposition, so Penner. Enno Isermann, Sprecher der Hamburger Kulturbehörde, bestätigt das Gespräch. „Vor diesem Hintergrund hat der Projektentwickler bei uns angefragt, ob ein Abriss der Fassade möglich wäre“, so Isermann.

Der Behördensprecher macht keinen Hehl daraus, dass dem Denkmalschutzamt gerade diese Fassade, „besonders am Herzen“ liege, zumal die Behörde schon beim Abriss der inneren Gebäudeteile bereits enorme Zugeständnisse gemacht habe. „Der Investor muss uns wirklich sehr plausibel darstellen, warum eine andere Nutzung hinter der historischen Fassade wirtschaftlich nicht darstellbar sein soll, bevor wir uns da bewegen“, sagt Enno Isermann. In diesem Zusammenhang verweist Isermann auf die Hamburger Hafencity. Dort hätten in direkter Nähe des Kreuzfahrtterminals auch keine Wohnungen, sondern lediglich Bürogebäude gebaut werden dürfen. Ähnliches könnte man sich also beim Denkmalschutzamt in Hamburg auch für den Bebauungsplan Harburg68 vorstellen.

Andererseits: Gelingt es dem Investor, der Behörde schlüssig dazulegen, dass sich das Neubauprojekt im Harburger Binnenhafen wirtschaftlich nur dann lohne, wenn auch Wohnungen hinter der ehemaligen Fabrikfassade gebaut würden, bleibt den Denkmalschützern in Hamburg keine Wahl. Sie müssen dann einem Abriss zustimmen. Aus Sicht von Jürgen Heimath, SPD-Fraktionschef in der Harburger Bezirksversammlung, ist die Sache klar. „Gesundheit geht vor“, sagt er, und dann müsse eben die Fassade abgerissen werden. Dass das ganze Projekt inzwischen auf der Kippe steht, „würde ich nicht sagen wollen. Ich könnte mir an dieser Stelle auch vorstellen, dass die historische Fassade wieder aufgebaut wird“, sagt Heimath.