Puppenspieler erreichten in Winsen nur die Putzfrau. Stadthallen-Pächter: Vorstellung hätte nicht ausfallen brauchen

Winsen. Theater ums Theater. Für den „kleinen Raben Socke“ blieben am Sonnabend die Türen der Winsener Stadthalle geschlossen. Die Kammerpuppenspiele Bielefeld mussten unverrichteter Dinge wieder abreisen. „Unterwegs haben wir unseren Gästen, die mehr als 200 Karten vorbestellt hatten, telefonisch Bescheid gesagt, dass die Vorstellung ausfällt“, sagte der Leiter der Puppenspiele, Stefan Kühnel, am Montag dem Abendblatt.

Bei einem Eintrittspreis von 8,50 Euro entgingen dem Theater zumindest knapp 2000 Euro an Einnahmen. „Diesen Schaden möchten wir gern ersetzt haben“, sagt Kühnel. Der Pächter der Stadthalle, Joannis Kourkoutidis, jedoch hält dagegen: „Die Theaterleute sind zu früh gekommen und hatten keine Geduld.“ Der Grieche, der seit Anfang des Jahres neuer Pächter der Halle ist, ist sich so keiner Schuld bewusst.

Für Kühnel ist dagegen klar: „Wir waren so wie im Januar verabredet, kurz vor 12 Uhr an der Stadthalle.“ Dort habe ihnen aber keiner geöffnet. Selbstverständlich habe man auch versucht, den Pächter telefonisch zu erreichen. Erreichen konnten die Ostwestfalen, die über Tournee-Erfahrungen nicht nur in Deutschland sondern auch in Österreich, der Schweiz und Belgien verfügen, aber nur eine Dame, die kaum Deutsch sprach und verstand. „Sie beendete das Telefonat. Danach nahm niemand mehr der Hörer ab,“ so der 36-Jährige Theaterchef. Als dann nichts weiter geschah, entschlossen sich Kühnel und sein Mitarbeiter Stephan Hofmann um 13.10 Uhr die Vorstellung abzusagen. Sie sollte um 15 Uhr beginnen. „Für den Aufbau brauchen wir aber zwei Stunden. Es wäre für uns zu knapp geworden“, versichert der Leiter der Kammerpuppenspiele.

Kourkoutidis jedoch sieht das Geschehen anders. Die Dame am Telefon war seine Putzfrau und mit ihr hätte man sich verständigen können, sagt er. „Das Wort Theater versteht man doch in allen Sprachen.“ Der Pächter hatte zuvor in der Halle schon die Stühle für die Besucher aufgebaut. „Auf unserer Seite war alles okay.“ Die Mitarbeiter des Theaters seien schlicht zu früh gekommen, zu einer Zeit, zu der er gerade einkaufen war. „Hätten sie nur zehn Minuten länger gewartet, wäre alles nicht so gekommen.“

Damit steht nun Aussage gegen Aussage. Klar ist: Den Winsener Puppentheaterliebhabern und ihren Kindern ist einiges entgangen. Denn die Bielefelder, die unter anderem mit Handpuppen, Marionetten oder Stabfiguren auf jährlich 300 Vorstellungen kommen, sind seit 2005 als Profis im Einsatz. Ihr Umsatz liegt zwischen 200.000 und 300.000 Euro, das Theater schreibt auch ohne Subventionen schwarze Zahlen. In Bielefeld haben die Kammerpuppenspiele ein eigenes Theater und waren auch schon Gäste des Europäischen Parlaments, das sie zum Vorspielen nach Brüssel eingeladen hatte. „Bis zum Jahresende werden wir es nun nicht mehr schaffen, das Stück mit dem kleinen Raben Socke in Winsen aufzuführen. Wir sind ausgebucht“, sagt Kühnel, ein studierter Opernsänger.

Immerhin besteht aber dennoch zeitnah eine Möglichkeit, das Theater noch zu sehen – in Hamburg. Dort gastieren die Kammerpuppenspiele in der Barmbeker „Burg – Theater am Biedermannplatz“. Ihre Vorstellungen sind vom 16. bis zum 23. März geplant. Allerdings wird dort nicht der „Der kleine Rabe Socke“ auftreten, sondern es geht um den „Ritter Rost und die Hexe Verstexe“.

Noch am Montag schaltete sich Simone Wempe, Mitarbeiterin des Stadt-Marketings, ein. Schließlich gehört die Halle der Stadt Winsen, hatte Wempe den neuen Pächter mit vermittelt und das Stadt-Marketing fungiert als Ansprechpartner für die Halle. „Zwischen dem Theaterchef und dem Stadthallenpächter hat es offensichtlich ein zeitliches Missverständnis gegeben“, sagte Wempe, nachdem sie mit beiden Parteien gesprochen hatte.

Bleibt der entstandene Schaden durch die fehlenden Einnahmen für die Puppenspieler. Wempe: „Wie sie den regeln wollen, müssen Kühnel und Kourkoutidis untereinander ausmachen.“