Sechs Männer und Irina Zimmermann stellen sich in einem Kettensägenkursus den kleinen Giganten der Wälder

Klecken/Bendestorf. Laut heulen sie auf, die Motorsägen. Ihr Geräusch durchbricht die Stille des Fichtenwaldes. Es kündigt den Garaus mehrerer Bäume an. Die Kettensäge schwingt nicht – wie erwartet – ein breitschultriger Holzfäller mit Karohemd und Bart. Es ist eine zierliche, junge Frau, die hier den Motor angeschmissen hat. Sieht man sie so vor sich, könnte man schon daran zweifeln, dass sie es überhaupt schafft, die 4,3 Kilo schwere Kettensäge auch nur hochzuheben. Doch Irina Zimmermann (32) beweist an diesem Tag eindrucksvoll, dass das Motorsägen keine reine Männersache ist. Ohne Vorkenntnisse stellt sich die Gärtnerin dem Abenteuer „Motorsägenkurs für Brennholzselbstwerber“. Weder von der imposanten Kettensäge, noch von den zunächst skeptischen Blicken der Männer lässt sie sich einschüchtern. „Als ich in den Raum zur Theoriestunde kam, musterten mich die Männer abschätzig. Frauen und Kettensägen – das schien ihrer Meinung nach doch nicht ganz zusammen zu passen. “

„Starke Frauen braucht das Land“, hallt die Stimme von einem der Teilnehmer durch den Wald. Irina ist kurz davor, ihren ersten Baum niederzustrecken. Die Männer um sie herum geben ihr Hilfestellungen, feuern sie regelrecht an. Den Baum mit dem Fällheber für sie umzustoßen, das wagt keiner, obwohl es sich durchaus um hilfsbereite Herren mit Manieren handelt. „Sie hat die ganze Arbeit alleine gemacht, nun gebührt ihr auch die Ehre, den Baum zum Fallen zu bringen“, sagt einer der Männer. Mit einem lauten Knacken fällt der Baum zu Boden. Irina wischt sich mit einem tiefen Atemzug den Schweiß von der Stirn.

„Einen Baum zu fällen ist nicht so leicht wie es aussieht – man schneidet schließlich keine Butter durch“, sagt sie. Das Wichtigste an diesem Kurs ist für sie, sich mit der Motorsäge vertraut zu machen, für die Schwingungen und Kräfte ein Gefühl zu bekommen und der körperlichen Anstrengung Stand zu halten.

Wer also denkt, einen Baum ganz einfach mit einem Schnitt fällen zu können, der schneidet sich am Ende nur ins eigene Fleisch. In dem Motorsägenkursus für Brennholzselbstwerber wollen die Teilnehmer einen Schein erwerben, der ihnen später gestatten wird, einen Baum mit einem Durchmesser von 20 bis 25 Zentimetern umzulegen. „Selbst geschlagenes Holz wärmt mehrmals“, erklärt einer der Männer. „Erst fällt man den Baum, dann sägt man ihn ofenfertig und letztlich wärmt es einen vor dem Kamin.“

So ein romantisches Feuer kann aber heutzutage ziemlich kostspielig sein. Die Brennholzpreise steigen. Und mit ihnen die Beliebtheit der von der Landwirtschaftskammer angebotenen Kurse. Man könnte von einem Trend reden: Hin zum Brennholz-Selbersägen beim örtlichen Förster. Die Kursteilnehmer betonen aber, dass der Spaß für sie nicht an erster Stelle steht, sondern die Sicherheit und das Fachwissen im Umgang mit der Kettensäge.

In Neonfarben gekleidet streunen die Sägeschüler durch den Wald. Sieben Motorsägen liegen bereit. Drei Teilnehmer arbeiten mit einer geliehenen Säge, die anderen haben ihre eigenen Werkzeuge mitgebracht. Die Euphorie ist ansteckend und der Tatendrang groß. „Mit drei Mann waren wir in der Sahara, seitdem steht dort kein Baum mehr“, witzelt Erwin Bauer (70) und auch im zertifizierten Fichtenwald würde sich am Ende des Tages wahrscheinlich kaum noch ein Baum in der Senkrechten befinden, wenn Ausbilder Axel Hartge (52) die Umlegelust der Teilnehmer nicht stoppen würde. Denn ohne Vorsicht geriete das Motorsägen schnell zu einem Himmelfahrtskommando. Fallende Bäume sind schwer berechenbar. „Ich muss die Teilnehmer oft ermahnen, nach links und rechts zu gucken, weil sie mit der Motorsäge in der Hand schon mal alles um sich rum vergessen“, sagt Hartge.

Manchmal bringen aber nicht einmal Kettensäge und Manneskraft einen Baum zum Fall. Erwins erster Baum ist hartnäckig. Die Fichte hat sich in den Ästen der Nachbarbäume verfangen. Sieben Personen sind nötig, das dünne Bäumchen umzuschubsen. „Wer einen Baum fällen will, muss immer erst nach oben schauen“, predigt der Ausbilder. Der Forstwirt bildet als Beamter der Landwirtschaftskammer die zukünftigen Hobby-Holzfäller aus. Nachhaltiges Abholzen will Hartge den Teilnehmern vermitteln. Naturschutz, Baumkunde, Totholzerhalt gehören also genauso wie das Tanken der Motorsäge und den möglichen Gefahren zum Fachwissen dazu. „Respekt vor Natur und Technik ist das Wichtigste. Man muss hier draußen im Wald mit allem rechnen“, warnt Hartge. Um die 400 Kurse hat er in schon gegeben. Nur drei Teilnehmer haben sich ungeschickterweise in die Hose gesägt.