Rainer Rempe (CDU) tritt am 25. Mai zur Wahl gegen Thomas Grambow (SPD) an. Der Jurist will seine Strategie am 6. März mit der Partei abstimmen

Winsen/Ehestorf. Ein Montag im Oktober 1992 markiert den Anfang der Karriere. Vor dem Kreistag Harburg bewirbt sich der Jurist Rainer Rempe, damals 30, für das Rechtsamt. Fragen über Fragen. Auch von Heiner Schönecke, der heute noch für die CDU in dem Gremium sitzt. „Haben Sie gedient?“ Nein, hat Rempe nicht, obwohl er oder gerade weil er als Kreisläufer und Spielmacher in der Handball-Oberliga aktiv war und dabei Schäden an den Knien davontrug. Trotzdem bekommt er den Job und bleibt bis heute. Jetzt aber kommt wieder so ein Tag auf Rempe zu. Es ist der 25. Mai. Dann will er Landrat werden und damit an die Spitze des Kreises rücken. Dieses Mal wird der entscheidende Tag ein Sonntag sein.

Es ist früher Nachmittag als Rempe jetzt im Agrarium des Museums Kiekeberg in Ehestorf steht, das der Landkreis großzügig fördert. Den Ort für das Interview zwischen alten Landmaschinen und Traktoren hat er sich ausgesucht. Anders als sein Herausforderer Thomas Grambow (SPD), der schon im November in sein Eigenheim in Neu Wulmstorf gebeten hatte. Auch Rempes Frau Brigitte, eine Jugendliebe aus seinem Heimatort Cloppenburg, ist nicht dabei. Wie ihr Mann ist Brigitte Rempe Juristin, hat als Staatsanwältin gearbeitet und mit ihrem Mann ein Tochter und einen Sohn. „Sie steht zu dem neuen Karriereschritt. Da gibt es für uns keine Probleme“, sagt Rempe. Die Termine ihre Mannes ist sie gewohnt. Schließlich ist er bereits seit 2007 zweiter Mann im Kreis, gewählt von den Politikern im Kreistag mit nur zwei Gegenstimmen.

Ebenfalls im Gegensatz zu Grambow, der in diesen Tagen von Haustür zu Haustür zieht, hat sich Rempe für einen anderen Wahlkampf entschieden. „Es wird gefährlich, wenn die Menschen das Thema nicht mehr sehen und hören können“, sagt er. So soll am 6. März bei einer Wahlkreiskonferenz die Strategie mit den Vorständen der CDU-Ortsverbände abgestimmt werden. Er wird viel unterwegs sein, in Fußgängerzonen etwa, mehr aber will er noch nicht verraten. Auch der Wahlslogan wird erst nach dem 6. März vorgestellt. Selbstbewusst ist Rempe. Er glaubt an seine Kompetenz, setzt auf seine Erfahrung und weiß sich in Hamburg und in der Metropolregion anerkannt. „Mit den Entscheidern dort gibt es einen vertrauensvollen Umgang.“ Wichtiger noch: „Ich bewege mich mit ihnen auf Augenhöhe.“

Das ist ohne Zweifel eine Folge der Kontinuität von Ausbildung und Arbeit. Alles beginnt nach dem Abitur mit zwei Semestern Wirtschaftswissenschaften und Englisch in Oldenburg und dem Wechsel zum Jurastudium mit Schwerpunkt Wirtschaft in Osnabrück. Nur gut 60 junge Menschen studieren dort und sind bei ihren Professoren rasch mit Namen bekannt. Eine familiäre Atmosphäre, die Rempe genießt. 1989 schließt er dort ab und zieht in das dreijährige Referendariat. Er will Anwalt werden. Doch nach jeweils dreimonatigen Stationen unter anderem beim Landgericht und Oberlandesgericht Oldenburg, bei der Staatsanwaltschaft, Anwaltskanzleien, Bezirksregierung und der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer zieht es ihn in die Kommunalverwaltung. Möglichst nah will er mit seinen Entscheidungen am Bürger sein. Der Ort dafür ist seit 1992 die Kreisverwaltung in Winsen.

Dort gelingt Rempe der Aufstieg vom Assessor zum Ersten Kreisrat innerhalb von 15 Jahren. Unterbrochen von einem Jahr, während dem er an die Bezirksregierung Lüneburg als Dezernent für Personal und Organisation sowie für Lehrerpersonalien ausgeliehen wird, geht es Stufe für Stufe nach oben. Vier Jahre lang bis ins Jahr 2000 ist er zudem federführend bei einem internen Projekt der Verwaltung, bei dem es um eine effizientere und schlankere Arbeit, Führung und Kontrolle geht. „Dabei habe ich gelernt, die Dinge von außen zu sehen, zu beurteilen, ob wir ein guter Dienstleister sind“, sagt Rempe. Unter den Landräten Axel Gedaschko (CDU) und Joachim Bordt (FDP) rückt Rempe auf, wird 2003 einstimmig zum Kreisrat gewählt und 2007 Erster Kreisrat. Das Amt soll nun sein Sprungbrett werden für Platz eins im Kreis.

Dafür ist er im September 2013 in die CDU eingetreten. Zwar ist er bisher ohne Parteibuch „gut gefahren“, wie er sagt. Aber als Kandidat wollte er den Wählern zeigen, wo sie ihn einordnen können. Denkt er konservativ? „Ja“, sagt der frische CDU-Politiker, „Ich halte am Bewährten fest, wenn es bewährt ist. Aber ich habe auch keine Probleme damit, Themen weiter zu entwickeln. Das ist für mich Bürgernähe.“ Unterstützt wird er auch von der FDP und der Wählergemeinschaft, die mit der CDU eine Fraktion im Kreistag bildet.

Themen für die Zukunft gibt es genug: Windkraft, Flüchtlinge, Naturschutz. Besonders liegen Rempe die Arbeitsplätze im Kreis am Herzen. Pro 100 Einwohner sind es derzeit 19, im Kreis Lüneburg aber 26. Da bleibt noch Luft nach oben. 450 Millionen Euro an Kaufkraft gehen dem Kreis jährlich verloren, weil die 54.000 Pendler an ihrem Arbeitsort, also vor allem in Hamburg, einkaufen. Rempe will gegensteuern, Jobs schaffen, gute Bedingungen für Ansiedlungen, den Mittelstand pflegen, der aus 11.600 Firmen mit im Schnitt nur knapp vier Angestellten besteht. Dazu versuchen, attraktive Einzelhändler vor die Tore Hamburgs zu holen.

Erreichbar ist der Kreis, umgeben von Autobahnen über 17 Ausfahrten. Aber die Verkehrsanbindung ist eben nicht nur Segen, sondern auch Fluch. Natürlich soll der Schienenverkehr besser werden. Aber auch Rempe fürchtet Nachteile durch die neuen Planungen für die Y-Trasse, über die Containerzüge zu und von den Häfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven über Hannover nach Süden gelenkt werden sollen. „Wir werden bei neuen Linienführungen Hauptbetroffene sein“, sagt der Landratskandidat. „Da erwarten wir frühzeitig in die Überlegungen und die Raumordnungsverfahren einbezogen zu werden. Ohnehin ist für uns schwer zu verstehen, warum nicht bei den vorhandenen Plänen geblieben wird, jedenfalls wenn die Zeit drängt.“

Die Zeit wird noch knapper werden, wenn Rempe die Wahl gewinnt. Bleiben einige Stunden, joggt er nahe seinem Haus in Borstel durch die Feldmark, fährt Fahrrad oder Inliner mit seiner Tochter. An seiner Handballerfigur hat sich mit 51 Jahren wenig geändert. Spaß macht ihm der Garten auf dem 900-Quadratmeter-Grundstück, obwohl er nach seinem Umzug gemerkt hat, wie viel Arbeit darin steckt. Mitunter steht er am Herd und kocht, gern asiatisch. Sein Sohn mag seine Erbsensuppe.

Was aber wird, wenn er die Wahl verliert? Wenn sein Gegner im Wahlkampf sein Chef wird? Darüber hat er bisher nur wenig nachgedacht. Grambow kennt er kaum, hat ihm einmal die Hand geschüttelt. Aber Rempe gibt zu: „Es wäre eine gewöhnungsbedürftige Konstellation.“