Ab sofort können Harburger ihre Backwaren nicht mehr bei Dierk Eisenschmidt kaufen

Harburg. So viele Gäste wie am Freitag hätte Dierk Eisenschmidt in der 38-jährigen Zeit seiner Konditorei gerne jeden Tag begrüßt. Zahlreiche Stammkunden und Freunde stießen mit dem 74-Jährigen auf den letzten geöffneten Tag, der gleichzeitig sein Geburtstag war, an. Dicht gedrängt standen die Kunden beieinander und genossen ein letztes Mal die belegten Brötchen und süßen Kuchen. Mit Blumen und besten Zukunftswünschen verabschiedete man den traditionellen Betrieb gebührend. Nachdem Eisenschmidt zwischenzeitlich 32 Mitarbeiter und fünf Geschäfte leitete, schließt nun auch seine letzte Konditorei.

„Warm und satt“ wollte Eisenschmidt in seinem Leben immer sein und so befolgte er den Rat seiner Mutter, Konditor zu werden. So kam es, dass der gebürtige Harburger am 19. Mai 1964 als damals jüngster selbstständiger Konditoreimeister seine erste Konditorei eröffnete. „Es war die modernste und schönste“, schwelgt er in Erinnerung. Darauf folgte 1976 die Eröffnung der „Conditorei Café Eisenschmidt“ in der Julius- Ludowieg-Straße. Mit leichten Startschwierigkeiten hatte er zu kämpfen. Hauptgrund für die Standortwahl war die Bushaltestelle direkt vor seinem Laden. Diese wurde am Tag der Eröffnung jedoch an die S-Bahn Haltestelle verlegt und somit war der gute Standort dahin. Eisenschmidt erinnert sich an diesen Tag zurück: „Ich belegte unzählige kalte Platten und verkaufte letztendlich nur ein halbes Brötchen.“ Über die Jahre gewann das Café an der Ecke dann aber immer mehr Stammkunden und war vor allem für seine Kuchen bekannt. „Es gibt keine besseren Baum- und Butterkuchen in ganz Harburg “, schwärmt eine Kundin.

Und auch mit anderen Fähigkeiten als seinen Backkünsten machte sich Eisenschmidt einen Namen in Harburg. „Er ist bekannt wie ein bunter Hund und ein toller Harburger Junge“, scherzt eine langjährige Freundin. Die Verbundenheit zu seiner Heimat veranlasste ihn, zehn Jahre die Harburger Handwerkskammer als Bezirkshandwerksmeister zu führen. Die Harburger sehen ihn oft mit seinem Roller durch die Straßen düsen.

Franzbrötchen und Heißwecken waren weiteres beliebtes Gebäck bei den Kunden. „Oft hatten wir schon die Bestellung der Stammkunden vorbereitet, so gut kannten wir sie.“ sagt eine Mitarbeiterin. Der Tresen war Info- und Klatschbörse in einem. Starke Kundenbindung war für Eisenschmidt ein wichtiges Anliegen. Im Gegensatz zu den immer mehr verbreiteten Billig-Backshops lieferte er seinen Kunden die Ware sogar vor die Haustüre. „Ich hatte viele schöne Momente mit meinen Kunden und freue mich, dass nicht nur ich ein bisschen traurig bin.“ Auch den Mitarbeitern begegnete er immer herzlich und verständnisvoll. Die langjährigen Mitarbeiter zweifeln, ob sie so ein gute Arbeitsklima noch einmal vorfinden werden. „Ich habe meine Arbeit hier immer gerne gemacht und werde die Atmosphäre sehr vermissen“, bedauert Verkäuferin Miroslawa Gozdzielewski das Ende der gemeinsamen Zeit.

Der 74-Jährige wird sich nicht zu Ruhe setzen, sondern hat schon weitere Projekte geplant. Baumkuchenliebhaber müssen auf seine Spezialität nicht verzichten, denn die Produktion läuft in der Konditorei Wedemann und der Bäckerei Holsten weiter. Das Geheimnis des Rezepts sind die frischen Zutaten und so genießt man auch im fernen Japan Baumkuchen. „Mit meinen 74 Jahren möchte ich in Zukunft nicht nur Kartoffeln schälen und Rasen mähen“ macht Eisenschmidt deutlich, dass er immer noch Lust auf etwas Neues hat. Das bestätigt auch seine Frau. Er sei ein Mensch, der für die Arbeit lebt.