Der Gremium des Kreises hat sich neu konstituiert. Der Vorsitzende Ulf Alsguth fordert mehr altersgerechte Wohnungen

Winsen. Sein Haus in Meckelfeld ist fast fertig ausgerüstet. „Es fehlen nur noch eine ebenerdig zu betretene Duschwanne und eine Rampe hinauf bis zur Eingangstür. Dann könne wir dort leben, selbst wenn uns das Gehen künftig schwerer fallen sollte“, sagt Ulf Alsguth. Der weltweit gereiste Ingenieur, ein Experte für Industrieanlagen, ist fit und rüstig. Nichts deutet darauf hin, dass er plötzlich nicht mehr mobil sein könnte. Aber der 74-Jährige weiß aus Erfahrung, wie wichtig es ist, im Alter ohne Barrieren jeden Raum zu Hause aber auch Ziele unterwegs leicht erreichen zu können. Seit 2002 gehört Alsguth dem Kreisseniorenbeirat an, steht sein 2005 an der Spitze und hat gerade seine Amtszeit um drei Jahre verlängert. Die Zeichen der Zeit sind für ihn deutlich: „Wir brauchen im Landkreis dringend mehr Wohnungen, in denen ältere Menschen auch im Rollstuhl ohne Probleme wohnen und sich bewegen können.“

Der Hintergrund für die Forderung ist deutlich. So sind nach einem vom Landkreis in Auftrag gegebenen Demografie-Gutachten schon heute 28 Prozent oder knapp 70.000 der 248.000 Menschen im Süden Hamburgs älter als 60 Jahre. Dieser Anteil wird sich bis zum Jahr 2048 auf 39 Prozent erhöhen. „Künftig wird es immer schwieriger werden Häuser zu verkaufen, die nicht barrierefrei betreten werden können“, sagt Alsguth. Derzeit aber würden noch viel zu wenig Architekten Wert auf eine altersgerechte Ausstattung legen, obwohl sie bei Neubauten günstiger einzuplanen ist als später. Aber auch auf den Straßen müssten mehr Bordsteine abgesenkt, in Mehrfamilienhäusern ausreichend Fahrstühle eingeplant und Notrufmelder sofort installiert werden. Themen, die künftig für Bürgermeister und Landräte immer wichtiger werden. Schon weil ältere Menschen ein hohes Potenzial an Wählerstimmen bedeuten, zumal sie tendenziell verlässlicher zu den Urnen gehen als jüngere Generationen.

Dringlich wird für Alsguth auch die Installation von Seniorenbeiräten in jedem Ort. „Ich habe schnell gemerkt, dass ich allein als Beauftragter für Seevetal die Arbeit nicht leisten kann“, sagt der Ingenieur, der während seines Berufslebens nicht nur in den USA, sondern auch in China und Italien gelebt hat. Daher entwickelte er eine Strategie für bessere Betreuung. Sie steht seit 2009, als den Kommunalpolitkern im Kreis Satzungsentwürfe für die Seniorengremien vorgelegt wurden. Doch einen flächendeckenden Vollzug kann Alsguth nicht melden.

Bisher gibt es die mehrköpfigen Beiräte für Jesteburg, Seevetal, Rosengarten und Hanstedt. In der letztgenannten Gemeinde sitzen die Seniorenvertreter in allen Fachausschüssen. In Jesteburg hat die Gemeinde bereits Bordsteine an Straßenkreuzungen abgesenkt, so dass sie mit einem Rollator leicht zu passieren sind. In der Elbmarsch wird jetzt über einen Beirat verhandelt. Für den Rest des Kreises sind noch keine Entscheidungen gefallen.

Schon deshalb bleibt für Alsguth und seine Mitstreiter noch viel zu tun. So beraten sie die Heimaufsicht bei Neubauten von Häusern etwa bei den Ausmaßen der Innenräume und Flure. Die müssen breit genug sein, damit zwei Rollstühle passieren können. Die Beleuchtung in den Wohnräumen dürfe nicht zu schwach sein, fordert Alsguth. „Senioren brauchen helle, bunte Farben und viel Licht.“ Fenstergriffe müssten nicht immer in der Mitte des Rahmens angeordnet werden, weil sie dann gerade bei Vorbauten im Bädern oder Küchen schwer zu erreichen seien. „Und wie oft warten Rollstuhlfahrer an den gelben Säulen von Bushaltestellen verzweifelt auf Hilfe, weil sie die oben angebrachten Tafeln für die Abfahrten nicht lesen können?“, mahnt der Vorsitzende des Kreisseniorenbeirates.

Immerhin: In der Kreisverwaltung hat die Aufmerksamkeit für die ältere Generation inzwischen deutlich zugenommen. Wurde das Thema vor 2004 noch von einer einzigen Mitarbeiterin mit betreut, wurde die Zahl der Beschäftigten hier seitdem deutlich ausgeweitet. Zunächst gab es eine halbe Stelle nur für die Senioren. „Es wurde aber schnell klar, dass dies nicht ausreichte“, sagt Wiebke Huch vom Seniorenservicebüro des Landkreises.

Inzwischen hat Huch eine und eine halbe Stelle für Sozialpädagogen besetzt. Dazu ist bei der Kreisverwaltung eine Telefon-Servicenummer unter 04171-693-338 geschaltet und es kümmert sich ein Mitarbeiter um ehrenamtliche Helfer, die ältere Menschen besuchen, ihnen zuhören, sie beim Einkaufen begleiten und an ihrem Leben mit teilnehmen wollen.

Beiratschef Alsguth jedenfalls ist mit dieser Ausstattung zufrieden. „In diesem Bereich sind wir inzwischen auf einem guten Weg.“