Der Jesteburger Samtgemeindearchivar und ehemalige Schulleiter Hans-Heinrich Wolfes wird heute 80 Jahre alt

Jesteburg. Eigentlich hatte er Journalist werden wollen. Doch das Leben hatte mit Hans-Heinrich Wolfes andere Dinge vor. Nicht weiter schlimm, denn das, worauf der Jesteburger zurückblicken kann, hätte auch für zwei, wenn nicht gar drei Lebensläufe gereicht. Heute wird der ehemalige Lehrer, Lehrer-Ausbilder, Schulleiter und ab heute auch ehemalige Samtgemeindearchivar 80 Jahre alt.

Wolfes stammt aus Holdenstedt im Kreis Uelzen, wo sein Vater als Lehrer und Organist tätig war. So kam auch der achtjährige Hans-Heinrich seinerzeit zur Musik, zunächst bei Klavierunterricht, später als Blechbläser im Posaunenchor. Das Instrumenten- bekam bald Konkurrenz durch das Ballspiel: 1948 gründete Wolfes 14-jährig eine Tischtennisabteilung seines Heimatvereins SV Holdenstedt. „Die bestand aus drei Spielern“, erinnert er sich. Den kleinen weißen Ball schmettert er beim VfL Jesteburg noch immer über die Platte. Aber auch Fußball zählte zu seinen Aktivitäten.

Nach dem Abitur studierte Wolfes Germanistik, Geschichte und Philosophie in Tübingen, Berlin und Hamburg mit dem Ziel einer journalistischen Laufbahn. Wegen eines Todesfalles in der Familie fehlte dann aber das Geld für weitere auswärtige Studien, und so sattelte er um auf ein Lehramtsstudium in Lüneburg, was nah genug an der Heimat lag.

Seine Frau Ulrike lernte Hans-Heinrich Wolfes 1957 bei einer Freizeit der evangelischen Kirche kennen, wo er sich als Jugendbetreuer engagierte. Drei Jahre später heiratete das Paar. Wolfes bekam eine Anstellung als Lehrer in Nenndorf und wechselte nach einem Jahr nach Jesteburg. Seine Frau war dort bis 1999 als Erzieherin im Kindergarten tätig. Nach der Geburt der drei Kinder Matthias, Christiane und Thomas wurde Hans-Heinrich Wolfes 1967 Hauptseminarleiter der Referendarausbildung in Buchholz. Von 1988 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1999 schließlich leitete er die Realschule Winsen-Roydorf.

Ein Ruhestand wurde die Zeit nach dem aktiven Schuldienst indes nicht: Schon bald bot sich Wolfes als Samtgemeindearchivar für Jesteburg an. Dem Arbeitskreis für Heimatpflege gehörte er zu diesem Zeitpunkt schon 20 Jahre an. „Der Arbeitskreis hatte bis dahin nur Material gesammelt, darunter viele landwirtschaftliche Geräte. Etwas schriftlich veröffentlicht hatte der Arbeitskreis noch nicht“, sagt der Jubilar. Und so konnte er sich ab Herbst 1999 nach seiner offiziellen Ernennung zum Archivar durch den damaligen Oberkreisdirektor Hans-Bodo Hesemann nun doch endlich dem Schreiben widmen.

Er verfasste Beiträge für den Kreiskalender und leitete die Redaktion für zahlreiche Buchprojekte aus den Reihen des Arbeitskreises. Ein Spezialgebiet von Wolfes ist das Leben nach Kriegsende im Landkreis Harburg. So dokumentierte er in dem Buch „Vertriebene und Flüchtlinge“ die Schicksale von 60 Familien, und sein erster Kreiskalender-Beitrag hieß „Als die Engländer kamen“. Die jüngste Ausgabe ist das Buch mit 200 alten Jesteburger Postkarten, das drei Monate nach Erscheinen jetzt bis auf wenige Restexemplare ausverkauft ist. „Wegen des großen Erfolges wollen die Bendestorfer jetzt auch ein Postkartenbuch herausgeben“, berichtet Wolfes.

Auch für den VfL Jesteburg, dem Hans-Heinrich Wolfes seit Jahrzehnten als Mitglied treu ist, hat er die Festschrift zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 2012 geschrieben. Pionierarbeit leistete der pensionierte Schulleiter auch bei der Gründung des ersten Seniorenbeirats auf Gemeindeebene im Landkreis Harburg. Bis dahin gab es so ein Gremium nur auf Kreisebene, heute haben zahlreiche weitere Gemeinden wie Seevetal, Rosengarten oder Tostedt die Idee aufgegriffen.

Soviel ehrenamtliches Engagement wird honoriert: Im August vergangenen Jahres erhielt Hans-Heinrich Wolfes die Einladung zum Sommerfest des Bundespräsidenten Joachim Gauck. „Einfach so, ich weiß gar nicht, wie ich dazu gekommen bin“, sagt er. Das Ereignis hat er sich selbstverständlich nicht entgehen lassen, zumal er Berlin sowieso regelmäßig besucht: Dort lebt sein ältester Sohn Matthias, der dort Pastor ist. Dessen Sohn Jakob, einziger Enkel von Hans-Heinrich Wolfes, kommt hingegen an diesem Wochenende nach Jesteburg. Weil dann nämlich die große Familienfeier zum 80. Geburtstag ihres Oberhauptes geplant ist – und auch die wird etwas Besonderes: Jakob Wolfes, gerade 20 Jahre alt und derzeit Musikstudent, wird in der Kirche ein öffentliches Orgelkonzert zu Ehren seines Großvaters geben. Es beginnt um 11 Uhr. Klar, dass dann auch der Kirchenchor dabei ist, dem der Jubilar ebenfalls seit vielen Jahren angehört.

Heute aber steht zunächst ein Festakt bei der Samtgemeinde an: Hans-Heinrich Wolfes wird die Leitung des Archivs offiziell an Jochen Rabeler, bisher Ausstellungsleiter im Arbeitskreis für Heimatpflege, übergeben und sich bei Vertretern der Samtgemeinde, des Rates und des Landkreises für die langjährige Zusammenarbeit bedanken. Der Einschnitt ist nicht so tief, wie er erscheint: „Ich möchte zwar, dass jüngere Leute ihre Chance bekommen. Aber ich werde natürlich trotzdem weiter machen, nur nicht mehr in der ersten Reihe“, betont der engagierte Jubilar.