Mit neuen Baugebieten und günstigen Preisen werben der Landkreis Harburg, Winsen und Buchholz um Neubürger

Winsen. Die Statistiker des Niedersächsischen Landesbetriebes haben zusammengezählt und das Ergebnis ist eindeutig: Der Landkreis Harburg liegt bei den Baugenehmigungen für Wohn- und Gewerbeimmobilien landesweit weit vorn. Das gilt sowohl für die Monate Juli bis September als auch für die ersten neun Monate des vergangenen Jahres, wie aus den jüngsten Zahlen aus Hannover hervorgeht. Allenfalls die Region Hannover, Osnabrück oder das Emsland weisen noch mehr Genehmigungen aus als der Hamburger Süden. So wurden im Landkreis bis Ende September allein 700 Genehmigungen für Neubauten erteilt. Zählt man die Sanierungen an bestehenden Gebäuden hinzu, sind es 840. Zum Vergleich: Der Landkreis Lüneburg, ein direkter Konkurrent um neue Bürger, weist dagegen 342 beziehungsweise 430 Genehmigungen aus. Die Verwaltung in Winsen gab im gesamten Jahr 2013 nach eigenen Berechnungen 1025 Mal ein Ja für neue Wohnungen. Ein stabiles Niveau, heißt es dazu, das ähnlich auch 2011 und 2012 erreicht wurde. Der Landkreis ist im Boom.

Dabei gilt als sicher: Die hohe Nachfrage nach Wohnraum wird anhalten. Davon ist auch Peter-Georg Wagner überzeugt, der Sprecher des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) im Norden. „Solange der Zuzug nach Hamburg anhält, wird die Region davon profitieren“, sagt er. Der Trend lässt die Preise für Grundstücke oder Immobilien steigen. „In nahezu keiner Gemeinde sind sie in den vergangenen vier Jahren gesunken oder haben auch nur stagniert“, versichert Wagner.

Den weiteren Zuzug fasst der Erste Kreisrat Rainer Rempe (CDU) in Zahlen. Noch bis ins Jahr 2025 rechnet er mit einem Plus um 2,5 Prozent bei den Einwohnern. Zu den derzeit knapp 250.000 ansässigen Bürgern im Landkreis kämen so noch einmal mehr als 6000 hinzu. Auch dadurch dürfte der Druck auf die Grundstückspreise anhalten. Schon 2012 lag das Plus nach Berechnungen des Kreises bei durchschnittliches 1,5 Prozent. Die Preise für Reihen- und Doppelhäuser und für Wohnungen legten sogar um mehr als fünf Prozent zu.

Immerhin: Beim Landkreis, der für alle Genehmigungen außerhalb der Städte Winsen und Buchholz zuständig ist, sind derzeit noch 970 Hektar Bauland in Reserve. „60 Prozent davon stehen kurzfristig zur Verfügung“, sagt Kreisrat Björn Hoppenstedt (CDU). Die Preisspanne reicht dabei von weniger als 100 Euro etwa in Salzhausen bis hin zu 220 bis 230 Euro in guten Lagen in Neu Wulmstorf, Rosengarten oder Hittfeld. „Gerade teure Lagen werden stark nachgefragt“, sagt Rempe. Der Kreis profitiert davon, dass Familien mit Kindern gern ins Grüne ziehen und die Stadt dennoch mit Zügen und S-Bahnen gut erreichen können. Auch das Angebot an Schulen, Kindertagesstätten und an Betreuung für Jugendliche habe deutlich zugelegt, sagt Rempe. „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren mehr als 100 Millionen Euro in die Schulen gesteckt. Mit diesem Pfund können wir jetzt wuchern.“

Auf Wachstum setzen auch Buchholz und Winsen. Nur dass vor Ort die Voraussetzungen für bauwillige Bürger unterschiedlich sind. Während in Winsen derzeit und in den kommenden Monaten vier Gebiete zur Auswahl stehen, hat Buchholz keine neuen Flächen ausgewiesen. „Die Stadt ist aber ein begehrter Wohnort“, sagt Stadtsprecher Heinrich Helms und verweist auf 600 Neubürger im vergangenen Jahr. Die Zahl der Baugenehmigungen stieg 2013 auf 315 – den höchsten Wert seit sechs Jahren. Auch die Preisentwicklung in der Stadt gibt Helms recht. So kostet der Quadratmeter in der exklusiven Parkstraße derzeit 310 Euro, wenn er denn zu haben ist.

Noch in diesem Jahr will sich Buchholz nun nicht nur mit der Sanierung der kontaminierten Flächen am ehemaligen Rütgerswerk, sondern auch mit einem Areal an der Bremer Straße befassen. Das jedenfalls kündigte der scheidende Bürgermeister Wilfried Geiger (parteilos) in seiner Neujahrsansprache an. Bis dort neues Bauland ausgewiesen werden kann, setzt die Verwaltung auf neue Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in der Stadt.

Auf 450 neue Bürger im Jahr 2013 kommt Alfred Schudy, der Leiter der Stadtplanung in Winsen. In der Kreisstadt liegt die Zahl der Baugenehmigungen seit sechs bis sieben Jahren konstant zwischen 200 und 250. Das dürfte dank des guten Angebots auch in den kommenden Jahren erreichbar sein. Allein im derzeit größten Baugebiet, den Winsener Wiesen Süd, wollen die Sparkasse Harburg-Buxtehude und der Investor Uwe Gerner mehr als 200 Grundstücke zu Preisen zwischen 150 und 180 Euro verkaufen. 15 hat sich die Stadt gesichert. Die will Bürgermeister André Wiese für Anwohner für 149 Euro pro Quadratmeter abgeben. Auch im Gebiet Habichtshorst sind noch 38 Parzellen frei, 19 davon zu ebenfalls günstigen Konditionen. Weil dieser Bereich weiter stadtauswärts liegt, kostet der Quadratmeter 130 bis 140 Euro.

Prinzipiell versuche die Stadt durch ein eigenes Modell „mäßigend auf der Preise einzuwirken“, sagt Schudy. So gilt: Wird Bauland neu ausgewiesen, geht ein Drittel der Fläche für die Erschließung kostenlos an die Kommune. Ein weiteres Drittel sichert sich die Stadt, um es zu Vorzugspreisen an Menschen weiter zu geben, die mit Winsen besonders verbunden sind oder viel Platz für ihre Familien brauchen. Das letzte Drittel können die Eigentümer zu marktüblichen Preisen verkaufen. Rechnet Schudy die Grundstücke mit, die noch in den Gebieten Hinterm Böge und Am Bach zu haben sind, sieht er den Bedarf für die nächsten drei bis vier Jahre gedeckt. Ohnehin wird für den Ortsteil Stöckte über weitere acht Grundstücke gleich neben dem geplanten Feuerwehrgerätehaus verhandelt. „Wir wollen“, so der Architekt, „Winsen dynamisch an die Zukunft anpassen.“

Klar ist: Auch künftig werden die Preise im Kreis steigen. „Schließlich lassen sich die Baugebiete nicht unendlich vermehren“, sagt IVD-Sprecher Wagner. Er rechnet mit jährlichen Preissteigerungen von zwei bis drei Prozent. Dagegen stehen die günstigen Zinsen. Zehnjährige Darlehen kosten heute nicht mehr als drei Prozent. Günstige Anbieter werben mit einer Zwei vor dem Komma. „Unser Tipp ist jedoch, die günstige Geld nicht dafür zu nutzen, ein teureres Objekt zu kaufen“, sagt Wagner. Vielmehr raten die Experten, die Tilgung von Anfang an höher als ein Prozent zu setzen. Dann ist das Haus schneller abbezahlt, sichert ihrem Besitzer rascher eine mietfreie Unterkunft und dem Kreis Harburg Bürger, die auf Dauer bleiben können.