Revierförster setzt bei Pflege auf Großgerät. Holzverkauf bringt mehr als 200.000 Euro im Jahr. SPD mahnt Bericht an

Harburg. Er sieht aus wie eine Mischung aus Bagger, Trecker und Mähdrescher. An diesem späten Vormittag fährt der Harvester durch eine an den Bäumen markierte Rückgasse in der Fischbeker Heide in Richtung Heidefriedhof. Mit seinem zehn Meter langen Ausleger erfasst er die zu fällenden Bäume, schneidet entlang der Stämme die Zweige ab und zersägt sie in Stücke zwischen 2,50 und fünf Metern. Zurück bleiben kleine Äste und Reisig, über die die sechs extrabreiten Räder wie auf einer Matte rollen. In Sekunden entscheidet Leif Olsson oben im Führerstand der 400.000 Euro teuren Maschine, ob sich das Holz nur zum Verbrennen oder für Bretter eignet. „Der Harvestor hat im Cockpit fast ebenso viele Funktionen wie ein Düsenjäger“, sagt der Revierförster von Hausbruch, Gido Hollmichel. „Er ist leiser als die Kettensägen und die schonenste Art, den Wald so zu pflegen.“

Das jedoch sieht die SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung ein bisschen anders. Im Naturschutzgebiet zwischen Ehestorfer Heuweg und Falkenbergsweg wähnte sie im vergangenen Jahr durch den Einsatz von schwerem Gerät die Brut- und Nistplätze der Waldtiere in Gefahr. Nicht verwertbare Äste und Restholz seien zudem einfach liegen gelassen worden. „Bisher geschah die Nutzung unter gegenseitiger Rücksichtnahme und unter Berücksichtigung der Naturschutzgesetze“, heißt es in einem Antrag. Ob dies immer noch der Fall ist, wollen die Sozialdemokraten nun von Hollmichel wissen. Am kommenden Dienstag wird er vor dem Umweltausschuss der Bezirksversammlung Stellung nehmen.

Klar ist: Mit Olsson hat zwar der Unternehmer gewechselt, der nun die Bäume für die Verwertung mit seinem Arbeitsgerät vorbereitet. Denn dies wird jeweils von den Holzkäufern an Spezialfirmen vergeben. Der Einsatz des Maschinentyps und das vorschriftsmäßigen Vorgehen ist aber gleich geblieben. „Was für den Laien aussieht wie eine ruinierte Landschaft, gibt ausgesuchten Bäumen mehr Licht, so dass sie schneller wachsen können“, sagt Hollmichel. Die Waldpflege habe sich seit 20 Jahren nicht geändert, versichert er. Der Diplom-Ingenieur für Forstwirtschaft muss es wissen: Immerhin leitet er seit 1990 das Revier in Hausbruch. Dort sollen nun, sobald das Holz abtransportiert ist, auch die Spuren des Harvesters beseitigt werden. „Die Äste und das Reisig zusätzlich zu zerhacken und wegzuräumen, wäre teuer und ökologisch falsch. Schließlich bauen dort Zaunkönige und Rotkehlchen Nester oder schlüpfen Igel unter.“

Ohnehin gilt für die knapp 5000 Hektar Hamburger Wald das Prinzip der Nachhaltigkeit. Es wird nicht mehr geschlagen als nachwächst. Zwar fallen allein in Harburg jährlich 5000 bis 10.000 Bäume, mindestens ebenso viele werden aber auch gepflanzt. Für Eißendorf und Hausbruch dürfen per Gesetz jährlich jeweils 3000 Kubikmeter Holz geschlagen werden. „Wir bleiben meist darunter“, sagt Hollmichel.

Der Holzverkauf spielt für die sieben innerstädtischen Reviere in Hamburg aber eine wichtige Rolle. Die Förster können damit ihre Budgets aufstocken. Vorgesehen ist, dass zunächst jährlich mindestens 400.000 Euro an die Finanzbehörde abgeführt werden. Fallen die Einnahmen höher aus, wird das Geld je nach Leistung aufgeteilt. Ein Raummeter Holz bringt dabei rund 40 Euro. Im vergangenen Jahr lag die Gesamtsumme bei 600.000 Euro. „40 Prozent davon stammt aus den beiden Harburger Revieren“, hat Hollmichel errechnet. Neben den professionellen Holzkäufern hat er mehr als 200 Kunden, die sich übrig gebliebene Äste noch im Wald zusägen und dann in ihrem Kamin verfeuern.

Mit solchen Einnahmen wird es möglich, das Revier mit neuer Technik auszurüsten oder etwas für die Menschen zu tun, die zu Fuß, zu Pferd oder auf dem Fahrrad im Wald unterwegs sind. So hat Harburg mit weiteren Gemeinden aus dem Landkreis dazu beigetragen, dass innerhalb der vergangenen fünf Jahre im Regionalpark Rosengarten rund 250.000 Euro in neue Wege investiert werden konnten. „Allein in der Fischbeker Heide haben wir an der Grenze zwischen Hamburg und Niedersachsen mehr als 3000 Tonnen Kies und Natursteine verarbeitet“, sagt Hollmichel. Für seine fünfköpfige Mannschaft konnte er zudem einen Spezialschlepper anschaffen, der gefällte oder vom Sturm entwurzelte Bäume per Drahtseil aus dem Wald ziehen kann. Der Vorteil: Die Maschine kann dabei auf den festen Wegen stehen bleiben. „Durch unsere Einnahmen sind wir die billigste Grünverwaltung der Stadt“, freut sich der Förster.

Das Ziel für sein Revier hat der 50-Jährige fest im Blick. Statt der Fichten und Kiefern sollen dort künftig mehr Laubbäume wie Buchen oder Eichen wachsen, die möglichst ohne Eingriffe von Menschen Fuß fassen sollen. „Mit der Natur einen Wald zu pflegen, ist eine Aufgabe, über Generationen“, sagt der Förster. „So denken wir.“