Beim Harburger Jägerball im Hotel Lindtner amüsierten sich die Gäste zwischen Zweigen und am Schießstand

Heimfeld. Das weiß jedes Kitz: Wenn die Jäger im Wald sind, ist die Lichtung kein sicherer Ort. So gesehen war die Tanzfläche im Hotel Lindtner an diesem Sonnabend ein lebensgefährliches Areal: Harburgs Jäger hatten das Erdgeschoss des Hotels zum Wald umdekoriert und zum Tanz auf die Lichtung geladen.

Fast 550 Gäste waren der Einladung gefolgt. Harburgs Politik war dabei ebenso vertreten, wie Lokal-Prominenz aus Wirtschaft und Gesellschaft. Den größten Coup landeten die Organisationschefs Rudolf Wendt und Peter Fismer mit dem Mitternachtsgast: Pünktlich zur Geisterstunde sorgte Gerrit Hesemann, alias Lotto King Karl, für Gänsehaut-Feeling unter den Gästen. Und dass er nach „Hamburg meine Perle“ auch das aus einer Harburger Feder stammende Lied „Fliegen“ anstimmte, war – gewollt oder ungewollt – eine Verbeugung vor dem Ort der Veranstaltung.

Wendt und Fismer hatten zum ersten Mal die Verantwortung für den Traditionsball, nachdem „Mister Jägerball“, Erfried Böttger, seine Ämter in der Bezirksgruppe Harburg der Hamburger Jägerschaft und damit auch die Verantwortung fürs Fest nach Jahrzehnten abgegeben hatte. Er war nicht im Streit geschieden. Als graue Eminenz im Foyer genoss er es sichtlich, erstmals einfach nur mitzufeiern. „Ich bin vollkommen zufrieden mit dem, was Rudolf Wendt und Peter Fismer hier auf die Beine gestellt haben“, sagt er. „Das haben die sehr gut gemacht.“

Schwächelte der Jägerball zuletzt etwas von der Teilnehmerzahl her, schafften die neuen Organisatoren es gleich beim ersten Mal, die Zahl der Gäste zu steigern. „Wir haben ordentlich Werbung gemacht und deshalb kamen diesmal auch Gäste aus der Heide und von der Unterelbe hierher“, sagt Peter Fismer. „Und denen hat es gefallen. Ich hätte gleich am Ballabend schon wieder vier Tische für das nächste Jahr verkaufen können.

An der Vorbereitung des Balls sind in jedem Jahr etwa 60 Jägerinnen und Jäger beteiligt. Vor allem das Dekorieren des Ballsaals und des Foyers ist eine aufwendige Arbeit: 110 Bäume ließen das Hotel zu einem kleinen Wäldchen werden. Einen nicht unerheblichen Teil davon hatten die Jäger erst zwei Wochen vorher eigenhändig in Hamburgs Staatsforsten geschlagen.

Die Harburger Jägerschaft tut mehr, als nur den Ball zu organisieren. 430 Jägerinnen und Jäger sind Mitglied in einer der sieben örtlichen Jägergruppen die die Bezirksgruppe betreut. Sie betreiben Revierpflege und Naturschutzmaßnahmen, übernehmen Wald- und Wildführungen für Schulklassen, vertreten ihre Interessen und stehen gleichzeitig im Dialog mit denjenigen, denen das Jagen Probleme bereitet. „Leider sind nicht alle Jäger in Harburg Mitglied bei uns“, sagt Rudolf Wendt. „Wir versuchen, mehr von ihnen zu erreichen und zu organisieren. Vor allem bei den Jungen müssen wir wieder Fuß fassen. Auch dazu dient der Ball, und es sind ja auch viele junge Jäger hier.“

Gejagt wurde in diesem Wald allerdings nur an einer Stelle: Im kleinen Saal war ein Laser-Schießkino aufgebaut, auf dessen Leinwand virtuelle Wildschweine Waldwege unsicher machten. So präzise und konsequent die Teilnehmer den Schwarzkitteln hier ans Leder gingen, verwundert es, dass sich im Hamburger Umland immer noch Menschen über Wildschweine in ihren Vorgärten beschweren können. Vielleicht sollten diese schwarzwildgeplagten Zeitgenossen auch 10 Euro Gebühr dafür nehmen, dass man zehn Schüsse auf die Schweine abgeben darf, und dieses Geld dann einem guten Zweck spenden. Die Einnahmen des Schießkinos, 1140 Euro, gingen an das DRK-Hospiz in Langenbek. Gut, dass sich die Sauen auf die Lichtung trauten.