Die Bundespolizei fühlt sich durch „zu laute Musikveranstaltungen“ des Klubs im Harburger Bahnhof gestört

Harburg. Ein Musikklub in einem Bahnhof, das dürfte es landauf, landab nicht allzu häufig geben. In Harburg gibt es so etwas. Und der Klub namens „Stellwerk“ ist sogar so besonders, dass er kürzlich mit dem Hamburger Club-Award als bester „Newcomerförderer 2014“ geehrt wurde. Alles bestens, sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Der beliebten Location droht die Schließung.

„Elektro- und HipHop-Veranstaltungen, zu denen nun mal basslastiger Sound gehört, sind praktisch nicht mehr möglich“, sagte Stephan Röhler, Erster Vorsitzender des Trägervereins, bei der Sitzung des Ausschusses für Kultur, Bildung, Sport und Stadtteilentwicklung am Montagabend im Rathaus. Damit breche den Betreibern des Klubs aber eine wichtige Säule ihres Konzepts weg, das durch andere Veranstaltungen wie Jazzkonzerte, Lesungen und Übertragungen von Sportveranstaltungen wie Spielen der Fußball-Bundesliga, der Champions League oder jüngst des American-Football-Finales Super Bowl zwischen Seattle und Denver nicht kompensiert werden könnten.

2005 war das „Stellwerk“ durch Kulturmanager Heiko Langanke als reiner Jazzclub gegründet worden. In dem Mietvertrag mit der Deutschen Bahn waren Musikveranstaltungen ausdrücklich festgeschrieben, wie er dem Abendblatt bestätigte. Probleme mit der Lautstärke habe es seinerzeit aber praktisch nicht gegeben, weil Jazzmusik de facto keine elektronische Verstärkung braucht. Allerdings fanden sich im Laufe der Jahre auch nicht so viele Jazzfans ein, dass dieses Geschäftsmodell auf Dauer tragfähig gewesen wäre. Zuletzt waren es nur noch zwischen 20 und 30.

Als Röhler und seine Mitstreiter den Klub 2012 übernahmen, war von vornherein klar, dass das Konzept auf eine breitere Basis gestellt werden musste mit bis zu sechs Veranstaltungen pro Woche. Zumal sich „laute“ Dancehall-Abende ohnehin wachsender Beliebtheit erfreuten – auch und gerade in Harburg.

Doch da hatten die Stellwerker die Rechnung ohne die Bundespolizei gemacht, die genau unter ihnen eine Wache hat. Die Beamten fühlten sich zunehmend in ihrer Arbeit gestört. „Immer wieder kam es zu Anzeigen wegen Lärmbelästigung durch die Bundespolizei“, berichtet Röhler: „Wir haben daraufhin mehrfach Schallmessungen vornehmen und dokumentieren lassen, um eine gewisse Rechtssicherheit herzustellen.“ Letztlich aber sei nur eine deutliche Reduktion der Bässe geblieben, womit den Elektro- und HipHop-Veranstaltungen viel von ihrem Charakter genommen werde. „So etwas spricht sich natürlich herum. Es ist ein ideeller Schaden entstanden, der sich schon jetzt in den Bilanzen deutlich niederschlägt“, sagt Röhler.

Das Kardinalproblem besteht darin, dass beim Umbau des „Stellwerks“ zu einem Musikklub, in den auch erhebliche öffentliche Gelder geflossen sind, keine schalldämmenden Maßnahmen realisiert wurden. Dieses Versäumnis rächt sich nun bitter. Dabei gäbe es eine Kompromisslösung, die allen helfen würde. An den Hauptraum des „Stellwerks“ schließt sich nämlich eine etwa 80 Quadratmeter große Fläche an, die als Musik-Lounge zum Tanzen die ideale Größe hätte. „Der Raum liegt über der Umkleide der Bundespolizei und würde damit wesentlich weniger Lärmbelästigung für die Beamten der Wache bedeuten“, so Röhler.

Jegliche Schlichtungsversuche blieben bislang indes erfolglos. Laut Röhler sei die Kommunikation mit der Bundespolizei „eingefroren“, der Vermieter Deutsche Bahn ignoriere den gesamten Vorgang anscheinend. Im Oktober des Vorjahres scheiterte sogar ein von der Hamburger Kulturbehörde initiiertes Vermittlungsgespräch, weil Bundespolizei und Bahn erst gar nicht erschienen waren.

Nun hat Bezirksamtsleiter Thomas Völsch einen neuen Versuch gestartet und am kommenden Montag zu einem Treffen am „Runden Tisch“ gebeten. „Dieser Einladung können sich Bundespolitik und Bahn eigentlich nicht entziehen“, befand der Ausschussvorsitzende Heinz Beeken (SPD). Seine Fraktion habe zudem einen flankierenden Brief an Bahnchef Volker Grube geschrieben, mit der Bitte, sich als „alter Harburger“ für eine einvernehmliche Lösung einzusetzen. Eine Antwort stehe bis zur Stunde noch aus. Dafür bestätigte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis dem Abendblatt „mehrere Beschwerden seitens der Bundespolizei“. Eine Kündigung für den Musikklub sei aber noch nicht ausgesprochen, es würden weitere Gespräche geführt. Wann, wo und mit wem sagte er aber nicht.