Auf dem Areal in Lindhorst sollen 20 Grundstücke für Wohnhäuser entstehen. Archäologen forschen nach Burgresten

Lindhorst. Jahrzehntelang hat das gelbe Silo mit dem großen Hemo-Schriftzug das Bild des Seevetaler Ortsteils Lindhorst geprägt. Wer auf der Landesstraße 213 in Richtung Jesteburg unterwegs war, konnte es schon von weither sehen. Doch Lindhorst und Hemo, das war einmal. Bagger sind derzeit dabei, das Wahrzeichen des Ortes sowie die dazugehörigen Gebäude dem Erdboden gleich zu machen. An ihrer Stelle sollen bald 20 Grundstücke für Einzel- und Doppelhäuser stehen, geplant von der idb Grundstücks- und Erschließungsgesellschaft, einer Tochter der Sparkasse Harburg-Buxtehude. Der Ortsrat Hittfeld, Emmelndorf, Helmstorf und Lindhorst hat am Mittwochabend grünes Licht gegeben.

„Wenn alles normal läuft, kann dort im Frühjahr kommenden Jahres neu gebaut werden“, sagt idb-Direktor Bodo Ihlenburg. Die idb war es auch, die das Hemo-Gelände im vergangenen Frühjahr nach einer Zwangsversteigerung für etwa 500.000 Euro, der Hälfte des Verkehrswerts in Höhe von einer Millionen Euro, erwarb. Den niedrigen Preis begründet Ihlenburg unter anderem damit, dass es nicht der erste Versteigerungstermin war. Zuvor hatte es bereits vergebliche Versuche gegeben, das 1960 in Betrieb genommene Futtermittelwerk an den Mann zu bringen, das zuletzt von der Firma Hermann Schräder aus Ochtrup geführt wurde. Schräder wiederum hatte 2004 alle Markenrechte der Firma Hemo Mohr übernommen und 2012 nur noch eine Handvoll Mitarbeiter beschäftigt, bis sie den Betrieb im selben Jahr gänzlich einstellten.

Aus Sicht der idb hat sich eine weitere betriebliche Nutzung ausgeschlossen, da der Zustand des Objekts diese nicht mehr hergab. „Wir sind mit dem Ziel in die Versteigerung gegangen, dort Wohnraum zu schaffen“, sagt Ihlenburg. In gewisser Hinsicht stuft er das als Risiko ein, denn es war klar, dass dafür zunächst der Flächennutzungsplan der Gemeinde Seevetal geändert und ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss. Bisher ist für die Fläche eine gewerbliche Nutzung vorgesehen.

Maximal drei Monate wird der Abriss laut Ihlenburg insgesamt dauern. Die für Außenstehende sichtbaren Arbeiten werden schon nach wenigen Wochen abgeschlossen sein. Danach soll das bisher komplett zubetonierte Gelände entsiegelt und der Mühlenbach, der damals durch den Hemo-Bau in ein Rohr gepresst wurde, wieder renaturiert werden. Allerdings wird der Bach von seinem ursprünglichen Lauf etwas abweichen. Entlang des Baches soll ein kleiner öffentlicher Weg führen. Die Erschließung der 650 bis 750 Quadratmeter großen Grundstücke soll über die Ringstraße und eine noch zu bauende neue Straße erfolgen.

Angesichts der geplanten Grundstücksgröße und der Höhe der Häuser habe es allerdings einige kritische Anregungen im Ortsrat gegeben, teilt Seevetals Bauamtsleiter Gerd Rexrodt mit. So gab es den Vorschlag, auch größere Grundstücksflächen sowie nicht nur Häuser mit einem Vollgeschoss, sondern auch mit zwei Vollgeschossen zu gestatten. So wäre auch die sogenannte Toscana-Bauweise möglich. Noch bis zum 14. Februar können sich betroffene Bürger zu den Vorentwürfen des Bebauungsplans und der Flächennutzungsplanänderung äußern. Die Unterlagen liegen im Hittfelder Rathaus an der Kirchstraße 11 aus.

Bevor das Hemo-Areal überhaupt bebaut werden kann, müssen jedoch zwei Dinge geschehen. Zum einen muss der Boden an zwei Stellen ausgekoffert werden, da Altlasten entdeckt wurden.

Zum anderen besteht die einmalige Chance für Archäologen, auf Reste eines mittelalterlichen Adelssitzes mit Burg und Mühle zu stoßen. „Bisher geht unser Wissen darüber nur auf Schriftquellen zurück“, sagt Jochen Brandt von der Abteilung Bodendenkmalpflege Landkreis Harburg am Archäologischen Museum Hamburg. So soll es zwei Adelshöfe in Lindhorst gegeben haben, und zwar den Sitz derer von Heimbruch, die das wichtigste Adelsgeschlecht in der Region bis Anfang des 17. Jahrhunderts waren, sowie den Sitz derer von dem Berge, der circa 1629 an die Freiherren Schenk von Winterstedt überging. Zu diesem Hof soll auch eine Mühle gehört haben, allesamt auf einer Kurhannoverschen Karte aus den 1770er-Jahren direkt auf dem heutigen Hemo-Areal verzeichnet. Um 1460 soll dort eine Burg errichtet worden sein.

Brandt und sein Team, die den Abriss der Gebäude begleiten werden, gehen auf jeden Fall davon aus, auf Reste der Wehranlagen zu stoßen. Ihre Hoffnung ist, dass beim Bau des Hemo-Werks nicht allzu viel zerstört wurde.