Zwei Männer aus dem kleinen Ort wollen dem amtierenden Bürgermeister der Samtgemeinde bei der diesjährigen Wahl den Posten streitig machen

Tostedt . Vielleicht ist Heidenau ein spezielles Pflaster. Vielleicht ist es aber auch nur reiner Zufall, dass die beiden Kandidaten Reinhard Riepshoff (61) und Peter Dörsam (47), die den amtierenden Bürgermeister Dirk Bostelmann (61) von seinem Thron stürzen wollen, aus Heidenau stammen.

Die meisten Chancen rechnet sich Reinhard Riepshoff (SPD), ehrenamtlicher Bürgermeister von Heidenau, aus. Er versucht zum zweiten Mal, Bürgermeister der Samtgemeinde Tostedt zu werden. Bereits 2006 war er gegen Bostelmann angetreten und hatte 44,4 Prozent der Stimmen geholt. „Ich könnte mir sechs Prozent mehr Stimmen vorstellen und dann reicht es schon“, sagt Riepshoff.

Das will er vor allem mit dem Thema Bürgerbeteiligung schaffen. Nachdem viele Tostedter im vergangenen Jahr bereits zum dritten Mal mit einem Bürgerbegehren vehement gegen eine Entscheidung von Verwaltung und Politik protestiert haben, greift Riepshoff den Frust dieser Bürger auf und will Tostedt zur Bürgerkommune entwickeln. Ganz nach dem Vorbild von Celle.

Bostelmann leite die Gemeinde nach Gutsherrenart, kritisiert Riepshoff. „Vorhaben werden nicht mit denen besprochen, die es betrifft, sondern nur im engsten Kreis“, sagt er. Im Kleinen, so Riepshoff, habe er schon in Heidenau als Bürgermeister eine Art Bürgerkommune praktiziert.

Der Malermeister, der inzwischen nicht mehr im Handwerk, sondern seit etwa zehn Jahren als Küster für die Johanneskirche in Tostedt arbeitet, ist fast so etwas wie ein SPD-Urgewächs. 1989 ist er den Sozialdemokraten beigetreten. Von 2004 bis 2011 war er Vorsitzender des Tostedter SPD-Ortsvereins, seit 1991 gehört er dem Gemeinderat und dem Samtgemeinderat an, und seit 1996 sitzt er für die SPD im Kreistag des Landkreises Harburg.

Den Fokus will der zweifache Vater auf die Themen Arbeiten und Wohnen, Heidenau als Gewerbestandort und Handeloh als Standort für Tourismus setzen. Mit dem besonnenen Mann könne man gut reden, sagen die Heidenauer. Dazu passt, was er selbst von sich sagt: „Was ich an Zielen formuliere, ist nicht unbedingt erreichbar und ich habe nicht für jede Schublade die Antwort, aber ich versuche, immer einen Konsens zu finden“, sagt Riepshoff. Zu streiten ist also nicht seins.

Von einem ganz anderen Kaliber ist Peter Dörsam, Mitglied der Grünen und sozusagen die Persona non Grata in der Verwaltung der Samtgemeinde Tostedt, eben weil er häufig hinterfragt. Wenn der 47-Jährige aneckt, stört ihn das nicht weiter. Er sagt, es gehe ihm immer um die Sache. So auch, als er im vergangenen Jahr das Bürgerbegehren mit anstieß, das den Bau der Kindertagesstätte an der Dieckhofstraße verhindern sollte und einen anderen Standort favorisierte. Das Begehren scheiterte, aber traf die Verwaltung und die anderen Parteien ins Mark.

Und es ging ihm um die Sache, als er ein Bürgerbegehren gegen den Rathaus-Neubau mit initiierte und erwirkte, dass der Rat das Vorhaben zurückzog. Der 47-jährige Ökonom ist hartnäckig, schafft es, andere zu mobilisieren. So wie vor drei Jahren, als er in Heidenau mit Mitstreitern die Unabhängige Wählergemeinschaft gründete und dadurch gemeinsam mit der SPD der CDU die Mehrheit und der Christdemokratin Anette Randt den Bürgermeisterposten nahm.

Dörsam teilt die Kritik Riepshoffs an Bostelmanns Vorgehensweise. Allein schon wegen der Hinterzimmer-Politik, sagt Dörsam, wolle er eine Wiederwahl des amtierenden Bürgermeisters verhindern. Er glaubt, dass er es besser kann. Dabei setzt er wie der SPD-Kollege auf Bürgerbeteiligung, auch wenn er keine Bürgerkommune anstrebt. So sieht das Prozedere nach seinem Gusto aus: Entscheidungen fachlich gut vorbereiten, dann früh den Samtgemeinderat und die Bürger beteiligen.

Um als Kandidat antreten zu können, muss Dörsam 170 Unterschriften sammeln. Denn er will sich nicht für eine Partei aufstellen. Doch genau das wird ihm von Kritikern vorgehalten: nicht zu zeigen, wofür er steht – für die Grünen oder für die UWG oder für keine der Parteien? Denn dem Samtgemeinderat, in dem er zehn Jahre lang für die Grünen saß, gehört Dörsam nicht mehr an. Grünen-Mitglied ist er weiterhin und zugleich Gruppenvorsitzender der SPD/UWG-Gruppe in Heidenau. „Für mich ist der Posten des Bürgermeisters kein Parteiposten. Ich stehe dann nicht für eine Partei, sondern führe mein Amt für alle Bürger aus“, sagt er. Bei seiner Wahl hat er zunächst vor, die Finanzen zu sortieren. Dörsam findet, Bostelmann hat die Pro-Kopf-Verschuldung zu sehr in die Höhe getrieben. Dadurch fehle jetzt beispielsweise Geld für ein neues Freibad, so Dörsam.

Und Bostelmann? Der amtierende Bürgermeister (CDU) weiß, dass er hinsichtlich der Bürgerbeteiligung nachbessern muss. „Das heißt nicht, dass sie jahrzehntelang vernachlässigt wurde. Aber es gibt einen neuen Bedarf der Bürger, sich stärker zu beteiligen“, sagt er. „Das muss bei uns Resonanz finden, daran müssen wir arbeiten.“

Er will diesen Trend unter anderem mit mehr Infoveranstaltungen aufgreifen und einen direkten Draht zum Bürger herstellen. Auch den Vereinen, die immer mehr Schwierigkeiten haben, die Vorstände neu zu besetzen, verspricht er Hilfe. Weitere Themen auf seiner Agenda sind unter anderem: Der Ausbau des Quellner Wegs, die Erweiterung der Todtglüsinger Ganztagsschule und die innerörtlichen Verkehrswege für Radfahrer benutzbar zu machen.

Seine bisherigen Taten sind an den Bauprojekten, die der zweifache Vater in seiner Amtszeit verwirklicht hat, ablesbar: Neben dem neuen Polizeigebäude sind das die Kita Dieckhofstraße, das neue Parkhaus am Bahnhof, die Erweiterung der Grundschule Poststraße, die neue Kita an der Poststraße und 30 Kilometer neue Straßen.