Im Interview umreißt Harburgs Bezirksamtsleiter Thomas Völsch die Ziele im Bezirk für 2014. Auch Integration spielt eine wichtige Rolle

Harburg. Thomas Völsch (SPD) ist diplomierter Verwaltungswirt. Als die SPD im Jahr 2011 die Mehrheit im Harburger Rathaus erlangte, inthronisierte sie den heute 55 Jahre alten Fischbeker als Verwaltungschef im Harburger Rathaus. Völsch wurde damals für sechs Jahre gewählt. Im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt erzählt Völsch von den Projekten, die im Jahr 2014 aus seiner Sicht bewegt werden müssen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Völsch, am 25. Mai wählt Harburg eine neue Bezirksversammlung. Erklärtes Ziel der CDU ist die Machtübernahme im Harburger Rathaus. Sie könnte ein Machtwechsel den Job kosten.

Thomas Völsch:

Wahlen gehören in der Demokratie dazu, deshalb muss man da immer ganz gelassen sein. Im Übrigen glaube ich, dass wir eine sehr gute Bilanz vorzuweisen haben und die Wählerinnen und Wähler dies auch honorieren werden.

Mancher Harburger glaubt nicht mehr daran, dass die Verbindung zwischen Schlossinsel und City über den Lotsekanal überhaupt noch gebaut wird. Wie geht es jetzt weiter mit der Drehbrücke?

Völsch:

Es war in jedem Fall richtig, das Verfahren anzuhalten und die Planung und vor allem die Kosten zu überprüfen. Da sich auf die Ausschreibung niemand beworben hat, kann jetzt der Auftrag ohne Ausschreibung vergeben werden. Das hat natürlich den Vorteil, dass der Landesbetrieb Straßen Brücken und Gewässer jetzt direkt mit Anbietern in Kontakt treten kann. Im Moment werden gerade mit einem Ingenieurbüro Gespräche geführt.

Wie heißt das Ingenieurbüro, und wie sehen die konkreten Pläne für die Brücke jetzt aus?

Völsch:

Das ist Aufgabe des LSBG. Die Planungsunterlagen und die Vergabe werden zurzeit vorbereitet. Ziel ist eine Vergabe in diesem Frühjahr.

Nach Ihren ursprünglichen Ansagen hätte die Brücke schon längst fertig sein sollen. Aber dann drohten die Kosten zu explodieren und das Projekt musste gestoppt werden. Was ist schief gelaufen?

Völsch:

Zum Teil lag es sicher an Preissteigerungen. Es ging aber auch zu sehr um das wünsch- und nicht um das machbare. Kostensteigerungen bei öffentlichen Baumaßnahmen sind weder zwangsläufig noch unabwendbar. Durch sorgfältige Planung und Durchführung können sie vermieden werden. Das ist in der Vergangenheit auch in diesem Fall nicht immer ausreichend beachtet worden und das gilt sowohl für die Verwaltung als auch für die Politik, ganz unabhängig vom Parteibuch. Kritischen Hinweisen sollte man sehr sorgfältig nachgehen.

Was steht an erster Stelle auf der Agenda des Bezirks für dieses Jahr?

Völsch:

Natürlich der Wohnungsbau. Wir sind auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr haben wir 758 Baugenehmigungen für den Wohnungsbau erteilt, davon werden 163 öffentlich gefördert. Wir werden auch in 2014 alles daran setzen weiter dafür zu sorgen, dass die 153.000 Einwohner von Harburg ein bezahlbares Dach über den Kopf bekommen können.

Welche Wohnungsbaupläne sollen in diesem Jahr konkretisiert werden?

Völsch:

Wir müssen jetzt an den Plänen für die Röttiger Kaserne und an der Umsetzung des Elbmosaiks weiter arbeiten. In diesem Jahr soll der Bebauungsplan für die Röttiger Kaserne vorgelegt werden. Die ersten Vorhaben sollen 2015 an den Start gehen. Für diese beiden Gebiete wollen wir auch neue Gruppen ansprechen. Mir schweben zum Beispiel Baugemeinschaften für das Elbmosaik vor. Diese Form des Wohneigentums ist immer mehr im Kommen.

Die Technische Universität Hamburg-Harburg wächst. Sie genießt weit über die Grenzen Hamburgs und Deutschlands einen ausgezeichneten Ruf. Aber Studenten sind auch auf günstigen Wohnraum angewiesen.

Völsch:

Richtig. Studentisches Wohnen ist das zweite dicke Brett, an dem wir massiv auch in diesem Jahr bohren werden. Konkret sind Studentenwohnungen am Helmsweg/Ecke Bleicherweg, in der Hannoverschen Straße und am Schellerdamm geplant.

54 neue Studentenwohnungen in der Lüneburger Straße sind fast fertig und bezugsfertig. War dieses Investment von Bauherr Klaus-Jürgen Hübner ein Startschuss für einen Paradigmenwechsel in der Lüneburger Straße?

Völsch:

Es war auf jeden Fall ein positives Signal für die Lüneburger Straße. Sie wird aber natürlich in erster Linie eine Einkaufsstraße bleiben. Trotzdem sollten wir den Mut haben, mehr Menschen in die Innenstadt zu holen, die auch dort wohnen wollen. Ein entscheidendes Problem der Innenstädte ist nun mal, dass dort zu wenige Menschen leben.

Sollen die Studenten in der Lüneburger Straße die Harburger City beleben?

Völsch:

Studenten sind gute Pioniere. Das Phänomen kann man in vielen Vierteln der Stadt beobachten. Sie leisten in solchen Quartieren, in denen eigentlich niemand wohnen will, Aufbauarbeit. Sie bauen Szeneviertel auf und ziehen dann andere Bevölkerungsschichten in diese Viertel nach.

Wo wir gerade von einer Belebung der Innenstadt sprechen: Wie steht es mit den Plänen für den Gebäudekomplex am Sand, in dem die Videothek und das Bolero Mieter sind?

Völsch:

Das ist vor allem eine Frage an private Investoren. Die Stadt muss sich jetzt erst mal um die Terrasse vor dem Bolero kümmern, für die sie nach Auslaufen eines Pachtvertrages wieder zuständig ist. Dann hoffen wir darauf, dass sich ein Investor traut, Pläne für diese Fläche vorzulegen, die wirtschaftlich darstellbar sind. Ich würde mir einen Neubau mit einem Mix aus gewerblicher Nutzung, also z.B. mit dem Bolero, und mit Wohnen wünschen. Auch das ist, wegen der nicht einfachen Gemengelage, ein dickes Brett.

Die Lüneburger Straße ist nicht das einzige Sorgenkind des Bezirks. Wie geht es beim Süderelbe Einkaufszentrum weiter?

Völsch:

Über 1 Million Euro sollen in die Sanierung fließen. Die Stadt Hamburg beteiligt sich mit 600.000 Euro. Die Verträge mit dem Inhaber des Einkaufszentrums sind unterschrieben. Da kann es jetzt los gehen. Unsere nächste Baustelle in Neugraben ist unter anderem der Markt. Die Verwaltung erarbeitet für diese Fläche Vorschläge. Die Planungen sind weitgehend abgeschlossen. Ich rechne damit, dass das im Frühjahr Politik und Beirat beteiligt werden können.

Welche Themen werden Sie in diesem Jahr über die Stadtentwicklung hinaus beschäftigen?

Völsch:

Integration ist in einem Bezirk wie Harburg mit einem Migrationsanteil von über 37 Prozent immer ein Megathema. Bei meinen Besuchen in muslimischen Gemeinden, deren Zentren oft in nicht sehr schönen Hinterhofsituationen untergebracht sind, habe ich verstanden, dass diese Menschen auch städteplanerisch besser in unseren Bezirk eingebunden werden müssen. Der Wunsch ein islamisches Gotteshaus oder ein Gemeindezentrum zu berücksichtigen, wird immer wieder an mich heran getragen. Darüber müssen wir diskutieren.

Auch im Bezirk Harburg wird die Forderung nach einer dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen, die jetzt aus Krisengebieten zu uns kommen, immer lauter. Ist das nach Ihrer Auffassung ein gangbarer Weg?

Völsch:

Ja. Eine Dezentralisierung dieser Unterbringung würde ich natürlich sehr begrüßen. Vorstellen könnte ich mir, mit Investoren, die hier Studentenwohnungen bauen werden, ins Gespräch zu kommen. Das wäre zum Beispiel auch bei der Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen eine kluge Sache. Dennoch werden wir ohne größere Einrichtungen nicht auskommen.

Integration ist jedes Jahr auch beim Harburg Empfang ein großes Thema. Der Bezirk ehrt Ehrenamtliche, die sich besonders bei dem Thema engagieren. Nach unseren Informationen, soll der nächste Empfang nicht mehr im Feuervogel, das Bürgerzentrum wurde mal eigens für solche Anlässe gebaut, gefeiert werden soll.

Völsch:

Es gibt den ausdrücklichen Wunsch aus der Politik und auch von vielen Ehrenamtlichen, den Empfang wieder in den Helmssaal zu verlegen, vor allem, weil dort mehr Gäste Platz finden. Ich persönlich kann mit beiden Stadtorten gut leben.

Herr Völsch, zum Schluss noch eine Frage zur Bezirkswahl am 25. Mai. Geben Sie einen Tipp ab?

Völsch:

Ich bin ein ganz schlechter Wahrsager, deshalb lieber nicht. Mir ist aber vor allem wichtig, dass wir eine hohe Wahlbeteiligung bekommen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein für eine starke kommunalpolitische Vertretung.