Das ehemalige Hotel „Schweizer Hof“ im Harburger Zentrum verfällt seit Jahren. Der Eigentümer will es wieder beleben

Harburg. In keiner anderen Harburger Straße dürften die Kontraste ähnlich scharf sein wie in der Moorstraße. Auf der einen Seite reger Fußgängerverkehr entlang der leuchtenden Schaufenster des Konsumtempels Phoenix-Center. Auf der anderen Seite kleine, kaum frequentierte Geschäfte, die unter anderem billige Verbindungen in ferne Länder verheißen. Und mittendrin ein verlassenes Haus, mit einer bewegten Vergangenheit: das ehemalige Hotel „Schweizer Hof“.

Vermutlich würden die stolzen Eidgenossen schärfsten Protest formulieren, wüssten sie um die sprachliche Nähe dieser verkommenen Immobilie zu ihrem Musterländle. Seit mehr als zehn Jahren rottet das weiß geklinkerte Gebäude Moorstraße 19 nun vor sich hin. Dass es mal bessere Tage gesehen hat, ist heute nicht einmal mehr zu erahnen. Der Eingangsbereich mit Graffiti verschmiert. Überall liegt Unrat herum, es stinkt nach Urin. Die große Schaufensterscheibe mit zig Plakaten vollständig verklebt.

Auf der Rückseite zur Seevepassage sieht es kaum besser aus. Das Erdgeschoss ist großflächig mit Sperrholzplatten verbarrikadiert. Ein Bauzaun soll vor illegalen Müllablagerungen schützen. Erst im Herbst des vergangenen Jahres wurden vom Bezirksamt zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht ausrangierte Küchengeräte, alte Computerteile und jede Menge Unrat von der Pommestüte bis zur leeren Getränkedose entfernt. Die angefallenen Kosten in unbekannter Höhe soll die Verwaltung dem Grundeigentümer in Rechnung gestellt haben.

„Der Zustand ist schlicht unhaltbar“, sagt CDU-Fraktionschef Ralf-Dieter Fischer, der eine entsprechende Anfrage auf den Weg gebracht hat. „Das Gebäude ist zu einem Schandfleck geworden, und das in bester Innenstadtlage. Hier besteht nach so vielen Jahren Leerstand endlich Klärungsbedarf“, so Fischer.

Eigentümer plant wieder eine Hotelnutzung mit Restaurant

Im November 2013 hatte das Bezirksamt zuletzt Verbindung mit dem Eigner, einem Mann aus dem schleswig-holsteinischen Oststeinbek. Dabei soll er versichert haben, das Gebäude wieder ertüchtigen zu wollen. „Er beabsichtigt erneut eine Hotelnutzung mit Restaurant im Erdgeschoss“, sagte Verwaltungssprecherin Bettina Maak auf Abendblatt-Nachfrage. Er hätte sogar eine Aufstockung geplant, dieses Vorhaben inzwischen aber wieder relativiert. Die Erweiterung könne „möglicherweise entfallen, wenn sie sich als nicht bedarfsgerecht und unwirtschaftlich“ erweisen sollte.

Wie viel die angestrebte Revitalisierung des heruntergekommenen Objekts kosten wird und in welchem Zeitrahmen sie erfolgen soll, darüber schweigt sich der Eigentümer bislang aus. 2011 war schon eine Zwangsversteigerung angedacht worden. Das Verfahren ist aber wohl nie eingeleitet worden. Jedenfalls konnte das Bezirksamt zum Stand des Verfahrens keinerlei Angaben machen.

Dennoch hat die Verwaltung das „Geisterhaus“ jetzt wieder auf dem Radar. „Wenn der avisierte Bauantrag nicht in angemessener Zeit eingeht, könnte eine verpflichtende Anordnung folgen“, so Bettina Maak. Allerdings müsse zuvor genau geprüft werden, ob dieser Schritt auch verhältnismäßig und angemessen wäre. Auf alle Fälle sei es erklärtes Ziel des Bezirksamtes, das Gebäude möglichst bald wieder herzurichten und einer sinnvollen Nutzung zuzuführen.

Die letzte gab es zur Jahrtausendwende. Bis 2002 war das Dezernat Soziales, Jugend und Gesundheit Mieter des ehemaligen Hotels. Es diente seinerzeit als Unterkunft für minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge aus Afrika. In Erinnerung blieben aber vor allem mehrfache Razzien der Polizei. Denn in der Moorstraße 19 hatte das Geschäft mit harten Drogen geblüht. Durch die erhöhte Polizeipräsenz war die Szene jedoch aufgelöst worden.

Pikant ist derweil, dass Harburgs Baudezernent Jörg-Heinrich Penner noch 2011, nach immerhin neun Jahren Leerstand, keinen Grund zum Eingreifen des Bezirksamts gesehen hatte: „Von dem Gebäude geht keine direkte Gefahr für die Allgemeinheit aus. Deshalb besteht keine Notwendigkeit zu handeln.“