Phoenix-Viertel gilt als einer von drei Problembereichen. Am Beckerberg könnte ein simpler Poller für Abhilfe sorgen

Wilstorf . Ursula Kohnen ist erst 63 und daher noch mitten im Leben. Dass eine Krankheit sie seit einigen Jahren zwingt, einen Gehwagen zu benutzen, tut ihrem Bewegungsdrang keinen Abbruch: Der Rollator glänzt gepflegt, wenn sie durch Harburg streift und ermöglicht ihr Besuche und Besorgungen. Nur manchmal ärgert sich Ursula Kohnen: Wenn rücksichtslose Autofahrer ihr in die Quere kommen.

Dabei geht es Ursula Kohnen gar nicht mal um Raser, Drängler und Schnell-noch-vorbei-Quetscher: Am meisten bewegt ihr Gemüt der ruhende Verkehr – und zwar der wilde.

„Oft parken Autos so, dass ich mit dem Gehwagen große Umwege gehen muss. Ich finde das überaus egoistisch.“

Besonders schlimm ist das im Phoenix-Viertel, sagt sie. Ein gutes Beispiel: die Kreuzung Beckerberg/Reinholdstraße. Hier haben die Planer bei der Verkehrsberuhigung tatsächlich mitgedacht: Aus Richtung Gerade Straße kommend, führt die Fahrbahn der Spielstraße direkt auf die Kreuzung zu. Und links neben den diagonalen Parkbuchten, abgetrennt durch einen kleinen Grünstreifen verläuft ein Fußweg, damit sich Fußgänger und Autofahrer hier nicht ins Gehege kommen. Denn die Reinholdstraße ist nicht ganz so verkehrsberuhigt, wie der Beckerberg. Am Ende dieses Fußweges guckt Ursula Kohnen allerdings oft in die Röhre – genau, wie alle anderen auch, die auch ohne Auto etwas mehr Platz brauchen; Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen beispielsweise. Am Ende des Fußweges stehen nämlich häufig Autos.

Die dürfen dort zwar nicht stehen, aber das kratzt ihre Halter wohl wenig: Parkplätze im Viertel sind rar und zwischen das Ende des Parkstreifens der Reinholdstraße und die Fahrbahneinmündung der Straße Beckerberg passt noch ein Auto. Das passt dort aber auch nur, wenn es nicht allein den direkten Weg vom Fußweg des Beckerberg zur Reinholdstraße versperrt, sondern auch noch so nah am Grünstreifen, dass man mit einem Gehwagen, einer Kinderkarre oder gar einem Rollstuhl nicht mehr durchkommt.

Ursula Kohnen hat nun zwei Möglichkeiten: Ein Stück die Reinholdstraße hochzugehen und dort zu versuchen, zwischen geparkten Autos hindurch ihren Gehwagen über den Beckerberg zu schieben. Oder aber zurückzugehen und mit dem Rollator 20 Meter weit auf der Fahrbahn zu marschieren und selbst zum Hindernis zu werden. „Dabei fühle ich mich aber nicht sicher“, sagt sie, und auch Variante eins, zwischen den geparkten Autos durchzugehen, behagt ihr nicht.

Dietmar Thoden von der Verkehrsbehörde beim Polizeikommissariat 46 weiß um die Problematik im Quartier. „Das Phoenix-Viertel ist einer von drei Problembereichen in Harburg, was das wilde Parken angeht. Im zentrumsnahen Teil von Eißendorf und rund um den Bahnhof Heimfeld haben wir auch noch solche Probleme.“

Das wilde Parken stellt nicht nur Fußgänger vor Probleme, sondern auch Lieferverkehr mit großen Fahrzeugen und vor allem die Feuerwehr. Die Polizei macht deshalb gemeinsam mit der Feuerwehr regelmäßig Revierfahrten durch die schwierigen Gebiete. „Das letzte Mal war Mitte Dezember“, sagt Thoden.

„Da ist die Feuerwehr mit einem Löschfahrzeug die drei Viertel abgefahren und wir haben sie begleitet.“ Bilanz der Aktion: 48 Ordnungswidrigkeitsverfahren und 18 „Umsetzungen“, sprich: Abschlepp-Einsätze. „Viele Autofahrer verstehen die Konsequenz ihres Tuns erst, wenn das große rote Auto nicht mehr durchkommt. Und einige sogar erst, wenn das gelbe Auto ihren Pkw auflädt.“ Thoden rät Betroffenen, behindernd geparkte Autos zu melden.

„Ha!“, fasst Günther Wiegers von der Harburger Behinderten-Arbeitsgemeinschaft seine ganze Skepsis gegenüber diesem Rat in einer Silbe zusammen, „das machen Sie mal: Bis dann jemand vorbeikommt, ist das abgestellte Auto oft schon wieder weg. Und wenn das öfter passiert, gelten Sie als Querulant, also als unglaubwürdig.“

Eine Patentlösung für die drei Viertel hat auch Wiegers nicht. Allerdings hat er einen Vorschlag für die Kreuzung am Beckerberg: „Hier könnten ein oder zwei Poller gute Dienste leisten. Dann passt hier kein Auto mehr hin und die Fußgänger kommen noch durch.“

Die Fraktion der Linken in der Bezirksversammlung hat zu diesem Thema schon vor einiger Zeit einen Antrag gestellt. Die Bezirksverwaltung möge prüfen, ob man dort so einen Poller platzieren könnte. Der Antrag geht gerade seinen Weg durch die Ausschüsse. Ob ein Poller kommt, ist also ungewiss. Und wann er kommt, erst recht. Bis dahin wird Ursula Kohnen sich wohl noch häufiger ärgern müssen – und ihren Rollator auf gefährliche Umwege entführen.