Oliver Klühn ist Inhaber des Bolero. Das Gebäude soll abgerissen und durch einen eleganten Neubau ersetzt werden

Harburg. Oliver Klühn ist Geschäftsmann. Er zahlt jährlich mehrere Hunderttausend Euro Gewerbesteuern im Bezirk Harburg für seine Szene-Location im Zentrum von Harburg. Klühn beschäftigt 20 festangestellte Mitarbeiter und je nach Bedarf 15 Aushilfen. Er ist also auch Arbeitgeber in Harburg.

Seit 1990 wohnt der Bergedorfer auch in dem Bezirk, in dem er sein Geld verdient, in Harburg. Der 47-Jährige ist Inhaber des Bolero, eines von zwölf Boleros deutschlandweit. Er ist Franchisenehmer mit einem Höchstmaß an gestalterischer Freiheit, aber auch finanziellem Risiko. Im Jahr 2005 eröffnete der Gastronom das Bolero. Und sein Konzept kommt in Harburg an. Der Laden brummt.

Aber ein Kaufmann wie Klühn braucht Planungssicherheit. Und die fehlt ihm seit Jahren an diesem Standort. Denn Politik und Bezirksverwaltung haben so ihre eigenen Vorstellungen, was die Pläne für Harburgs Zentrum angeht. Vor Jahren haben sich beide auf die Fahnen geschrieben, die Harburger Innenstadt zu beleben. Flächen werden überplant. Es werden teure Gutachten erstellt. Das Ziel ist, mehr Wohnraum zu schaffen und mehr Menschen in die Harburger City zu locken. Und bei all den Plänen gerät auch das Bolero immer wieder in die Schusslinie. Denn das alte Gebäude am Harburger Wochenmarkt soll abgerissen werden. Politik und Bezirk wünschen sich an dieser Stelle einen schicken Neubau mit Bolero, Seniorenstift und Studentenwohnungen.

Die Verantwortlichen wissen um die Anziehungskraft der Location. Andererseits ist das Bolero aber im Weg, weil das Gebäude nicht mehr in den Stil der Zeit passt. In der Vergangenheit hat es einige Investorengruppen gegeben, die den Neubau umsetzen wollten und das Ensemble Bolero, die darunter liegende Videothek und Terrasse von Eigentümer Dieter Gallas kaufen wollten. Bis der Neubau steht, sollte Klühn mit seinem Bolero umziehen, um anschließend wieder in den Neubau einzuziehen. „Aber die Zwischenlösungen, die die mir bisher angeboten haben, waren alle idiotisch und kaufmännisch nicht darstellbar“, sagt Oliver Klühn. Mal sollte das Bolero übergangsweise in ein Zelt ziehen, mal in den Binnenhafen. „Und mir wurde jedes Mal signalisiert, dass ich die Investitionen, die für jede Zwischenlösung fällig würde, selbst zu tragen hätte“, sagt der Unternehmer. Das wären zusätzliche Investitionskosten für Zwischenlösungen, die Klühn in keinem Fall alleine wuppen will. Zumal er damit rechnen muss, dass er auch in dem Neubau erst mal wieder in die neuen Räume investieren müsste, um daraus wieder eine richtige Szenelocation zu machen.

Dem Kaufmann Klühn macht die fehlende Planungssicherheit zu schaffen. Sein Pfund bei all den Diskussionen über einen Abriss des Gebäudes ist sein langjähriger Mietvertrag und die Beliebtheit seines Boleros. Planer und Investoren kommen nicht an ihm vorbei, weil Klühn im Ernstfall auf sein Vertragsrecht pochen kann. „Neulich waren hier auf der Terrasse zwei Mitarbeiter des Bezirksamtes dabei, die Fläche auszumessen. Als ich sie fragte, was sie da machen, erzählten sie mir, im Frühjahr werde die Terrasse saniert“, erinnert sich Oliver Klühn.

Was die beiden Vermesser so lapidar dahinsagten, kann für den Gastronom im schlimmsten Fall eine Umsatzeinbuße von rund 80 Prozent bedeuten. „Wenn die die Terrasse sanieren, dann dauert das mindestens bis nach dem Sommer“, mutmaßt er. In dieser Zeit stellt Oliver Klühn normalerweise rund 1000 Plätze auf der Terrasse auf. Im Sommer ist die Fußball Weltmeisterschaft. Die wird von den Gästen des Bolero auf der Terrasse geguckt. Würde die Terrasse in dieser Zeit saniert, wäre sie für Klühn nicht nutzbar.

Der Harburger Gastronom ist keineswegs gegen neue Pläne. „Ich würde mich nur freuen, wenn man mit mir reden würde. Oft erfahre ich neue Pläne über Dritte. An konstruktiven Gesprächen möchte ich mich gerne beteiligen. Aber was seit Jahren hier läuft verunsichert meine Kunden und meine Angestellten gleichermaßen“, sagt er. Es vergehe kaum kein Tag, an dem nicht ein Gast am Tresen frage, wann denn das Bolero abgerissen werde. Und seine Angestellten hätten, so Klühn, Angst davor, ihren Job zu verlieren, „wenn wieder eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird“.

Seine eigenen Vorschläge zu Umgestaltung der Terrasse, sagt Oliver Klühn, seien alle vom Bezirksamt abgelehnt worden. Klühn: „Die Begründung war immer, dass bei einem Abriss des Gebäudes auch sämtliche Umgestaltungen auf der Terrasse zurück gebaut werden müssten.“ Auch diese Kosten würde Oliver Klühn übernehmen, wenn er denn endlich Klarheit hätte. Aber so lange sich Bezirk, Immobilieninhaber und Investoren noch nicht einig sind, hat auch Oliver Klühn keine Chance zu reagieren.