In Döhle könnten bald wieder Personenzüge Station machen

Winsen/Döhle. Wie Teil einer Spielzeugeisenbahn muten die kleinen Bahnübergänge, ob am Waldrand oder inmitten von Feldern und Höfen gelegen, an. Fast sieht es so aus, als wäre hier schon lange kein Zug mehr gefahren. An einem verwitterten Stationsschild hängt noch ein Ausflugsfahrplan von 2010. Doch der Eindruck täuscht: Die Bahnstrecke von Winsen nach Hützel bei Bispingen ist in Betrieb – allerdings fahren hier nur einige Güterzüge.

Das könnte sich möglicherweise ändern, da die Landesregierung in Hannover derzeit prüft, ob auf solchen Güterstrecken auch wieder Personenverkehr möglich wäre. Der Kreistag hatte sich bei seiner jüngsten Sitzung Mitte Dezember dafür ausgesprochen, das Verfahren positiv zu begleiten. Damit stoßen die Politiker jedoch nicht nur auf Gegenliebe. Vor allem die Stadt Winsen möchte das Signal lieber auf Rot schalten. Bereits im September hatte der Stadtrat das Land aufgefordert, die Verbindung Winsen–Hützel nicht weiter zu untersuchen. Dennoch wurde diese Strecke im Oktober in die zweite Runde des Auswahlverfahrens aufgenommen. Die verbleibenden 28 Bahnlinien sollen anhand von 20 Bewertungskriterien unterschiedlicher Gewichtung untersucht werden.

Winsens Bürgermeister André Wiese (CDU) fürchtet, dass die Ausweitung des Personenverkehrsangebots dazu führt, dass dann auch mehr Güterzüge auf der Strecke unterwegs sind. Zugleich sei zu befürchten, dass der Busverkehr entsprechend ausgedünnt werde. „Die Nutzung für den Güterverkehr gehört ausdrücklich zu den Kriterien der jetzt anstehenden Auswahlentscheidung“, so Wiese. Die öffentliche Präsentation der Rahmenbedingungen enthalte den „unmissverständlichen Hinweis, dass die Busverkehre an das geplante Bedienungsangebot des Schienenpersonennahverkehrs anzupassen sind.“ Das Verkehrsministerium gewichtet die Güterverkehrsnutzung mit fünf Prozent, das Pendlerpotenzial dagegen beispielsweise mit zehn Prozent. Wiese appelliert dafür, das Verfahren weiter kritisch zu beobachten. „Ich habe mich unmittelbar nach der Veröffentlichung des neuen Kriterienkatalogs nach Hannover gewandt und mich nach den beiden genannten Aspekten erkundigt – und bis heute keine Antwort erhalten“, so der Bürgermeister.

Die Osthannoversche Eisenbahn AG (OHE) kann die Bedenken des Bürgermeisters entkräften. Nach Einschätzung des Eisenbahnbetriebsleiters Sebastian Schülke würde eine Wiederaufnahme des Personenverkehrs die Möglichkeiten des Güterverkehrs sogar einschränken. Derzeit fahren jährlich 600 Güterzüge auf der Strecke, davon regelmäßig montags, mittwochs und freitags je ein Zug pro Richtung. „Bei der Strecke handelt es sich um eine regionale Strecke, die aufgrund der starken Neigungen, engen Radien und der fehlenden Anbindung und Oberleitung auch nicht für den Durchgangsgüterverkehr geeignet ist. Diesen hat es auf der Strecke auch noch nie gegeben. Grundsätzlich begrüßen wir natürlich eine Steigerung des Güterverkehrs auf der Schiene, da dies die Straßen von Lkw entlastet. Als regionale Strecke kann man jedoch nur die Güter befördern, die die Kunden, die an der Strecke liegen, benötigen beziehungsweise produzieren“, so Schülke. „Es fehlt der Bedarf, mehr Güter auf dieser Strecke zu befördern.“

Einer Ausweitung des Personenverkehrs stehe die OHE positiv gegenüber, da dies die Umwelt entlaste und der Tourismusförderung diene. „Bispingen mit seinen 235.000 Gästeankünften jährlich ist bis heute bahnseitig nicht erschlossen“, so Schülke. Für Pendler und Urlauber würde eine Bahnanbindung über Winsen nach Hamburg eine erhebliche Verbesserung darstellen.

Und was sagen die Anrainer? Marko Schreiber, Inhaber eines Reiterhofs in Döhle und seit August auch Bürgermeister der Gemeinde Egestorf, sieht die Angelegenheit von zwei Seiten. „Für die Region wäre eine Ausweitung des Personenverkehrs sicher gut. Unsere Pendler fahren jetzt mit dem Auto nach Maschen oder Buchholz zum Umsteigen auf die Bahn“, sagt Schreiber. Andererseits reichen die Schienen – nicht nur in Döhle, sondern beispielsweise auch in Garlstorf oder in Salzhausen – bis dicht an die Wohnbebauung heran. Im ehemaligen Bahnhofsgebäude von Döhle schlafen heute die Ferienkinder auf Schreibers Reiterhof. Direkt daneben steht die Reithalle. Mehr Züge – das hieße auch mehr Lärm durch Bremsen und Anfahren. Daran müssten sich auch die Pferde erst gewöhnen. Und gegenüber auf der anderen Straßenseite entsteht direkt am Bahnübergang ein neues Wohnhaus. „Vielleicht brauchen wir einen Kompromiss, dass Personenzüge nicht dort fahren, wo die Menschen direkt an den Gleisen wohnen. Für die Pendler wäre es schon hilfreich, einen näheren Anlaufpunkt, zum Beispiel in Marxen, zu haben“, meint Schreiber. Das würden den Pendlern aus Döhle immerhin rund zehn Kilometer sparen – darüber hinaus liegt Marxen an der Strecke Buchholz–Maschen, deren Personenverkehrstauglichkeit ebenfalls überprüft wird.