Der türkischstämmige Unternehmer Necdet Savural hat für Flüchtlinge im Kreis Helfer mit acht Sprachen organisiert

Brackel. Er gehört zu den Menschen, die nicht lange zögern – und dann auf ihrem Weg nur noch schwer aufzuhalten sind: Der türkischstämmige Kreistagsabgeordnete Necdet Savural (CDU). Ihm ist rasch klar, dass die Hunderte von Flüchtlingen, die inzwischen im Kreis leben, noch mehr Hilfe brauchen. Zunächst einmal Dolmetscher, die sie und ihre Anliegen verstehen. Das war zwar auch die einhellige Meinung im Sozialausschuss des Kreises, der über einen Antrag der SPD-Fraktion Anfang November die Freien Wohlfahrtsverbände mit der Suche nach ehrenamtlichen Helfern betraute. Doch der Politiker wollte es dabei nicht belassen. So machte er sich auf die Suche.

Das Ergebnis: Bis heute hat er knapp 20 Helfer für acht Sprachen gefunden. Er selbst spricht neben Deutsch und Türkisch auch Englisch und Arabisch. „Die Menschen können mich 24 Stunden am Tag über mein Handy (0171-641 00 57) erreichen“, sagt Savural. Das Angebot gilt dabei schon jetzt für die künftigen Bewohner des Heims in Hanstedt, das im kommenden Jahr fertig sein soll. Dort soll vom Betreiber auch ein Hausmeister und ein Sozialarbeiter eingestellt werden. Die Idee hinter dem Dolmetscherpool: Für Flüchtlinge, die ihr Anliegen bei der Kreisverwaltung nicht deutlich machen können, soll am Telefon übersetzt werden. „Ich habe über meine Facebook-Adresse um ehrenamtliche Helfer geworben und Freunde angesprochen“, sagt Savural. Das Ergebnis hat ihn in seiner Einschätzung bestätigt: „Viele Menschen wollen helfen. Man sollte ihre Bereitschaft nicht unterschätzen“, so der 61-Jährige.

Savural kennt längst nicht jeden, die nun als Dolmetscher bereit stehen. Aber bei seinen Bekannten, zu denen Ehepaare und Brüder gehören, habe niemand „nur eine Sekunde gezögert, seine Hilfe anzubieten“. Allerdings besitzt Savural, der seit 1991 einen deutschen Pass hat, auch einen Charme, der es schwer macht, ihm etwas abzuschlagen. Jetzt will er sich noch um weitere Dolmetscher für ausgefallene Sprachen wie Äthiopisch, Sudanesisch oder Afghanisch kümmern. „Meine Aktion ist noch nicht vorbei“, verspricht er.

Keine Frage: Bei Savural schwingt mit, dass er in Deutschland etwas zurückgeben will. „Dem Land verdanke ich alles, was ich habe.“ Als knapp 18-Jähriger kommt er 1970 mit der ersten Generation der Gastarbeiter in die Bundesrepublik, arbeitet zunächst in der Textilindustrie in Ramstein bei Kaiserslautern. Nach der Hochzeit mit seiner Frau Ursula 1972 übernimmt er nicht nur Nachtschichten, sondern auch Nebenjobs auf dem Bau oder als Fahrer. Bereits 1979 macht er sich mit einem Textil-Recyclingbetrieb selbstständig und wechselt 1991 nach Brackel.

Dort handelt er seit 1994 als alleiniger Firmeninhaber mit Maschinen und Zubehör für Industrieanlagen und hat zuletzt eine Laden eröffnet, in dem Bastler Zubehör für ihre Hobbies finden können. In dem Familienbetrieb Red Nose sind zudem sein Sohn Sascha Murat, seine Tochter Susan und sein Schwiegersohn Holger angestellt. Das Ehepaar gehört zu den Helfern, die auf Savurals Dolmetscherliste stehen

Der Unternehmen ist überzeugt, dass das Flüchtlingsproblem keine vorübergehende Episode bleiben wird. „Wir sollten nicht glauben, dass wir die Menschen in einigen Jahren wieder nach Hause schicken können“, sagt Savural. Daher sei es nur vernünftig, sie rasch aufzunehmen und nicht an den Rand der Gesellschaft zu schieben. Erster Schritt dazu ist die Sprache. So hat der Kreistag die Summe für die Förderung für das kommende Jahr von 75.000 auf 120.000 Euro aufgestockt.

Nach dem Sprachtraining müsse es aber möglich sein, die Menschen in eine Beschäftigung zu vermitteln. „Sie wollen nicht von Almosen leben und der Gesellschaft zur Last fallen“, ist er sicher. Außerdem könne die Wirtschaft von den Qualifikationen der Flüchtlinge profitieren. „Wenn wir sie aber abschotten, haben wir irgendwann nur noch Sozialfälle.“ Die Integration in die Gesellschaft laufe eben über einen Job.

„Ich habe mich damals der deutschen Mentalität angepasst. Dazu gehört nicht nur deutsch Reden, sondern auch deutsch Denken“, sagt Savural. Seine türkische Herkunft hat er dabei keineswegs hinter sich gelassen. „In unserer Familie essen wir gern türkisch, ich höre gern türkische Musik und tanze gern türkisch“, erzählt er in seinem Büro, das mitten zwischen den Lagerhallen steht. Die Herkunft auch in den neuen Heimat bewahren, das empfiehlt er auch den Flüchtlingen. „Damit fällt das Leben in der neuen Situation leichter.“ Die Dolmetscher stehen nun für den ersten Schritt auf dem langen Weg, den die Flüchtlinge gehen müssen.