Lüneburger SalzWerkStadt startet nächstes Projekt nach Ilmenau-Ewer und Salz-Prahm. Waggon soll Fahrräder beim Heide-Express transportieren

Lüneburg. Der eine soll zukünftig Fahrräder transportieren, der andere dabei helfen, die Zeit des Nationalsozialismus in Lüneburg aufzuarbeiten: Unterschiedlicher könnten die Ziele der zwei historischen Waggons kaum sein, die 20 Langzeitarbeitslose ab April restaurieren sollen. Nach dem Ilmenau-Ewer und dem Salz-Prahm im alten Hafen am Stintmarkt ist das Waggon-Projekt das aktuelle Vorhaben der Lüneburger SalzWerkStadt.

Träger ist die Job.sozial GbR, seit 2005 bietet das Unternehmen unter dem Dach von Neuer Arbeit und Awocado Maßnahmen zur Beschäftigung und Qualifizierung von langzeitarbeitslosen Menschen an. Prominent ist dabei nicht nur die Sanierung von alten Bahnstrecken zwischen Lüneburg und Bleckede sowie der Bau von Containern für eine Hanse-Ausstellung am Salzmuseum, sondern vor allem zwei nach mittelalterlichem Vorbild nachgebaute Schiffe, die mittlerweile ganzjährig am alten Kran beim Stintmarkt in der Ilmenau liegen – dort, wo früher Salz und Stint von Wasser an Land geschafft wurden.

Jetzt plant Projektleiter Michael Raykowski seinen nächsten Coup: Gemeinsam mit dem neuen Museum Lüneburg, der Geschichtswerkstatt und dem Arbeitskreis Verkehrsfreunde sollen zwei Güterwaggons der Deutschen Reichsbahn aus den Zwanziger- und Dreißigerjahren aufgehübscht werden. Jeweils einen stellen die Verkehrsfreunde und die Geschichtswerkstatt kostenlos zur Verfügung.

„Ein Waggon soll als Museumsobjekt originalgetreu wiederhergestellt werden, um als symbolisches Objekt an die Ereignisse im Zusammenhang mit einem Massentransport von KZ-Häftlingen während der Zeit des Nationalsozialismus in Lüneburg zu erinnern“, sagt Michael Raykowski. Er soll auf einem Gleisbett im Park gegenüber dem neuen Museum Lüneburg aufgestellt werden, das gerade im Bau ist und im Herbst 2014 öffnen soll. Für die Inhalte arbeiten Museum und Geschichtswerkstatt zusammen, die Langzeitarbeitslosen sorgen ausschließlich für die handwerklichen Arbeiten.

Der zweite Waggon soll wieder fahrtüchtig gemacht werden, um Fahrräder bei den Touren der Verkehrsfreunde Lüneburg transportieren zu können. Der Verein bietet Ausflüge unter dem Namen „Heide-Express“ unter anderem zwischen Lüneburg und Bleckede, Lüneburg und Bispingen sowie zwischen Winsen und Niedermarschacht.

Starten soll das Projekt am 1. April, die Dauer ist auf ein Jahr angelegt. Angesprochen sind 20 Langzeitarbeitslose aller Altersgruppen, die geringe Qualifikationen und soziale Probleme haben wie etwa Schulden, Sucht, (drohende) Wohnungslosigkeit, psychische Belastungen und soziale Isolation.

„Ziel der Maßnahme ist es, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer psychosozial zu stabilisieren, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu steigern, sie beruflich zu qualifizieren und in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagt Raykowski. Er plant mit einer Vermittlungsquote von mindestens 40 Prozent. Beim Projekt Bahngleise seien 15 von 22 vermittelt worden, beim Containerbau 22 von 30 sowie bei den anderen Vorgängerprojekten 21 von 31. Neben der beruflichen Orientierung und fachlichen Qualifizierung in den Branchen Bau-, Metall- und Ausbauhandwerk umfasst das Projekt auch die Bereiche Bewerbungen, Stabilisierung und Bewältigung von Problemlagen.

Auf der zweiten Ebene wolle das Projekt einen Beitrag leisten zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Lüneburg sowie zur Verbesserung der touristischen Infrastruktur des Landkreises. Die starke öffentliche Wahrnehmung solcher Projekte stärkt das Selbstbewusstsein der Mitmacher, sagt Michael Raykowski. Und: „Eine hohe Motivation hat sich im Hinblick auf die Integration sehr bewährt.“ Gerade die Metall- und die Baubranche gehören zu den expandierenden Bereichen in der Region, die Arbeitskräfte suchen.

Dass nicht alle Bewerber den Anforderungen gewachsen sein werden, ist aber auch dem Projektleiter schon vorher klar: Starten wird die Gruppe zunächst mit 25 Frauen und Männern – wer nicht an der richtigen Stelle ist, scheidet bereits im Laufe des ersten Monats aus.

Unterstützt wird das Projekt von Anne Mehnert von der NBank Hannover, Angelika Brauer als Geschäftsführerin des Jobcenters Landkreis Lüneburg, Lüneburgs Kulturreferent Jürgen Landmann, Museumsleiterin Dr. Heike Düselder, Hans Dierken vom Arbeitskreis Verkehrsfreunde Lüneburg und Karl Hellmann von der Geschichtswerkstatt Lüneburg.

Arbeitsort wird das Gelände der Verkehrsfreunde sein, das in der Nähe des Lüneburger Bahnhofs liegt. Dorthin werden die Arbeitslosen als erste Aktion die von ihren Vorgängern beim Salzmuseum selbst gebaute mobile Arbeitshalle verlegen.