Hildegard und Hans Peters aus Buchholz haben am 22. Dezember 1943 geheiratet und feiern am Sonntag ihre Gnadenhochzeit

Buchholz . Mehr als 1000 Briefe haben sie sich geschrieben, jeden Tag einen, damit sie sich nah sein können. Hans Peters hat sie bis heute aufbewahrt. Nur die, die er an seine Hildegard schrieb, sind im Hamburger Feuersturm 1943 verbrannt. Die Erinnerung an die lieben Worte hat das Feuer aber nicht auslöschen können. „Als ich sie damals das erste Mal sah, wusste ich sofort, dass sie die Richtige ist“, sagt der 93-jährige Buchholzer. Damals, das war am 26. März 1942, und er war auf Fronturlaub in der Hamburger Heimat. Sein älterer Bruder war mit ihrer jüngeren Schwester zusammen, so kam ein erstes Treffen zustande. Eine große Sorge trieb Hans Peters sofort um: Hoffentlich ist sie nicht vergeben! Die Sorge sollte unbegründet sein, am 22. Dezember 1943 führte er seine Braut zum Traualtar.

70 Jahre später können sich die beiden, die am Sonntag ihre Gnadenhochzeit feiern, an so manche Details dieses Tages noch ganz genau erinnern. „Das Brautkleid hatte ich von meiner Schwester bekommen, Schuhe und Blumenstrauß von Kollegen, und die Mütze wurde meinem Mann von einem Wildfremden zugesteckt“, erzählt Hildegard Peters, 92 Jahre alt und so wie ihr Mann mit einer ausgesprochenen Rüstigkeit gesegnet. Nach der Trauung mussten sie alles wieder zurückgeben.

Eigentlich war ihre Hochzeit bereits für den August 1943 geplant gewesen, nachdem sie sich am 2. August 1942 verlobt hatten. „Ich war als Soldat in Frankreich und Italien und musste immer darauf hoffen, kurzfristig Urlaub zu bekommen“, sagt Hans Peters. Die Operation Gomorrha, der Luftangriff der Briten und Amerikaner auf Hamburg im Juli und August 1943, auch bekannt als Feuersturm, machte den Plänen einen Strich durch die Rechnung: Das Wohnhaus der zukünftigen Braut an der Sievekingsallee brannte nieder. Ihr Leben konnte sie zwar retten, aber all ihre Besitztümer fielen den Flammen zum Opfer. „Wir haben von der Straße aus zugeschaut und die Nacht in der Nähe vom Hammer Park verbracht“, erinnert sie sich.

Die wirtschaftliche Situation wurde zum Kriegsende immer schlechter

Wo sollten sie Unterschlupf finden? Die Familie ihres Verlobten lebte in Volksdorf und war vom Luftangriff verschont geblieben, also lag es nahe, dass sie dort unterkamen. An Hochzeit war allerdings nicht mehr zu denken, zunächst musste der Alltag wieder organisiert werden. Hinzu kam die Ungewissheit, wann ihr Hans seinen nächsten Heimaturlaub haben würde. Als schließlich feststand, dass der nächste Termin im Dezember war, fassten sie eine Winterhochzeit kurz vor Weihnachten ins Auge. „Da konnten wir nicht wählerisch sein“, sagt sie. Zwei Tage vor dem 22. Dezember reichten sie ihre Papiere beim Amt ein – man war auf Kriegsehen eingestellt – und bekamen es tatsächlich hin, in die Flitterwochen aufzubrechen. Die sollten allerdings nicht etwa nach Hawaii, sondern in die Heide führen. Mit der Bahn fuhr das junge Paar nach Wintermoor, von dort marschierten sie zu Fuß 15 Kilometer nach Niederhaverbeck am Wilseder Berg. „Schnee lag nicht, aber es war sehr kalt“, erinnert sich Hildegard Peters. Das Paar blieb knapp eine Woche in der Heide und genoss das neue Leben zu zweit.

„Wir waren so optimistisch“, beschreibt Hans Peters die Empfindungen, mit denen sie damals in die Zukunft blickten. Sie hätten ja lange Zeit gar nichts von der wahren Lage an der Front erfahren. Als dann am 3. Oktober 1944 ihr erster Sohn Harald geboren wurde, war das Glück vorerst perfekt. Die wirtschaftliche Situation wurde zum Kriegsende und in der Zeit danach allerdings immer schwerer. Der gelernte Kaufmann schaffte es aber rasch, bei einer Lack- und Farbfirma an der Moorburger Straße in Harburg eine Stelle zu bekommen. 35 Jahre sollte er dort bleiben, bis er 1983 in den Ruhestand ging. Er war zuständig für die Außendienstmitarbeiter, den Einkauf der Rohstoffe und arbeitete als Prokurist.

Privat standen weitere Veränderungen an. Nachdem die junge Familie zunächst nach Harburg gezogen war, erfuhren sie über Hans Peters’ Chef von einem Neubauprojekt an der Straße Am Stubben in Buchholz, in dem das Ehepaar bis heute lebt. „Wir waren von der Grundsteinlegung bis zur Fertigstellung dabei“, sagt er. Am 11. März 1952 wurde der zweite Sohn Heiko geboren, die kleine Familie war jetzt komplett.

Als er 90 wurde, hat Hans Peters sein Auto aus Vernunftgründen abgemeldet

Der Kontakt zu den Kindern, deren zwei Kindern und zwei Enkelkindern ist bis heute sehr eng. Zu ihrem Glück leben sie auch nicht weit von den Eltern entfernt: Sohn Harald und seine Frau Brigitte sind in Neugraben zu Hause, Heiko und seine Frau Maria wohnen in Hausbruch. „Alle zwei Wochen macht einer unserer Söhne mit uns eine größere Einkaufstour“, sagt Hans Peters. Als er 90 wurde, hat er freiwillig das Auto abgemeldet, aus Vernunftgründen, wie er erklärt. „Ich war aber noch fahrtüchtig.“ Die kleineren Einkäufe werden jetzt eben mit dem Bus oder zu Fuß erledigt.

Sowieso sind die Peters’ noch äußerst aktiv. Täglich steht ein Spaziergang auf dem Programm – „aber immer mit Rollator“, wie er betont –, schließlich waren sie in ihren jüngeren Jahren viel unterwegs. Schwimmen, wandern, reisen, halb Europa haben sie gesehen. Vereine waren aber nie ihr Ding. „Wir wollten lieber selbst etwas machen“, sagt sie. 500 Musikschallplatten und ein langjähriges Abo für die Hamburger Oper künden außerdem von ihrer Leidenschaft für Klassik.

Was aber ist nun das Geheimnis einer Ehe, die die Stürme des Zweiten Weltkriegs, der Nachkriegszeit und aller folgenden Jahrzehnte überstanden hat? Hildegard und Hans Peters sehen sich an und müssen lachen. „Wir haben die gleichen Gewohnheiten und machen fast alles zusammen“, sagt sie.

Niemals wäre ihnen der Gedanke gekommen, sich zu trennen. Selbst die zehn Jahre, als sie täglich 24 Stunden miteinander verbrachten, weil sie als seine Sekretärin arbeitete, nachdem die Kinder aus dem Haus waren, waren nicht zu viel. Ihre Liebe hat alles überdauert.