Eine Glosse von Susanne Gerlach

Ich habe ja jetzt einen Obermieter. Keinen Unter- sondern Obermieter, denn er wohnt auf meinem Dachboden. Zahlt keine Miete und hat Flöhe. Ein Obdachloser Namens Erich. Meine Nachbarin hat ihn angeschleppt – und ich hab ihn noch nie zu Gesicht bekommen. Zunächst hat sie ihm noch zu Essen gegeben, aber dann hieß es: Erich darf jetzt nicht mehr gestört werden. Man tut ja was man kann – gerade zu Weihnachten!

Nun hatte ich bei der großzügigen Freigabe meines Oberstübchens nicht daran gedacht, dass ich in dieser Zeit doch noch mal auf den Dachboden steigen muss: Mein kleiner Plastikweihnachtsbaum – fertig geschmückt und mit funktionstüchtiger Lichterkette – wird nämlich immer erst ganz kurz vor dem Fest heruntergeholt. Ich hab’s nicht so mit Weihnachten.

Weil aber Erich seine Ruhe braucht, steht das Ding nun schon seit Tagen in meiner Wohnung! Es weihnachtet und strahlt, und ganz ehrlich, irgendwie hab ich so meinen Frieden mit Weihnachten schon zwei Wochen vorher gemacht. Und überall, wo ich diese Geschichte erzähle, sind die Menschen entzückt. Gerührt und geschüttelt.

Toll, so ein Obermieter! Holen Sie sich doch auch mal einen ins Haus. Erich ist übrigens ein Igel. Aber das haben Sie sich bestimmt schon gedacht. Nur vergessen dürfen wir ihn im Frühjahr nicht... Also, stachelige Weihnachten!