Selbst gemachte Wollmützen sind der Renner der Saison – im Jugendzentrum „Meckziko“ lernt man, sie anzufertigen

Meckelfeld. „Wieso sind das nur 58 Maschen? Es sollten doch 60 sein“, seufzt Heike. „Was ist, wenn man durch die erste Schlaufe nicht durchzieht?“, fragt Melanie. „Dann ist das ein Fehler“, gibt Heike trocken zurück, während sie weiter nach den verlorenen zwei Maschen sucht. Im Meckelfelder Jugendzentrum „Meckziko“ wird gehäkelt. Neun Mädchen und Frauen scharen sich um den großen Tisch, an dem sonst Spiele gespielt werden. Der einzige junge Mann im Kursus ist diesmal verhindert. Geduldig erklärt Kursusleiterin Anne Reinke, wie man feste Maschen und Stäbchen häkelt, wie man verschiedenfarbige Wolle verarbeitet und wie man es anstellt, die Anzahl der Maschen zu verdoppeln.

Selbstgehäkelte Mützen sind „in“. Frei nach der Theorie, dass ein Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt einen Tsunami auslösen kann, überrollt der Wollmützentrend das Land. Zwei junge Männer aus Süddeutschland, die vor fünf Jahren eine Zeitlang als Skilehrer (und somit Mützenträger) in Japan tätig waren, vertrieben sich dort ihre Freizeit mit Häkeln. Die selbst gefertigten Mützen gefielen anderen Menschen von Australien bis Europa, woraus schließlich eine Firma namens „Myboshi“ entstand.

Doch ein professionell vertriebenes Produkt hat seinen Preis. „Und der ist für viele Jugendliche zu hoch“, sagt Birgit Schulze vom „Meckziko“-Leitungsteam. Einer Honorarkraft sei ein Mädchen im Jugendzentrum aufgefallen, das die modischen Mützen trug – die Tochter von Anne Reinke. So entstand die Idee, einen Häkelkursus für die Jugendlichen und interessierte Erwachsene anzubieten. Vier Nachmittage genügen, um eine Mütze fertigzustellen, inklusive der ersten Versuche mit der Häkelnadel. Die erwachsenen Teilnehmer zahlen nur das Material – zwei Knäuel Wolle kosten um sechs Euro –, die Jugendlichen nichts. Jeder bekommt ein A4-Blatt mit einer Anleitung, wie die Mütze Reihe für Reihe gehäkelt wird. Nach Reihe 16 steht „Anne fragen“ drauf. Denn hier kommt die neue Farbe ins Spiel. Zur Auswahl stehen für die Anfänger sogar schon verschiedene Mützenformen: die einfache runde ebenso wie die etwas gestreckte, unter der auch lange Haare komplett verschwinden können. Styroporbüste „Elli“ trägt sogar eine Schirm-Häkelmütze.

Die meisten Teilnehmerinnen haben irgendwann schon einmal Häkeln gelernt, oft zuletzt in der Grundschule. So wie Susanne Töhmen. „Das wurde ein Topflappen in Form einer Erdbeere“, erinnert sich die 36-Jährige. Topflappen hat auch Ulla Krone schon hinbekommen. „Aber wenn man was Tolles zustande bringen möchte, muss man sich schon mehr einarbeiten“, sagt die 71-Jährige. Die 13-jährige Lilly musste sich dagegen bisher mit gekauften oder von Mama gehäkelten Mützen begnügen. Jetzt führt sie selbst die Nadel und ist gerade dabei, von Grau auf Neongrün zu wechseln. „Kann ich auch eine dritte Farbe dazunehmen?“, will sie wissen.

Anne Reinke unterrichtet das erste Mal Häkeln, sie hat sich die Fertigkeiten, die sie für die Mützen braucht, selbst angeeignet. Immerhin hat sie noch die klassischen Handarbeiten Stricken, Häkeln, Nähen und Sticken in der Schule gelernt. „Ich habe mit dem Mützenhäkeln erst im Frühjahr angefangen“, sagt sie. Eine Nachbarin hatte ihr von den „Myboshi“-Mützen erzählt. Zwischenzeitlich wird auch sie – genau wie die „Myboshi“-Erfinder – von Fremden auf die tollen Mützen angesprochen. Die Kopfbedeckungen sehen nicht nur professionell aus, sondern haben auch ihr Markenzeichen: ein paar kleine Perlen, die auf der Oberseite aufgestickt sind.

Die gute Resonanz freut Birgit Schulze, die selbst mithäkelt. Sie „kämpft“ gerade mit schwarzer Wolle, in der die Maschen besonders schwierig zu erkennen sind. „Das Tolle ist ja nicht nur das Selbermachen, sondern auch die Geselligkeit“, sagt sie. So entstehen unter den fleißigen Handarbeiterinnen auch kleine Witzchen wie: „Eigentlich müsste der Kursus ja in Maschen, nicht in Meckelfeld, stattfinden.“ Dafür dürfte Meckelfeld auch im kommenden Jahr wieder „Häkelfeld“ werden – Birgit Schulze plant schon den nächsten Kursus mit schicker Frühjahrsmode.